Mundspülung Linola sept: Corona-Schutz nicht plausibel

Die Linola sept Mundspülung mit Hydroxylapatit soll vor dem Coronavirus schützen. Wissenschaftliche Belege dafür gibt es keine.

AutorIn:
Review:  Bernd Kerschner 

Schützen Mundspülungen mit Hydroxylapatit wie die Mundspülung Linola sept vor einer Corona-Infektion?

Es gibt keine Studien zur Anti-Corona-Wirkung von Linola sept oder anderen Mundspülungen mit Hydroxylapatit. Wir fanden weder Studien zum Produkt selbst noch zum angeblichen Wirkstoff Hydroxylapatit. Plausibel ist der behauptete Wirkmechanismus jedenfalls nicht.

so arbeiten wir
Unter Wasser schwimmende Maske Corona wegspülen? Wenn’s denn so einfach wäre…
© Sven Hansche – Shutterstock.com

Dieser Beitrag ist Teil unserer Faktencheck-Serie Mythen und Fakten zum Coronavirus

Kann die Mundspülung Linola sept vor dem Coronavirus schützen? Bis vor einem Jahr noch warb die Herstellerfirma mit einer ebensolchen Schutzwirkung. Unzulässigerweise, wie ein deutsches Gericht im Juni 2022 schließlich befand. Die Mundspülung als „Corona-Prophylaxe“ zu bewerben, war dem Hersteller ab sofort per Gerichtsurteil untersagt.

Entsprechende Behauptungen verschwanden von der Internetseite des Herstellers. Doch auf den Internetseiten mancher Apotheken tauchen sie noch immer auf. Dort wird etwa behauptet, dass in der Mundspülung enthaltene Hydroxylapatit könne im Infektionsfall verhindern, dass das Virus an die Schleimhautzellen in Mund und Rachen „andocken“ kann.

Soweit uns bekannt ist, ist Linola sept die einzige Mundspülung mit dem Inhaltsstoff Hydroxylapatit, die mit einer Anti-Viren-Schutzwirkung beworben wird. Wir uns auf die Suche nach Studien zu Linola sept und anderen Hydroxylapatit-Mundspülungen gegen Corona gemacht.

Keine Studien auffindbar

Ohne Ergebnis allerdings. Bei unserer Suche in drei verschiedenen wissenschaftlichen Datenbanken fanden wir keine Studien, die die vermeintliche Corona-Schutzwirkung der Mundspülung Linola sept untersucht haben. Zu anderen Spülungen mit dem Inhaltsstoff Hydroxylapatit wurden wir ebenfalls nicht fündig.

Dass Spülen mit einer Hydroxylapatit-Lösung vor einer Corona-Infektion schützen oder Erkrankte schneller gesund machen könne, wäre somit eine wissenschaftlich nicht gerechtfertigte Behauptung.

Vorbeugendes Gurgeln gegen Corona haben wir uns bereits in einem anderen Beitrag angesehen – dazu weiter unten mehr.

An der eigentlichen Frage vorbeigeforscht?

Als wir diesen Faktencheck im Mai 2021 erstmals veröffentlichten, verwies der Hersteller auf eine laufende Studie, die die behauptete Corona-Schutzwirkung von Linola sept nachweisen sollte [2].

Die Studie scheint zwar in einem Studienregister auf, ist aber offenbar nach wie vor nicht abgeschlossen. Wann und ob Ergebnisse zu erwarten sind, ist unklar.

Laut Studienregister sollen an der Studie Covid-19-Erkrankte teilnehmen, die zweimal täglich mit der Linola sept-Mundspülung gurgeln. Zentrale Frage der Studie ist, ob das Gurgeln die Viren im Rachenraum reduziert. Ob die Mundspülung vor einer Infektion schützt, wird diese Studie allerdings nicht beantworten können. Denn das wird darin gar nicht untersucht.

Dasselbe gilt auch für eine andere, bereits abgeschlossene Studie [3]: Sie untersuchte, ob das Gurgeln mit Linola sept die Menge der Viren im Rachen von Covid-19-Erkrankten kurzfristig verringert. Das schien zwar der Fall gewesen zu sein. Dass die Patientinnen und Patienten deshalb schneller gesund wurden, ist jedoch fraglich. Das wurde nicht untersucht.

Plausibel ist das eher nicht, denn schließlich sind es die Viren innerhalb des Körpers, die krank machen, und nicht nur jene, die sich im Rachen befinden.

Viren weggurgeln: nicht plausibel

Ob das Gurgeln mit antimikrobiell wirkenden Mundspülungen vor einer Coronainfektion schützen oder im Fall einer Covid-19 Erkrankung helfen kann, haben wir uns bereits genauer angesehen.

Unser Fazit: Wissenschaftliche Hinweise auf eine Wirkung von Mundspülungen gegen Corona-Infektionen fehlen. Eine vorbeugende oder lindernde Wirkung ist auch wenig plausibel.

Zum einen befinden sich Coronaviren im Mund- und Rachen-Raum normalerweise nicht außen auf der Schleimhaut, sondern im Inneren der Schleimhautzellen. Dort sind sie unerreichbar für Mundspülungen, und können deshalb nicht einfach weggegurgelt werden.

Denkbar wäre das nur in einem sehr kleinen Zeitfenster – exakt dann, wenn die Viren über Mund und Nase in den Körper gelangen und sich außen an der Schleimhaut anheften [1]. Um einer Ansteckung vorzubeugen, wäre also ununterbrochenes Gurgeln notwendig.

Ein zusätzliches Manko bei der Theorie vom Weggurgeln: Dabei alle Viren zu erwischen, ist höchst unwahrscheinlich. Denn die meisten Coronaviren befinden sich im Nasenrachen-Raum, also an der Hinterwand der Nase. Dieser Bereich wird beim Gurgeln normalerweise nicht erreicht.

Wie man einer Infektion mit dem Coronavirus vorbeugen kann, beschreibt das Gesundheitsportal Gesundheit.gv.at. Fragliche oder wirkungslose Maßnahmen haben wir in unserer „Themensammlung Corona“ zusammengetragen.

Tausendsassa Hydroxylapatit?

Das Mineral Hydroxylapatit kommt im Körper natürlicherweise in Knochen und Zähnen vor. Es macht etwa den Zahnschmelz hart und widerstandsfähig gegen Karies.

In der Medizin wird Hydroxylapatit schon seit längerem als Knochenersatzmaterial eingesetzt, beispielsweise bei Zahn-OPs. Es findet sich auch in der Zutatenliste bestimmter Zahnpflegeprodukte, die angeblich den Zahnschmelz härten. Sie enthalten das Mineral in Form winzigster Partikel: sogenanntes Nano-Hydroxylapatit. Auch für dieses Versprechen gibt es keinerlei wissenschaftliche Hinweise, wie wir in einem anderen Beitrag ausführlich berichtet haben.

 

Die Studien im Detail

Wir konnten keine Studien finden, die untersucht haben, ob Mundspülungen mit Hydroxylapatit vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen können. Auch zu Linola sept konnten wir keine Studien finden.

Eine Studie, die die Schutzwirkung überprüfen kann, würde folgendermaßen aussehen:
Eine möglichst große Gruppe von Menschen gurgelt täglich mit einer Hydroxylapatit-haltigen Mundspülung. Eine zweite, etwa gleich große Gruppe gurgelt täglich mit einer Mundspülung, die identisch schmeckt und aussieht, aber kein Hydroxylapatit enthält – also mit einem Placebo-Präparat.

Weder die Teilnehmenden noch das Forschungsteam wissen, wer welche Mundspülung verwendet. Nach einer bestimmten Zeitspanne wird verglichen, wie viele Personen in jeder Gruppe sich in der Zwischenzeit mit dem Coronavirus infiziert haben. Idealerweise würden an der Studie Personen teilnehmen, die einem hohen Risiko für Ansteckung ausgesetzt sind, wie etwa Gesundheitspersonal.

Eine solche Studie wurde bisher offenbar nicht durchgeführt.

Wir konnten auch keine Studien finden, die untersucht haben, ob Covid-19-Patientinnen und -Patienten schneller wieder gesund werden, wenn sie mit Hydroxylapatit-Lösungen gurgeln.

[1] Carrouel, F., Gonçalves, L. S., Conte, M. P., Campus, G., Fisher, J., Fraticelli, L., Gadea-Deschamps, E., Ottolenghi, L., & Bourgeois, D. (2021).
Antiviral Activity of Reagents in Mouth Rinses against SARS-CoV-2. Journal of Dental Research, 100(2), 124–132.
(Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Deutsches Register klinischer Studien
Abgerufen am 21.5.2021 unter https://www.drks.de/drks_web/navigate.do?navigationId=trial.HTML&TRIAL_ID=DRKS00024412

[3]Schürmann, M., Aljubeh, M., Tiemann, C., & Sudhoff, H. (2021). Mouthrinses against SARS-CoV-2: anti-inflammatory effectivity and a clinical pilot study. European Archives of Oto-Rhino-Laryngology, 278(12), 5059-5067. (Studie in voller Länge)

  • 28.11.2023: Auch eine zweite Update-Suche liefert keine weiteren Erkenntnisse. Studien fehlen nach wie vor.
  • 10.3.2022: Eine neuerliche Suche bringt keine weiteren relevanten Ergebnisse. Unsere Einschätzung bleibt dieselbe.
  • 27.5.2021: Erstveröffentlichung des Artikels.

 

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