Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Sind Äpfel im Kern böse?

Äpfel sind gesund. Und das, obwohl in ihren Kernen ein Stoff schlummert, der im Körper zu schädlicher Blausäure umgewandelt werden kann: Amygdalin.

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Ist es gesundheitsschädlich, Apfelkerne mit dem Apfel mitzuessen?

Normalerweise gehen die Apfelkerne unverdaut durch den Körper. Selbst wenn sie zerbissen werden, gelangt nicht genügend Gift in den Körper, um eine Gefahr darzustellen.

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© wp-image-6352 size-full Steckt Gefahr im Apfelkern?
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Apfelkerne schmecken bitter und leicht nach Mandeln. Verantwortlich dafür ist der Stoff Amygdalin. Die Substanz wird im Körper zu Blausäure umgewandelt, deshalb befürchten manche, die Kerne könnten gesundheitsschädlich sein [2]. Muss man also beim Apfelessen aufpassen, dass man sich vergiftet?

Mitessen erlaubt

Höchst wahrscheinlich besteht kein Grund, die Apfelkerne streng zu meiden. Normalerweise passieren sie den Verdauungstrakt nämlich unzerkaut, sodass das Amygdalin gar nicht erst in den Körper gelangt. Es entsteht also auch keine Blausäure. Selbst wer einen Apfel isst und dabei versehentlich einen Kern zerbeißt, läuft keine Gefahr, denn die Kerne enthalten nur sehr wenig Amygdalin. Für eine ordentliche Blausäure-Vergiftung müsste man rund ein Kilogramm Apfelkerne zerbeißen und schlucken [2] [4]. Studien, die auf ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Apfelkerne hinweisen, sind nicht auffindbar. Auch Studien auf ein erhöhtes Krebsrisiko durch den Verzehr von Apfelkernen gibt es nicht.

Vorsicht bei Marillen (Aprikosen)

Anders sieht es bei Kernen von Marillen (Aprikosen) aus. Die enthalten vergleichsweise große Mengen Amygdalin. Tödliche Vergiftungen mit Amygdalin standen nach Angaben eines Berichts der Weltgesundheitsorganisation häufig im Zusammenhang mit Aprikosenkernen [5].

So gibt es etwa Berichte über Einzelfälle, bei denen Amygdalin von Gesundheitsgurus als alternatives Mittel in der Krebsmedizin eingesetzt wurde – meist mit einer ordentlichen Vergiftung als Folge [1,2]. So wurde der Fall eines vier Jahre alten krebskranken Kindes öffentlich, das bewusstlos mit einer Cyanidvergiftung in die Notaufnahme eingeliefert wurde. Die Eltern hatten es unter anderem mit Marillenkernen behandelt. Glücklicherweise konnte die Vergiftung rechtzeitig von den Ärzten behandelt werden [1].

[1] Sauer, H., et al. (2015)
Studientyp: Fallbericht über eine schwere Cyanidvergiftung bei einem 4-jährigen Kind

Sauer H, Wollny C, Oster I, Tutdibi E, Gortner L, Gottschling S, Meyer S. Severe cyanide poisoning from an alternative medicine treatment with amygdalin and apricot kernels in a 4-year-old child. Wien Med Wochenschr. 2015 Jan 22 (Zusammenfassung)

Weitere Quellen

[2] TOXNET zu Amygdalin
Abgerufen am 22.8.2016 unter: https://toxnet.nlm.nih.gov/cgi-bin/sis/search2/r?dbs+hsdb:@term+@DOCNO+3559

[3] Die Zeit: Stimmt’s? über Apfelkerne

[4] Bolarinwa u. a. (2015)
Bolarinwa IF, Orfila C, Morgan MR. Determination of amygdalin in apple seeds, fresh apples and processed apple juices. Food Chem. 2015 Mar 1;170:437-42. (Zusammenfassung)

[5] WHO (2004)
Weltgesundheitsorganisation (Hrsg.). Hydrogen Cyanide and Cyanides: Human Health Aspects. (2004) Online: http://www.who.int/ipcs/publications/cicad/en/cicad61.pdf?ua=1. Abgerufen: 18. August 2016.

Aktualisiert, ursprünglich veröffentlicht am 17. 4. 2015. Eine Suche nach neuen Studien bringt keine inhaltliche Änderung.

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