Einige Wissenschaftler vermuten, dass Vitamin K2 hilft, das Herz-Kreislauf-System gesund zu halten. Wie weit ist die Forschung?
Frage: | Schützt eine Vitamin-K2-reiche Ernährung vor Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems? | |
Antwort: | ![]() ![]() ![]() |
wissenschaftliche Belege fehlen |
Erklärung: | Es gibt zwar einige Untersuchungen, die einen möglichen Zusammenhang zwischen Vitamin-K2-reicher Ernährung und höherer Gefäßgesundheit nahelegen. Die Studien sind allerdings nicht sehr aussagekräftig. |
Gewöhnungsbedürftig bis ungenießbar schmeckt japanisches Natto. Nur wenige in Europa geprägte Gaumen können den vergorenen Sojabohnen etwas abgewinnen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das klebrige Natto– angeblich! – besonders gesund ist. Denn es enthält besonders viel Vitamin-K2. [8]
Selbst herstellen kann der menschliche Organismus Vitamin K2 – von dem es einige Varianten gibt – jedenfalls nicht. Deswegen ist eine ausreichende Zufuhr durch die Nahrung wichtig. Hierzulande nehmen wir Vitamin K2 vor allem mit Käse, Milchprodukten und Fleisch auf. Ohne Vitamin K würden diverse Prozesse im Körper nicht funktionieren, es ist besonders für die Blutgerinnung (Koagulation) entscheidend. [8]
Schlummerndes Potenzial?
Doch kann Vitamin K2 noch mehr? Eine mögliche günstige Wirkung auf Krebs und Osteoporose wird von einigen Forschern untersucht. [7]
Andere Wissenschaftler vermuten, dass bestimmte Varianten von Vitamin K2 das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken können. Vitamin K2 soll demnach dafür sorgen, dass es weniger schädliche Kalkanlagerungen in den Blutgefäßen gibt. Um einem möglichen Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Vitamin-K2-Gehalt in der Nahrung nachzugehen, wurden in Studien bereits zehntausende Personen untersucht.
Keine Empfehlung möglich
Es wäre natürlich schön, Vitamin K2 bzw. einzelne Varianten wie MK-7 als neu entdeckte Schutzfaktoren für die Gefäßgesundheit anzupreisen. Denn Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zum Beispiel Herzinfarkt und Schlaganfall, betreffen viele Menschen und verlaufen oft tödlich.
Die Studienlage ist allerdings unklar. Auf dieser Basis ist es nicht möglich, Empfehlungen auszusprechen, zum Beispiel für eine spezielle Ernährungsweise oder für die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln.
Geduld ist gefragt
Laut Studienregister ClinicalTrials wurden in den letzten Jahren einige interessante Untersuchungen rund um die Wirkungen von Vitamin K2 durchgeführt [9] [10] [11]. Die (noch nicht veröffentlichten) Ergebnisse könnten wohl für mehr Klarheit sorgen.
In der Zwischenzeit darf man sich getrost mediterrane Kost schmecken lassen. Für diese ausgewogene Ernährungsform ist die positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System gut belegt, wie wir in der Vergangenheit berichtet haben.
[https://www.medizin-transparent.at/mediterrane-kost-fur-ein-gesundes-herz]
Die Studien im DetailDie erste große Studie (‚Rotterdam-Studie’) zu diesem Thema erschien 2004 [3]. Nach einer Beobachtungszeit von gut sieben Jahren wurden die Ernährungs- und Gesundheitsdaten von ca. 4800 Frauen und Männern über 55 ausgewertet. Vitamin K2 aus dem Essen schütze demnach möglicherweise vor koronarer Herzkrankheit und schwerer Hauptschlagader-Verkalkung und senke die allgemeine Sterblichkeit. – Die Studienteilnehmer wurden in größeren zeitlichen Abständen nach ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Meistens füllten sie dazu einen ausführlichen Fragebogen aus, nur selten führten sie ein Interview mit einem Ernährungsspezialisten. Auf Basis dieser Antworten wurde der Vitamin-K2-Gehalt der Nahrung berechnet bzw. auf die Verfügbarkeit des Vitamins im Körper geschlossen. Eine direkte Messung des Vitamins im Körper fand nicht statt. Hier besteht also die Möglichkeit für Verzerrungseffekte. |
(AutorIn: J. Harlfinger, Review: B. Kerschner, F. Stiegler)
Information zu den wissenschaftlichen Studien
[1] Beulens u.a. (2009)
Studientyp: Beobachtungsstudie (cross-sectional)
Teilnehmer insgesamt: 564 Frauen nach der Menopause aus den Niederlanden
Fragestellung: Beeiflusst Vitamin-K2-reiche Ernährung die Verkalkung der Herzgefäße?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren
Beulens JW, Bots ML, Atsma F, Bartelink ML, Prokop M, Geleijnse JM, Witteman JC, Grobbee DE, van der Schouw YT. High dietary menaquinone intake is associated with reduced coronary calcification. Atherosclerosis. 2009 Apr;203(2):489-93
Zusammenfassung
[2] Gast u.a. (2009)
Studientyp: prospektiven Kohortenstudie
Teilnehmer insgesamt: 16.057 Frauen nach der Menopause aus den Niederlanden
Fragestellung: Beeinflusst Vitamin-K2-reiche das Auftreten von koronarer Herzerkrankung?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren
Gast GC, de Roos NM, Sluijs I, Bots ML, Beulens JW, Geleijnse JM, Witteman JC, Grobbee DE, Peeters PH, van der Schouw YT. A high menaquinone intake reduces the incidence of coronary heart disease. Nutr Metab Cardiovasc Dis. 2009 Sep;19(7):504-10.
Zusammenfassung
[3] GELEIJNSE u.a. (2004)
Studientyp: prospektiven Kohortenstudie
Teilnehmer insgesamt: 4807 Frauen und Männer über 55 aus den Niederlanden
Fragestellung: Schützt Vitamin-K-reiche Ernährung von koronarer Herzerkrankung?
Interessenskonflikte: keine Angaben
Geleijnse JM, Vermeer C, Grobbee DE, Schurgers LJ, Knapen MH, van der Meer IM, Hofman A, Witteman JC. Dietary intake of menaquinone is associated with a reduced risk of coronary heart disease: the Rotterdam Study. J Nutr. 2004 Nov;134(11):3100-5.
Volltext
[4] JUANOLA-FALGARONA u.a. (2014)
Studientyp: prospektiven Kohortenstudie
Teilnehmer insgesamt: 7216 Frauen und Männer aus dem Mittelmeerraum mit hohem Herz-Kreislauf-Risiko (PREDIMED Studie)
Fragestellung: Wirkt sich Vitamin-K-reiche Ernährung auf die allgemeine Sterblichkeit, auf die Krebs-Sterblichkeit und die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus?
Interessenskonflikte: keine Angaben
Juanola-Falgarona M, Salas-Salvadó J, Martínez-González MÁ, Corella D, Estruch R, Ros E, Fitó M, Arós F, Gómez-Gracia E, Fiol M, Lapetra J,Basora J, Lamuela-Raventós RM, Serra-Majem L, Pintó X, Muñoz MÁ, Ruiz-Gutiérrez V, Fernández-Ballart J, Bulló M. Dietary intake of vitamin K is inversely associated with mortality risk. J Nutr. 2014 May;144(5):743-50.
Zusammenfassung
[5] Vissers u.a. (2013)
Studientyp: prospektiven Kohortenstudie
Teilnehmer insgesamt: 35.476 gesunde Erwachsene (21 bis 70 Jahre) aus den Niederlanden
Fragestellung: Beeinflusst eine Vitamin-K-reiche Ernährung das Schlaganfall-Risiko?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren
Vissers LE, Dalmeijer GW, Boer JM, Monique Verschuren WM, van der Schouw YT, Beulens JW. Intake of dietary phylloquinone and menaquinones and risk of stroke. J Am Heart Assoc. 2013 Dec 10;2(6):e000455.
Volltext
Weitere wissenschaftliche Quellen
[6] Rees u.a. (2013)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
eingeschlossene Studien: 5 Studien, davon 2 Kohortenstudien zu Vitamin-K2
Teilnehmer insgesamt: : 2 Kohorten mit ca. 24.00 Teilnehmern
Fragestellung: Schützt Vitamin-K-reiche Ernährung von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und vor Stoffwechselerkrankungen?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren
Rees K, Guraewal S, Wong YL, Majanbu DL, Mavrodaris A, Stranges S, Kandala NB, Clarke A, Franco OH. Is vitamin K consumption associated with cardio-metabolic disorders? A systematic review. Maturitas. 2010 Oct;67(2):121-8.
Zusammenfassung
[7]Alternative Medicine Review (2009) Vitamin K2, pdf
[8] UpToDate (2014) Overview of vitamin K
[9] ClinicalTrials.gov abgerufen am 7.1.2015, Beneficial Effects of Long Term Menaquinone-7
[10] ClinicalTrials.gov abgerufen am 7.1.2015, The Effects of Vitamin K2 Supplementation on the Progression of Coronary Artery Calcification (VitaK-CAC)
[11] ClinicalTrials.gov abgerufen am 7.1.2015, Comparison of Efficacy of Different Dosages Vitamin K2