Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Tattoo-Farben als Gesundheitsrisiko

Tätowierungen liegen im Trend, viele Tattoofarben enthalten jedoch gesundheitsschädliche Substanzen. Wie groß das Risiko ist, lässt sich nicht einschätzen.

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Sind Tattoofarben gesundheitsschädlich?

In vielen Tattoo-Farben sind gesundheitsschädliche Stoffe enthalten. Welche Farben ohne Gesundheitsbedenken für Tätowierungen verwendet werden können, ist unklar. Studien, die das Risiko untersuchen, gibt es keine.

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© Africa Studio - fotolia.com Tattoofarben: Gift unter der Haut?
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Ein kleines Blümchen auf der Schulter, verschnörkelte Tribal Art-Motive oder ein unheimlicher Totenkopf am Oberarm – Tätowierungen sind bei beiden Geschlechtern so beliebt. Bereits jeder vierte junge Erwachsene unter 30 hat sich schon einmal ein Tattoo stechen lassen [1]. Waren Tätowierungen früher vor allem Erkennungszeichen sozialer Randgruppen, gelten sie heute als hipper Körperschmuck oder sogar als Kunstform.

Professionelle Tattoo-Studios befolgen meist strikte Hygienerichtlinien, das Risiko für gefährliche Infektionen ist heutzutage weit geringer als noch vor einigen Jahrzehnten [2]. Doch potenzielle Gefahr droht auch von einer anderen Seite – den Tattoofarben. Viele der bunten Mittel enthalten einen Cocktail aus teils gesundheitsschädlichen Substanzen und Farbmitteln. Häufig fehlt überhaupt eine Auflistung der Inhaltsstoffe auf den Farbfläschchen.

Unbekannte Gefahr

Obwohl für viele Inhaltsstoffe bekannt ist, dass sie krebserregend sind oder Allergien auslösen können, existieren so gut wie keine Studien zu den langfristigen Gesundheitsfolgen. Die Farbstoffe wurden in erster Linie für den Einsatz als Druckertinten, Pigmente in Lacken oder zum Färben von Plastik entwickelt. Häufig sind sie durch den Herstellungsprozess mit anderen Substanzen verunreinigt [2]. Ob sie sich auch dafür eignen, unter die Haut gespritzt zu werden, hat nie jemand untersucht.

Genauso wenig ist bekannt, was mit den Tattoofarben passiert, sobald sie in die mittlere Hautschicht (Dermis) eingestochen worden sind. Auch wenn ein großer Teil der Pigmentpartikel dort ein Leben lang bleibt, wandern manche etwa in Lymphknoten und färben diese bunt. Wohin die Farbstoffe im Körper sonst gelangen, und ob sie dadurch ein zusätzliches Gesundheitsrisiko sind, ist ebenfalls kaum erforscht.

Insgesamt gibt es eine große Anzahl an Substanzen, die in Tätowierfarben enthalten sind. Genaue Daten zu diesen Verbindungen stellen die Hersteller aber nur selten zur Verfügung [2].

Krebs und Allergien

Problematisch sind etwa Azofarbstoffe. Sie sind vor allem in bunten Tätowiermitteln enthalten und wegen ihrer leuchtenden, lichtechten Farbtöne beliebt. Etliche davon können mit der Zeit jedoch krebserregende Spaltprodukte bilden, ausgelöst etwa durch das UV-Licht der Sonne.

Schwarze Tätowierfarben enthalten häufig Rußpartikel. Diese sorgen zwar für eine besonders satte Schwarzfärbung der gestochenen Hautareale. Sie beinhalten jedoch auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), von denen einige nachgewiesenermaßen das Krebsrisiko erhöhen [1] [2]. Immer wieder finden sich PAK-hältige Tätowierfarben, so etwa vor kurzem in einem Test der deutschen Stifung Warentest [3].

Andere Farben beinhalten problematische Schwermetalle wie Quecksilber, Chrom, Cadmium, Kobalt oder Nickel [4]. Gerade Nickel ist bekannt dafür, bei vielen Menschen Allergien auszulösen. Bei Schmuck ist das kein großes Problem, Ringe und Ohrstecker lassen sich wieder abnehmen. Die Nickel-hältigen Pigmente in der Haut sind jedoch kaum zu entfernen. Auch die anderen erwähnten Schwermetalle und manche Konservierungsstoffe in den Farben können allergische Reaktionen verursachen [4]. Ob eine Person allergisch auf bestimmte Farben reagieren wird, lässt sich im Vorhinein nur schwer bestimmen. Einen verlässlichen Test zur Überprüfung des Allergierisikos von Tätowierfarben gibt es bisher nicht [2].

Nicht selten reagieren tätowierte Hautstellen empfindlich auf Sonnenlicht. So kann UV-Strahlung Schwellungen, Juckreiz, Stechen, Schmerzen oder Hautrötungen rund um die Tätowierung auslösen [1].

Keine sicheren Farben?

Eine Liste mit garantiert ungefährlichen Tattoofarben existiert nicht. Zudem ist häufig unklar, welche Inhaltsstoffe überhaupt sicher sind – untersucht hat das bisher kaum jemand. Eine spezielle Zulassung benötigen Tätowiermittel in Österreich und Deutschland nicht. Die EU-Kommission veröffentlicht allerdings eine schwarze Liste jener Tattoofarben-Produkte, in denen bedenkliche Inhaltsstoffe gefunden wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass andere Produkte sicher sind.

In Deutschland gibt es seit dem Jahr 2009 eine Tätowiermittelverordnung, die zumindest grundlegende Anforderungen an Tätowierer und Materialien stellt. In Österreich wurden Pläne für eine entsprechende Regelung auf Druck der Wirtschaft wieder verworfen. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung drängt auf eine Positivliste, auf der alle garantiert unbedenklichen Tätowierfarben aufgezählt sind [1]. Eine solche lässt jedoch weiter auf sich warten.

Infektionsrisiko

Deutlich besser untersucht sind die Gesundheitsrisiken durch mangelnde Hygiene in Tätowierstudios. In ein bis fünf unter 100 Fällen folgt auf eine Tätowierung eine bakterielle Entzündung [2]. In den Jahren 2004 und 2005 traten in drei US-Städten nach Tätowierungen in zahlreichen Fällen Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien auf. Gefährlich wird es vor allem, wenn durch unsaubere Nadeln Hepatitis-Viren oder HIV übertragen wird. Vereinzelt können Infektionen mit Krankheitserregern auch auf den Rest des Körpers übergreifen [4]. Die Grundvoraussetzung, um solche Infektionen zu vermeiden, sind Einweghandschuhe, sterile Farben und Nadeln sowie Desinfektion der bearbeiteten Hautstellen und Geräte.

Entfernung problematisch

Nicht immer sind Betroffene mit ihren neuerworbenen Haut-Kunstwerken zufrieden. In einer deutschen Umfrage [5] waren fünf von 100 befragten Tattoo-Trägern so unzufrieden, dass sie ernsthaft überlegten, sich ihre bunte Jugendsünde wieder entfernen zu lassen.

Doch auch das ist nicht ohne gesundheitliches Risiko. Die Methode der Wahl ist eine Laserbehandlung. Dabei zerstört Laserlicht die Farbpigmente in der Haut, diese werden dann von Fresszellen abtransportiert. Das energiereiche Laserlicht kann aus den Farbpartikeln aber auch giftige Spaltprodukte freisetzen. Wie sich diese im Körper verhalten, ist nicht erforscht [4].

[1] Bundesinstitut für Risikobewertung (2013)
Fragen und Antworten zu Tätowiermitteln. FAQ des BfR vom 1. Juni 2013. Abgerufen am 20. 10. 2015 unter http://bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-taetowiermitteln.pdf

[2] Laux u.a. (2015)
Laux P, Tralau T, Tentschert J, Blume A, Dahouk SA, Bäumler W, Bernstein E, Bocca B, Alimonti A, Colebrook H, de Cuyper C, Dähne L, Hauri U, Howard PC, Janssen P, Katz L, Klitzman B, Kluger N, Krutak L, Platzek T, Scott-Lang V, Serup J, Teubner W, Schreiver I, Wilkniß E, Luch A. A medical-toxicological view of tattooing. Lancet. 2015 Jul 23. pii: S0140-6736(15)60215-X. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[3] Stiftung Warentest (2014)
Tätowier­farben: Giftige Stoffe in zwei Farben. 08/2014. Abgerufen am 20. 10. 2015 unter https://www.test.de/tattoofarben

[4] UpToDate (2014)
Schmidt RM, Armstrong ML. Tattooing in adolescents and adults. In Torchia MM (ed.). UpToDate. Abgerufen am 20. 10. 2015 unter
http://www.uptodate.com/contents/tattooing-in-adolescents-and-adults

[5] Klügl u.a. (2010)
Klügl I, Hiller KA, Landthaler M, Bäumler W. Incidence of health problems associated with tattooed skin: a nation-wide survey in German-speaking countries. Dermatology. 2010 Aug;221(1):43-50. (Zusammenfassung der Umfrage)

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