Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Heilerde mit Smektit: mögliche Hilfe bei Durchfall

Bei Durchfall ist Heilerde ein beliebtes Hausmittel. Studien mit Kindern deuten an, dass eine Heilerde-Sorte mit dem Tonmineral Smektit ein wenig hilft.

AutorIn:

Hilft Heilerde mit dem Tonmineral Smektit, wenn Kinder Durchfall haben?

Heilerde mit Smektit könnte eine Durchfallerkrankung bei Kindern um etwa einen Tag verkürzen. Für Heilerde mit Kaolinit oder Löss ist die Wirksamkeit unklar.

so arbeiten wir
© geogif - Shutterstock.com Das Tonmineral Smektit könnte gegen Durchfall helfen
© geogif – Shutterstock.com

Übelkeit, Erbrechen und Durchfall – das sind typische Anzeichen einer Magen-Darm-Infektion. Erwachsene haben damit durchschnittlich einmal im Jahr zu kämpfen. Kinder sind noch häufiger betroffen [3].

Üblicherweise ist eine Durchfallerkrankung nach einigen Tagen bis einer Woche überstanden. Auslöser sind hierzulande meist Viren wie beispielsweise Rota- oder Noroviren. Doch auch Bakterien wie Salmonellen können an den Beschwerden schuld sein.

Heilerde schlucken und Darm beruhigen?

Ein oft empfohlenes Hausmittel ist Heilerde zum Einnehmen. Dafür wird die Heilerde entweder in eine Flüssigkeit eingerührt und getrunken. Es gibt sie aber auch in Form von Kapseln zum Schlucken.

Heilerde ist allerdings nicht gleich Heilerde. Je nach Anbieter besteht sie aus unterschiedlichen Mineralien. Es gibt Produkte mit Löss, aber auch mit Tonerden namens Smektit oder Kaolinit.
Den Konsumentinnen oder Konsumenten stellen sich einige Fragen:

  • Hilft Heilerde tatsächlich bei Durchfall?
  • Falls ja: Welche Art von Heilerde hilft am besten?
  • Gibt es Nebenwirkungen?

Wir haben mehrere Forschungsdatenbanken nach Antworten durchsucht.

Ein Tag kürzer

Für Heilerde mit dem Tonmineral Smektit gibt es Hinweise auf eine zumindest geringfügige Wirksamkeit. Den besten verfügbaren Studien zufolge könnte Smektit-Heilerde die Durchfalldauer um rund einen Tag verkürzen, also von rund 2 bis 5 auf 1 bis 4 Krankheitstage. Dieses Ergebnis bezieht sich auf Kinder [1,2].

Gut abgesichert ist das jedoch nicht. Denn die Studien haben Mängel und sind daher nur eingeschränkt aussagekräftig.

Bei manchen Kindern ist eine Durchfallerkrankung so schwer, dass sie ins Krankenhaus müssen. Hier geben die Studien keinen Hinweis darauf, dass Smektit Spitalsaufenthalte verhindern kann [1].

Die häufigste Nebenwirkung ist Verstopfung. Zudem hat die Smektit-Heilerde manchen der teilnehmenden Kinder nicht besonders gut geschmeckt. Ernste Nebenwirkungen wurden nicht berichtet.

Die Wirkung von Heilerde mit Kaolinit [2] oder Löss ist nicht ausreichend erforscht.

Flüssigkeitsverlust ausgleichen

Bei Durchfall verliert der Körper Flüssigkeit, Salz und Mineralstoffe. Bei einer gewöhnlichen Durchfall-Erkrankung genügt es zum Beispiel, zum Ausgleich gezuckerten Tee zu trinken beziehungsweise salzige Knabbereien zu sich zu nehmen [4].

Bei länger andauerndem Durchfall kann der Flüssigkeits- und Salzverlust jedoch problematisch werden. Dies gilt insbesondere für kleine Kinder und ältere Menschen [3].

Vorbeugen und behandeln: Was hilft?

Neben Medikamenten können auch Probiotika etwas helfen, die Durchfallerkrankung in den Griff zu bekommen. Welche anderen Behandlungen wirksam sind, erklärt die unabhängige Seite Gesundheitsinformation.de des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

Vor einer Ansteckung schützt gründliches Händewaschen – speziell vor dem Essen oder nach dem Gang auf die Toilette. Denn die Krankheitserreger werden durch Kontakt mit Stuhl, Erbrochenem oder verunreinigtem Wasser und Nahrungsmitteln übertragen [3].

Um Durchfall durch Rotaviren vorzubeugen, gibt es eine Impfung für Säuglinge. Informationen zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen finden sich auf der Seite Gesundheitsinformation.de Einen Impfstoff gegen Noroviren gibt es nicht.

Für Fernreisen in Risikogebiete kann man sich gegen Cholera- und Typhus-Erreger impfen lassen, die ebenfalls Durchfall auslösen.

Vermeidbare Todesfälle

In Ländern mit schwachem Einkommen sterben pro Jahr 1.5 bis 2 Millionen Kinder unter 5 Jahren an Durchfallerkrankungen. Somit gehört Durchfall weltweit zu den führenden Todesursachen bei den Jüngsten der Weltbevölkerung.

Die meisten dieser Todesfälle wären ohne medizinische Interventionen vermeidbar: durch Zugang zu sicheren Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser, der Möglichkeit zum Händewaschen und dem Zugang zu Toiletten [4].

Die Studien im Detail

Im Rahmen einer systematischen Übersichtsarbeit [1] wollte ein internationales Forschungsteam aus Mexiko, Kolumbien und Kanada wissen, ob Smektit hilft, wenn Kinder infektiösen Durchfall haben. Bei einer aufwändigen Suche fand das Forschungsteam insgesamt 18 randomisiert-kontrollierte Studien mit dieser Heilerde-Form.

Die Kinder stammten aus Ländern mit niedrigem bis hohem Einkommen. Sie wurden entweder zuhause oder im Krankenhaus versorgt. In den meisten Fällen war die Ursache eine Infektion mit dem Rotavirus. Die Kinder waren zwischen 1 Monat und 12 Jahren alt. Etwa die Hälfte der Studien untersuchte Kinder im Säuglingsalter.

Die zusammengefassten Ergebnisse der Studien deuten darauf hin, dass Smektit die Dauer der Durchfallerkrankung um etwa 24 Stunden verkürzt. Ohne Behandlung dauerte der Durchfall durchschnittlich zwischen 2 und 5 Tagen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine andere Studienanalyse [2].

Mangelhafte Studien

Prinzipiell gibt es also ein positives Ergebnis. Aus unserer Sicht ist dies aber nicht sonderlich gut abgesichert.

In vielen Studien waren die Teilnehmenden und die Studienleitung nicht „verblindet“ – sie wussten also, wer Smektit bekam und wer nicht. Dies kann zu Verzerrungen führen und das Ergebnis beeinflussen. Denn das Wissen um die echte oder Scheinbehandlung kann entsprechende Erwartungshaltungen auslösen.

Ein weiterer Punkt, der unser Vertrauen herabsetzt: Häufig war die Zuordnung zu Versuchs- und Kontrollgruppe nicht zufällig erfolgt. Das hatte eventuell zur Folge, dass in einer Gruppe mehr Kinder mit einem widerstandsfähigeren Immunsystem gelandet sind oder weniger schwer erkrankt waren. Solche Ausgangsbedingungen führen dazu, dass die Gruppenergebnisse zu Studienende nicht gut vergleichbar sind.

Die Studien waren auch relativ unterschiedlich, was Alter der Kinder, Kulturkreis sowie die Diagnosestellung des Durchfalls angeht. Das erschwert den Vergleich ebenfalls.

Für eine zweite systematische Übersichtsarbeit [2] suchte dieselbe Forschungsgruppe gemeinsam mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach Studien zu anderen Behandlungen von Durchfall bei Kindern. Zu Heilerde fanden sie noch eine Studie zu Kaolinit. Diese hatte jedoch zu viele Mängel, um aussagekräftige Ergebnisse liefern zu können.

[1] Pérez-Gaxiola u.a. (2018)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 18 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmende: 2616 Kinder mit Durchfall
Fragestellung: Hilft Smektit bei Durchfall?
Mögliche Interessenskonflikte: keine laut Autorenteam

Pérez-Gaxiola G, Cuello-García CA, Florez ID, Pérez-Pico VM. Smectite for acute infectious diarrhoea in children. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Apr 25;4:CD011526. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Florez u.a. (2018)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: u.a. 16 randomisiert-kontrollierte Studien zu Heilerde (15 zu Smektit, 1 zu Kaolin)
Fragestellung: Welche Behandlungen helfen Kindern mit Durchfall am besten?
Mögliche Interessenskonflikte: keine laut Autorenteam

Florez ID, Veroniki AA, Al Khalifah R, Yepes-Nuñez JJ, Sierra JM, Vernooij RWM, Acosta-Reyes J, Granados CM, Pérez-Gaxiola G, Cuello-Garcia C, Zea AM, Zhang Y, Foroutan N, Guyatt GH, Thabane L. Comparative effectiveness and safety of interventions for acute diarrhea and gastroenteritis in children: A systematic review and network meta-analysis. PLoS One. 2018 Dec 5;13(12):e0207701. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

Weitere Quellen

[3] IQWIG (2016)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Durchfall bei Magen-Darm-Infektionen. Abgerufen am 29.11.2019 unter www.gesundheitsinformation.de

[4] Uptodate (2019)
Harris JB u.a. Approach to the child with acute diarrhea in resource-limited countries. UpToDate. Abgerufen am 2.12. 2019 unter www.uptodate.com (Zugriff kostenpflichtig)

In über 500 Faktenchecks suchen