Gel mit Diclofenac: eher geringe Hilfe bei Arthrose im Knie

Schmerzen die Kniegelenke aufgrund von Arthrose, scheint Gel mit Diclofenac etwas zu helfen. Es dürfte aber nicht bei allen ausreichend wirken.

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Hilft ein Gel mit Diclofenac bei Arthrose im Knie?

In mehreren aussagekräftigen Studien linderte das Schmerzgel mit Diclofenac die Beschwerden zumindest ein bisschen besser als ein Scheinmedikament. Wie gut es tatsächlich hilft, können wir jedoch nicht verlässlich abschätzen. Dazu müssten wir die Ergebnisse von weiteren, noch unveröffentlichten Untersuchungen kennen.

so arbeiten wir
Tube mit Gel Gel mit Diclofenac wird häufig gegen Schmerzen verwendet
© bazilpp – shutterstock.com

Bei einer Arthrose im Knie ist Bewegung oft mit Schmerzen verbunden. Besonders beim Losgehen fühlen sich die Kniegelenke steif an. Der Grund: Der Gelenkknorpel ist dünn geworden und schützt nicht mehr so gut [3].

Was hilft gegen die Schmerzen, wenn man nicht gleich zur Tablette greifen will? Beworben wird unter anderem Gel mit dem Wirkstoff Diclofenac, mit denen Betroffene das schmerzende Knie einreiben können. Hilft das auch? Das wollte ein Leser von uns wissen.

Diclofenac Gel: etwas weniger Schmerzen

Diese Frage ist in 11 Studien [1-3] mit knapp 4.000 Menschen untersucht worden. Das Ergebnis: Im Vergleich zu einem Scheinmedikament (zum Beispiel ein Gel ohne Diclofenac) können solche Mittel die Beschwerden wahrscheinlich ein bisschen lindern.

Durch eine sechs bis zwölf-wöchige Behandlung besserten sich den Studien [1] zufolge die Schmerzen deutlich:

  • mit Diclofenac Gel bei 60 von 100 Betroffenen
  • mit Gel ohne Diclofenac bei 50 von 100 Betroffenen

Einen deutlichen Nutzen spürten demnach 10 von 100 Betroffenen.

Gut abgesichert sind diese Zahlen allerdings nicht. Die Gründe dafür erklären wir weiter unten im Abschnitt „Die Studien im Detail“.

Mögliche Nebenwirkungen

In einigen Untersuchungen berichteten Teilnehmende über Nebenwirkungen an der Haut wie Rötungen, Trockenheit oder Juckreiz. Weil das oft auch mit Scheinmedikament – etwa einem Gel ohne Wirkstoff – passierte, ist der Grund dafür vermutlich nicht das Schmerzmittel Diclofenac, sondern eher andere Bestandteile des Gels.

Wirksame und fragwürdige Behandlungen

Wirksame Medikamente, die den Verlauf einer Arthrose aufhalten können, gibt es bisher nicht.

Zur Linderung der Beschwerden eignen sich Bewegung und Schmerzmittel. Bei Übergewicht ist es sinnvoll abzunehmen, um die Gelenke zu entlasten. Auch Gehstöcke können dabei helfen. Wenn solche Maßnahmen nicht ausreichend helfen und die Arthrose weit fortgeschritten ist, kann ein künstliches Kniegelenk eine mögliche Option sein [4-6].

Angeboten werden allerdings auch viele fragwürdige Behandlungen, deren Nutzen nicht erwiesen ist. Dazu gehören etwa Präparate mit Katzenkralle, Grünlippmuschel oder Chondroitin.

Ausführliche und verlässliche Informationen zur Behandlung von Kniearthrose finden Sie auch auf Gesundheitsinformation.de.

Die Studien im Detail

Welche Studien haben wir berücksichtigt?

Bei unserer Recherche haben wir eine systematische Übersichtsarbeit [1] gefunden, die die Studienlage zu Gel mit Diclofenac bis 2016 zusammenfasst. Zusätzlich sind wir auf zwei aktuellere Einzelstudien gestoßen [2,3]. Unsere Einschätzung beruht damit auf insgesamt 11 Studien mit knapp 4.000 Teilnehmenden mit mittel-schweren Schmerzen durch Knierthrose. Sie erhielten über einen Zeitraum von zwei bis zwölf Wochen entweder ein Diclofenac-haltiges Mittel zum Einreiben oder ein entsprechendes Präparat ohne Wirkstoff. Die Teilnehmenden wurden dabei nach dem Zufallsprinzip auf die beiden Gruppen verteilt („randomisiert“). Niemand unter den Beteiligten wusste, wer zu welcher Gruppe gehört („doppelblind“).

In den Untersuchungen wurden unterschiedliche Medikamente mit Diclofenac zur äußerlichen Anwendung untersucht. Dazu gehörten Gele, Lösungen und Pflaster, teils mit unterschiedlichen Dosierungen. Nicht alle davon sind in Deutschland und/oder Österreich erhältlich. Am häufigsten wird Diclofenac in diesen Ländern in Form von Gel auf schmerzende Stellen aufgetragen.

Wie aussagekräftig sind diese Studien?

Die meisten der Studien wurden durch die Hersteller der Medikamente finanziert, oder die Forschenden hatten finanzielle Verbindungen mit ihnen. Wesentliche Qualitätsmängel sind uns in den Forschungsarbeiten nicht aufgefallen. Allerdings dauerten viele der Untersuchungen nur wenige Wochen, so dass Schlussfolgerungen für die längerfristige Anwendung schwierig sind.

Auch aus einem anderen Grund sind die Ergebnisse nicht gut abgesichert: Für ein vollständiges Bild fehlen die Ergebnisse von mindestens sieben weiteren Untersuchungen mit rund 3.500 Teilnehmenden [1]. Deren Ergebnisse sind auch Jahre nach dem Studienende noch nicht veröffentlicht. Eine Ursache dafür könnte sein, dass sich darin keine Wirksamkeit von Diclofenac zeigt und die Forschenden daher kein Interesse an einer Veröffentlichung der Ergebnisse haben. Man spricht dann auch von Publication Bias. Ob die gemeinsame Auswertung mit den bereits veröffentlichten Daten dann immer noch zu einem positiven Ergebnis käme, ist unklar.

[1] Derry (2016)
Derry S u.a. Topical NSAIDs for chronic musculoskeletal pain in adults. Cochrane Database Syst Rev 2016, CD007400. (Übersichtsarbeit in voller Länge) https://doi.org/10.1002/14651858.cd007400.pub3

[2] Wadsworth (2016)
Wadsworth L u.a. Efficacy and safety of diclofenac sodium 2% topical solution for osteoarthritis of the knee: a randomized, double-blind, vehicle-controlled, 4 week study. Curr Med Res Opin 2016;32(2):241-50 (Studie in voller Länge)

[3] Bihlet (2020)
Bihlet A u.a. A novel diclofenac gel (AMZ001) applied once or twice daily in subjects with painful knee osteoarthritis: A randomized, placebo-controlled clinical trial. Semin Arthritis Rheum 2020; 50(6):1203-1213 (Zusammenfassung der Studie)

[4] IQWiG (2021)
Kniearthrose. Abgerufen am 02.05.2023 unter https://www.gesundheitsinformation.de/kniearthrose-gonarthrose.html

[5] UpToDate (2023)
Management of knee osteoarthritis. https://www.uptodate.com/contents/management-of-knee-osteoarthritis (Zugriff kostenpflichtig)

[6] UpToDate (2023)
Management of moderate to severe knee osteoarthritis. Abgerufen am 03.05.2023 unter
https://www.uptodate.com/contents/management-of-moderate-to-severe-knee-osteoarthritis
(Zugriff kostenpflichtig)

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