Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Fettauge, sei wachsam: Was kann Bulletproof Coffee?

Wer Kräutertee und Müsli am Morgen hasst, wird Bulletproof Coffee vielleicht lieben: Starker Kaffee mit viel Fett. Doch warum sollte man so was trinken?

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Ist Bulletproof Coffee empfehlenswert?

In Bulletproof Coffee steckt viel Koffein und Fett. Ist der hippe Frühstücksersatz eine Art Fitness-Zaubertrank? Oder schadet er sogar? Weil über diese Kaffeemischung Studien mit menschlichen Probanden fehlen, können wir dazu keine verlässlichen Aussagen treffen.

so arbeiten wir
© size-full wp-image-7787 Butter und Öl im Kaffee als Frühstücksersatz
Butter und Öl im Kaffee als Frühstücksersatz

So mancher Morgenmuffel schwört neuerdings auf diesen Energieschub: eine Tasse Bulletproof Coffee nach dem Aufstehen. Statt Frühstück. Was ist dran an diesem Trend – und drin in dem Getränk? Macht das Getränk seine Konsumenten, wenigstens ein bisschen, „kugelsicher˝ (bulletproof)?

Kaffee mit diversen Extras

Bulletproof Coffee ist ein starker Filterkaffee. Er wird morgens auf leeren Magen getrunken, ohne Milch und Zucker. Dafür gibt es zwei ungewöhnliche Extras: Einerseits wird in den Bulletproof Coffee eine ordentliche Portion Weidebutter gemixt.

Außerdem kommt noch ein guter Schuss Öl in den Kaffee, zum Beispiel Kokosöl oder Palmkernöl. Wichtig ist laut Rezept, dass das verwendete Öl reich an mittelkettigen Triglyceriden ist. Diese Triglyceride heißen im Fachjargon MCT-Fette und enthalten mittelkettige Fettsäuren.

Hoch die Tasse?

Das Getränk mit den Fettaugen soll nicht nur für geschmeidige Lippen, ein ungewöhnliches Geschmackserlebnis und einen beachtlichen Kalorienschub sorgen. Vermeintlich kann der Butter-Öl-Kaffee noch mehr, und zwar nachhaltig Energie spenden, eine schlanke Figur fördern und die Leistungsfähigkeit beträchtlich steigern.

Diese Behauptungen klingen in Summe recht gewagt. Alles nur geschicktes Marketing? Einer unserer Leser wollte wissen, welche belastbaren wissenschaftlichen Fakten es rund um den Bulletproof Coffee gibt.

Fazit

Veröffentlichten Studien mit menschlichen Probanden, die sich mit dem Thema Bulletproof Coffee auseinander gesetzt haben, sind nicht auffindbar. Positive gesundheitliche Auswirkungen des morgendlichen Genusses von starkem Filterkaffee, kombiniert mit Weidebutter und mittelkettigen Triglyceriden, können deshalb weder bestätigt noch widerlegt werden. Es fehlt außerdem die Grundlage, um Aussagen über Nebenwirkungen und Langzeitsicherheit dieser Ernährungsform zu treffen.

Genuss ohne Dogma

Selbst ohne Butter und MCT-Öl-Beigabe ist Kaffee eine wilde Mischung aus vielen Substanzen. Somit dürfte es nicht ganz einfach sein, diverse Effekte dingfest zu machen. Dazu wären lange Studien mit vielen Teilnehmern und einem standardisierten Getränk notwendig.

Eine interessante Frage in diesem Zusammenhang: Welche Effekte gibt es, wenn ein „festes˝ Frühstück aus Zutaten wie Getreide, Obst und Milchprodukten durch ein fettiges kalorienreiches Getränk mit viel Koffein ersetzt wird? Denkbar sind recht unterschiedliche Reaktionen, je nach Konstitution oder Risikofaktoren der Konsumenten.

Wie so oft bei Ernährungsfragen mag auch hier gelten: Wir sollten abwechslungsreich, ausgewogen, maßvoll essen und trinken – und darüber den Genuss nicht vergessen. Bei allzu extremen, kostspieligen, dogmatischen und auf Dauer eintönigen Ansätzen ist eine gesunde Skepsis durchaus nicht fehl am Platz.

Teurer Trend

Dave Asprey, der US-amerikanische Erfinder des Bulletproof Coffee, ist während einer Reise im Himalaya auf den Geschmack gekommen. In dieser Region wird traditionell Tee mit Yak-Butter getrunken.

Asprey ist bereits werbewirksam durch diverse TV-Shows getingelt, hat einen Bestseller geschrieben und ein Kaffeehaus im kalifornischen Santa Monica eröffnet. In einem Online-Shop sind neben „seinem˝ Kaffee diverse Zutaten und Accessoires zum kugelsicheren Kaffeekochen zu erstehen.

Zutaten unter der Lupe

Wir haben zwar keine klinischen Studien über die Effekte von Bulletproof Coffee gefunden. Doch über einzelne Komponenten des morgendlichen Modegetränks stehen Informationen zur Verfügung.

  • Kaffee ist eine Mischung aus tausenden Inhaltsstoffen. Besonders bekannt ist das Koffein. Zu den möglichen positiven Wirkungen von Koffein zählen eine Verbesserung von Konzentration, Reaktionszeit, Gedächtnis und körperlicher Leistung. Kein Wunder also, dass Kaffee rund um den Erdball zu den beliebtesten Getränken gehört. [5]
  • Eine ketogene Ernährungsweise – kurz: wenig Kohlenhydrate, viel Fett – könnte in gewissem Ausmaß dabei helfen, den Hunger zu reduzieren [2] und überflüssiges Gewicht zu verlieren. https://www.medizin-transparent.at/low-carb-diaten-fakten-statt-schlagwortern.
  • Es gibt Hinweise darauf, dass mittelkettige Triglyceride (MCTs) ein wenig beim Abnehmen bzw. beim Senken des Fettanteils helfen können oder eventuell dabei unterstützen, das Gewicht zu halten. Rund um diese Hinweise gibt es jedoch noch diverse ungeklärte Aspekte. [1]

Mehr Info aus unserem Archiv

Über gesättigte Fette, die nicht Wurst sind und über Margarine haben wir bereits ausführlich berichtet. Außerdem gibt es in unserem Archiv Beiträge zu Low-Carb-Diäten und Kaffee, der lange offenbar zu Unrecht als ungesund verschrien war:

Kaffee und Alzheimer
Kaffee und Krebsrisiko
Cholesterin senkende Margarine
Low-Carb-Diäten

 

[1] Bueno u.a. (2013)
Bueno NB, de Melo IS, de Oliveira SL, da Rocha Ataide T.
Very-low-carbohydrate ketogenic diet v. low-fat diet for long-term weight loss: a meta-analysis of randomised controlled trials.
Br J Nutr. 2013 Oct;110(7):1178-87.
Zusammenfassung

[2] Gibson u.a. (2015)
Gibson AA, Seimon RV, Lee CM, Ayre J, Franklin J, Markovic TP, Caterson ID, Sainsbury A.
Do ketogenic diets really suppress appetite? A systematic review and meta-analysis.
Obes Rev. 2015 Jan;16(1):64-76.
Zusammenfassung

[3] Mumme u.a. (2015)
Mumme K, Stonehouse W. Effects of medium-chain triglycerides on weight loss and body composition: a meta-analysis of randomized controlled trials. J Acad Nutr Diet. 2015 Feb;115(2):249-63. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[4] AGES, Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, kurz AGES
Mykotoxine. Abgerufen am 30.12.2015 unter www.ages.at/themen/rueckstaende-kontaminanten/mykotoxine/

[5] Uptodate (2015)
Benefits and risks of caffeine and caffeinated beverages. Abgerufen am 22.12.2015 unter www.uptodate.com/contents/benefits-and-risks-of-caffeine-and-caffeinated-beverages

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht: 11. 1. 2016. Keine inhaltlichen Änderungen

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