Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Prüfungsangst: Bachblüten anscheinend nicht wirksam

Wenn die Nerven flattern: Helfen Bachblüten-Mittel gegen Prüfungsangst? Bisherigen Hinweisen zufolge bringen sie keine echte Linderung.

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Sind Bachblüten-Mittel wirksam, um gegen Prüfungsangst zu helfen?

Drei kleinere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Mittel mit Bachblüten gegen Prüfungsangst nicht besser helfen als ein Placebo.

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© LStockStudio - Shutterstock.com Mittel mit Bachblüten nehmen und dann mit mehr Gelassenheit in die Prüfung? (Bild: LStockStudio - Shutterstock.com)
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Die allermeisten Menschen sind vor einer Prüfung aufgeregt – sei es ein Test an der Uni, die Führerscheinprüfung oder der Abschluss einer Ausbildung. Die Angst, bei einer Prüfung zu versagen, kann mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.

Bachblüten gegen Stress

Um die Angst vor und während der Prüfung zu lindern, greifen manche Menschen zu Mitteln mit Bachblüten. Dazu zählen spezielle Mischungen, die für „Notfälle“ wie Prüfungssituationen geeignet sein sollen. Laut Bach-Blütentherapie kann man sich davon einen besseren Umgang mit stressigen Prüfungssituationen versprechen.

Eine Leserin wollte wissen, ob die rezeptfreien Mittel, entwickelt in der Tradition des namensgebenden Arztes Edward Bach, denn etwas taugen. Sind Bachblüten – einzeln oder gemischt – wirkungsvolle „sanfte“ Prüfungsbegleiter? Erlauben Mittel mit Bachblüten es, Prüfungen ohne zittrige Knie und flatternde Nerven zu absolvieren und dadurch sogar bessere Leistungen zu erzielen?

Placebo für Prüfungsangst

Wir haben überprüft, wie der aktuelle Stand des Wissens zu diesem Thema ist. Dafür haben wir nach aussagekräftigen Studien zum Thema Bach-Blütentherapie und Prüfungsangst in vier Datenbanken recherchiert.

Besonders viele Studien haben wir nicht gefunden, aber die drei besten verfügbaren Arbeiten mit insgesamt 272 Teilnehmerinnen und Teilnehmern konnten wir in unsere Auswertung einbeziehen:

  • Zusammengefasst [1] deuten diese Arbeiten [2,3,4] darauf hin, dass Bachblüten nicht gegen Prüfungsangst helfen, zumindest nicht besser als ein Placebomittel.
  • Allerdings ist diese Erkenntnis nicht gut abgesichert.
  • Aussagekräftige Studien könnten diese Einschätzung durchaus noch verändern.

Keine Hinweise auf Nebenwirkungen

Dem aktuellen Stand des Wissens zufolge dürften die Mittel im Allgemeinen sicher sein. Allerdings sind mögliche Nebenwirkungen von Bachblüten bislang nicht gut untersucht [1,5].

Auch wenn künftig hoffentlich bessere Studien vorliegen: Wir halten es für nicht sehr wahrscheinlich, dass sich in Studien große und schwere negative Effekte zeigen.

Gefährlich werden könnten die Mittel, die bei diversen Beschwerden und Erkrankungen eingesetzt werden, allerdings dann, wenn dadurch andere Behandlungen versäumt oder hinausgezögert werden, die einen erwiesenen Nutzen haben und die eher früh erfolgen sollten.

Von Kiefer bis Kastanie

Mittel mit Bachblüten bestehen hauptsächlich aus Wasser und Alkohol. Zusätzlich enthalten sie extrem verdünnte – das erinnert an die Homöopathie – Extrakte von Pflanzenteilen. Hier stehen beispielsweise Holzapfel, Herbstenzian, Hainbuche und Eisenkraut zur Auswahl.

Die 38 Bachblüten-Mittel sollen, vereinfacht gesagt, dabei helfen, Persönlichkeit und Psyche miteinander in Balance zu bringen und auf diese Weise Krankheiten entgegen wirken. Erfinder der Bachblüten-Therapie (um 1930) war der britische Homöopath Edward Bach.

Individuell abgestimmte Bachblütenmittel sollen beispielsweise gegen psychologische Probleme und Schmerzen helfen. Sie werden einzeln oder in Mischungen verkauft, zum Beispiel als Erste-Hilfe-Tropfen („rescue drops“) [1,5].

Keine plausible Erklärung

Eine wissenschaftliche plausible Erklärung für die Wirkung von Bach-Blütenmitteln gibt es nicht. Dass die Anwenderinnen und Anwender nach der Einnahme eine Verbesserung spüren, ist zwar möglich, wie etwa weniger Schmerzen oder eine verringerte Anspannung. Doch diese Wirkungen dürften nicht über den Placeboeffekt hinausgehen, also die Behandlung mit einem wirkstofffreien Mittel.

Erklärungen sind zum Beispiel eine positive Erwartungshaltung der Behandelten oder eine günstige Interaktion zwischen Hilfesuchenden und ihren Behandlern.

Die Studien im Detail

Wir konnten eine systematische Übersichtsarbeit [1] in unsere Auswertung einbeziehen. Sie stammt aus dem Jahr 2009. Wir haben überprüft, wie gut diese Übersicht gemacht ist und halten sie für sehr solide.

Demnach dürften Bachblüten nicht gegen Prüfungsangst helfen, zumindest nicht besser als ein Placebomittel.

Basis für diese Conclusio sind drei Studien, deren Design (randomisiert-kontrolliert) wir prinzipiell geeignet halten, um die Wirksamkeit von Bachblüten bei Prüfungsangst zu beurteilen [2,3,4]. Diese Arbeiten wurden 2001 bzw. 2007 veröffentlicht.

Darin sind die Daten von insgesamt 272 gesunden Universitätsstudentinnen und -studenten aus Deutschland, Großbritannien und den USA auswertet. Ihre Prüfungsangst wurde mit Hilfe von bewährten Methoden bestimmt.

Die Personen in den „echten“ Gruppen bekamen unterschiedliche Bachblüten-Mittel (z. B. Rescue-Mischung), die Vergleichsgruppe ein Placebomittel. In einer Studie tauschten die Gruppen die Rollen [4].

Teilnehmende und Studienteam waren verblindet – sie wussten also nicht, wer die Bach-Blütenmittel und wer das Scheinmittel bekam. Die Studiendauer war durchaus unterschiedlich: 3 Stunden, 7 Tage bzw. 4 Wochen. Unterschiede bei den Mischungen und Dosierungen erschweren die Vergleichbarkeit der Studien etwas.

In allen drei Studien [2,3,4] gab es am Studienende hinsichtlich Prüfungsangst keine deutlichen Unterschiede zwischen der Bachblütengruppe und der Placebogruppe. Bei gut gemachten Studien könnte man bei diesem Ergebnis recht verlässlich darauf schließen, dass Bach-Blütenmittel nicht gegen Prüfungsangst wirken.

Da zwei der drei Studien allerdings gröbere Mängel haben, ist das Übersichtsergebnis mit Unsicherheit behaftet.

Zu den Mängeln gehört etwa, dass nicht einmal die Hälfte der ursprünglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Studie beendet hat und deren Abschlussdaten fehlen [2] oder unsicher ist, ob die Gruppenzuteilung wirklich nach Zufallsprinzip erfolgte [4]. Auch war die Gesamtzahl der Probandinnen und Probanden mit 272 eher klein, was Zufallsergebnisse begünstigt und die Aussagekraft schmälert.

Um zu überprüfen, ob sich der Stand des Wissens seither [1] geändert hat, haben wir nach aktuelleren Studien, erschienen nach 2008, gesucht. Doch wir konnten keine passenden Studien aus den letzten Jahren finden.

[1] Thaler u.a. (2009)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: u.a. 3 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 272
Fragestellung: Helfen Bachblüten u.a. bei psychologischen Problemen?
Interessenskonflikte: keine laut Autorenteam

Thaler K, Kaminski A, Chapman A, Langley T, Gartlehner G. Bach Flower Remedies for psychological problems and pain: a systematic review. BMC Complement Altern Med. 2009 May 26;9:16.
Zusammenfassung
Freier Volltext

Weitere Quellen

[2] Armstrong & Ernst (1999)
Armstrong NC, Ernst E. A randomised, double-blind, placebo-controlled trial of Bach Flower Remedy. Perfusion. 1999;11:440–446.

[3] Armstrong & Ernst (1999)
Halberstein R, DeSantis L, Sirkin A, Padron-Fajardo V, Ojeda-Vaz M. Healing With Bach(R) Flower Essences: Testing a Complementary Therapy. COMPLEMENT HEALTH PRACT REV. 2007;12:3.

[4] Armstrong & Ernst (1999)
Walach H, Rilling C, Engelke U. Efficacy of Bach-flower remedies in test anxiety: a double-blind, placebo-controlled, randomized trial with partial crossover. J Anxiety Disord. 2001;15:359–366.

[5] Ernst (2010)
Ernst E. Bach flower remedies: a systematic review of randomised clinical trials. Swiss Med Wkly. 2010 Aug 24;140:w13079.

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