Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Aspartam – süßes Gift oder harmlos?

Der Süßstoff Aspartam wird oft verdächtigt, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Einer Vielzahl an Studien zufolge ist das – selbst in großen Mengen genossen – unwahrscheinlich.

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Ist der Süßstoff Aspartam gesundheitlich bedenklich?

Gesundheitliche Schäden durch Aspartam sind unwahrscheinlich. Das gilt auch für Personen, die Aspartam-gesüßte Lebensmittel und Getränke in großen Mengen über lange Zeit zu sich nehmen. Bei Menschen, die an der Erbkrankheit Phenylketonurie (PKU) leiden, kann Aspartam jedoch Nerven- und Hirnschäden verursachen.

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© humonia - iStockphoto.com Kalorienfreie Gefahr?
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„Aspartam erhöht das Krebs-Risiko“, „Vergiftung durch Aspartam“ – wer im Internet nach Aspartam sucht, findet schnell eine Fülle von Webseiten mit angstmachenden Überschriften. Immerhin ist der künstliche Süßstoff mit der Bezeichnung E951 weit verbreitet, er findet sich neben Kaugummis oder Limonaden und kalorienreduzierten Diätlebensmitteln sogar in eingelegtem Gemüse. Da Aspartam rund 200mal süßer ist als Zucker, sind nur geringe Mengen zum Süßen nötig – so sorgt die Süße kaum für zusätzliche Kalorien.

Aspartam umfassend geprüft

In den über 30 Jahren seit der Zulassung des künstlichen Süßstoffs tauchten immer wieder einzelne Studien auf, die die Sicherheit von Aspartam anzweifelten. Das hat dazu geführt, dass der Stoff einer der am besten untersuchten Lebensmittelzusatzstoffe ist. Um einer möglichen Gefährdung auf den Grund zu gehen, hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA im Jahr 2013 alle bisher veröffentlichten Studien neu bewertet [1]. Das Ergebnis: der Süßstoff ist aller Wahrscheinlichkeit nach unbedenklich.

In den 260 Seiten ihres Berichts [1] gehen die Wissenschaftler der EFSA Studie für Studie auf alle Bedenken gegen Aspartam ein: die angeblich Krebs-auslösende Wirkung, Kopfschmerzen und Allergien sowie Epilepsie oder Nervenleiden. Wie auch die US-amerikanische Lebensmittel- und Medikamentenbehörde FDA [2] fand die EFSA keine Bestätigung für einen Zusammenhang mit einer dieser Erkrankungen.

Unbedenkliche Menge

Anhand der Ergebnisse zahlreicher Studien an Labortieren und Menschen setzten die Wissenschaftler eine Unbedenklichkeitsgrenze für Aspartam fest. Demnach kann jeder Mensch sein Leben lang täglich 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen, ohne gesundheitliche Folgen befürchten zu müssen. Eine erwachsene Frau mit 60 kg könnte beispielsweise mindestens vier Liter Aspartam-hältiger Limonade pro Tag für den Rest ihres Lebens trinken.

Auch wer diese Menge einmal überschreitet, erleidet keine gesundheitliche Gefährdung. Die festgelegten Grenzwerte entsprechen einem Hundertstel jener Dosis, bis zu der selbst im Tierversuch noch keine Vergiftungserscheinung oder Gesundheitsgefährdung aufgetreten ist. Um sicher zu gehen, sind Grenzwerte für Lebensmittelzusatzstoffe absichtlich sehr niedrig angesetzt.

Stoffe, die in jeder beliebigen Dosierung ungefährlich sind, gibt es übrigens nicht. Wie schon Paracelsus sagte: die Dosis macht das Gift. So können beispielsweise 10 Teelöffel Kochsalz (rund 60 Gramm) für einen Erwachsenen zum Tod führen [3] – eine allerdings widerlich schmeckende Menge, die niemand freiwillig zu sich nehmen würde. Selbst bei Wasser ist eine tödliche Überdosis möglich: dazu müsste man allerdings etliche Liter auf einmal trinken [4].

Methanol als Abbauprodukt

Was passiert eigentlich mit Aspartam bei der Verdauung? Aspartam gelangt nicht in den Blutkreislauf, sondern wird im Darm vollständig abgebaut. Dabei entstehen die zwei Aminosäuren Phenylalanin und Asparaginsäure, die auch natürliche Bestandteile von Eiweißen (Proteinen) sind.

Nebenbei entsteht auch das als giftig bekannte Methanol – allerdings nur in sehr geringen, unbedenklichen Mengen. Methanol ist auch in Gemüse und Obst enthalten und bildet sich beim Abbau von Pektin in manchen Früchten. Alkoholische Getränke wie Bier und Wein enthalten ebenfalls kleine Mengen an Methanol. In großen Mengen – etwa in nicht-fachgerecht gebrannten Schnäpsen – kann es zu Erblindung oder sogar zum Tod führen. Die Menge an Methanol, die bei der Verdauung von Aspartam entsteht, macht allerdings nur etwa ein Zehntel des auf natürliche Weise (etwa mit Obst und Gemüse) täglich aufgenommenen Methanols aus.

Gefahr bei bestimmter Erbkrankheit

Vorsichtig sein müssen Personen, die an der Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie (PKU) leiden. Rund eines von 10.000 Neugeborenen ist davon betroffen [5]. PKU-Patienten müssen alle Lebensmittel meiden, die viel Phenylalanin enthalten, da ihnen ein Enzym zum Abbau dieser natürlichen Aminosäure fehlt. Dazu gehört auch Aspartam, da beim Abbau im Darm Phenylalanin entsteht. Halten sie sich nicht an eine strikt Phenylalanin-arme Diät, sind schwere Nerven- und Hirnschädigungen die Folge. Aspartam-hältige Produkte müssen deshalb mit dem Hinweis “ enthält eine Phenylalaninquelle“ gekennzeichnet sein.

Und andere Süßstoffe?

In der Europäischen Union sind derzeit 19 Süßungsmittel zugelassen – sie gelten also für den täglichen Verzehr als unbedenklich. Für alle diese Stoffe hat die EFSA anhand der Ergebnisse von Giftigkeitsstudien Maximalmengen festgelegt, die ohne Probleme ein Leben lang jeden Tag verzehrt werden können [6].

Auch für Süßstoffe wie Saccharin (E 954) und Cyclamat (E 952) ist ausgeschlossen, dass der regelmäßige Konsum der zugelassenen Tageshöchstmengen Krebs oder andere Krankheiten auslösen können. Allerdings hat die EU die zulässigen Höchstmengen für Cyclamat erst im Jahr 2000 abgesenkt [6]. Der Grund waren Hinweise auf mögliche Gesundheitsgefährdungen durch hohe Konzentrationen eines Stoffwechselprodukts von Cyclamat. Seither dürfen Hersteller den Süßstoff nur mehr in beschränkter Menge in einzelnen ausgewählten Lebensmitteln beimengen. In den USA ist Cyclamat nicht zugelassen [7].

Das Süßungsmittel Saccharin scheint bei Ratten in sehr hohen Konzentrationen Blasenkrebs auslösen zu können. Untersuchungen an anderen Tierarten weisen aber darauf hin, dass Ratten die einzige davon betroffene Tierart sind. Auch für den Menschen besteht Studien zufolge keine Krebsgefahr. Daher stuft die Weltgesundheitsbehörde WHO Saccharin als sicher ein [8]. Dass Stoffe für manche Lebewesen giftig sind, während andere damit keinerlei gesundheitliche Probleme haben, ist zum Beispiel bei Haustieren bekannt. So ist Schokolade für Hunde und Katzen giftig, da sie das darin enthaltene Theobromin nicht verstoffwechseln können. Für Menschen ist Schokolade – zumindest in Maßen genossen – bekannterweise nicht gefährlich.

Die Studien im Detail

Eine EU-Verordnung verpflichtet die EFSA, die Sicherheit sämtlicher vor dem Jahr 2009 zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe neu zu bewerten. Auch Aspartam ist keine Ausnahme.
Für eine umfassende Beurteilung suchten EFSA-Wissenschaftler nach allen verfügbaren Studien. Dabei berücksichtigten sie Studien an Zellen im Reagenzglas (in vitro-Studien) genauso wie Tierversuche zur möglichen Giftigkeit und Untersuchungen an Menschen über kurze sowie lange Zeiträume. Um den Vorgang transparent zu machen, bat die EFSA auch Experten aus der Öffentlichkeit um ihre Mithilfe, bisher unbekannte Studien zu finden [9]. Das Ergebnis ist eine umfassende systematische Übersichtsarbeit, in der die Forscher auf alle gefundenen Studien detailliert eingehen [1]. Auch zwei Studien, die erst nach Abschluss der öffentlichen Einspruchsrunde bekannt wurden, arbeiteten die Wissenschaftler ein [10]. Dabei konnten sie alle Arbeiten, die vermeintlich auf eine gesundheitsschädliche oder krebsfördernde Wirkung hinwiesen entkräften.

[1] European Food Safety Authority (EFSA) (2013)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit
Fragestellung: Ist Aspartam gesundheitlich bedenklich?
Mögliche Interessenskonflikte: keine angegeben

EFSA ANS Panel (EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to food), 2013. Scientific Opinion on the re-evaluation of aspartame (E 951) as a food additive. EFSA Journal 2013;11(12):3496, 263 pp. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[2] US Food and Drug Administration (FDA). Abgerufen am 25.11.2014 unter http://www.fda.gov/Food/IngredientsPackagingLabeling/FoodAdditivesIngredients/ucm397725.htm#Aspartame

[3] Toxnet
Sodium Chloride. Abgerufen am 24.11.2014 unter http://chem.sis.nlm.nih.gov/chemidplus/rn/7647-14-5

[4] Toxnet.
Water. Abgerufen am 24.11.2014 unter http://chem.sis.nlm.nih.gov/chemidplus/rn/7732-18-5

[5] Bodamer OA (2014).
Overview of phenylketonuria. In TePas E (ed.). UpToDate. Abgerufen am 19. 11.2014 unter http://www.uptodate.com/contents/overview-of-phenylketonuria

[6] Bundesinstitut für Risikobewertung (2014).
Bewertung von Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen. Hintergrundinfromation Nr. 025/2014 des BfR vom 1. Juli 2014. Abgerufen am 19.11.2014 unter http://www.bfr.bund.de/cm/343/bewertung_von_suessstoffen.pdf

[7] US Food and Drug Administration (FDA)
Abgerufen am 24.11.2014 unter http://www.fda.gov/downloads/Food/IngredientsPackagingLabeling/FoodAdditivesIngredients/UCM404344.pdf

[8] World Health Organisation (WHO) (1999).
Saccharin and its Salts. IARC Monogr Eval Carcinog Risks Hum. 1999;73:517-624. http://monographs.iarc.fr/ENG/Monographs/vol73/mono73-24.pdf

[9] European Food Safety Authority (EFSA) (2013).
Abgerufen am 24.11.2014 unter http://www.efsa.europa.eu/de/supporting/pub/523e.htm

[10] European Food Safety Authority (EFSA) (2013).
Abgerufen am 24.11.2014 unter http://www.efsa.europa.eu/de/efsajournal/pub/3504.htm

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 27. 11. 2014. Wir konnten keine relevanten Studien finden, die seitdem veröffentlicht wurden.

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