Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Schröpfen gegen Schmerzen: Wirkung unklar

Angeblich soll Schröpfen chronische Nacken-und Rückenschmerzen lindern. Bisher finden sich jedoch keine aussagekräftigen Studien, die das belegen können.

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Lindert Schröpfen chronische Nacken- und Rückenschmerzen?

Bisherige Studien sind von zu geringer Qualität, um eine aussagekräftige Antwort zu geben.

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© redcurryduck - iStockphoto.com Schröpf-Behandlung
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Der traditionellen, chinesischen Medizin-Lehre zufolge sollen kugelförmige Gläser – mittels Unterdruck an der Haut angesaugt – angeblichSchmerzen lindern können. Die Rede ist vom sogenannten Schröpfen. Die Methode ist bereits mehr als 2000 Jahre alt und wurde früher nicht nur in China, sondern auch verschiedenen anderen Kulturkreisen praktiziert. Durch den medizinischen Fortschritt geriet sie allmählich in Vergessenheit, dennoch hat sie auch heute noch ihre Anhänger.

In westlichen Ländern wird am häufigsten das „trockene Schröpfen“ angewendet. Dabei werden mehrere Schröpfköpfe – so der Name der dabei verwendeten Glasgefäße – mit Unterdruck an bestimmten Punkten auf der Haut angesaugt. Zur Lokalisierung der Punkte werden zuerst Muskelverhärtungen und andere auffällige Stellen ertastet. Auf diese Punkte werden dann die Schröpfköpfe angesetzt und für ca. 15 Minuten sitzen gelassen. Während der Behandlung wird die Haut durch das Vakuum etwas angesaugt – dies soll die Durchblutung anregen und angeblich heilsame Kräfte wirksam werden lassen.

Die Behandlung mit den Schröpfköpfen verursacht keine Schmerzen und wird von Patienten oft als entspannend beschrieben. Jedoch kann es nach einer Sitzung zu Rötungen, Blutergüssen und auch blauen Flecken an den behandelten Stellen kommen. Für gewöhnlich heilen diese aber nach 2-3 Tagen wieder ab.

Blutig oder trocken

Neben dem „trockenen Schröpfen“ sind auch das „blutige Schröpfen“ und die Schröpfmassage gängige Therapiemethoden. Beim blutigen Schröpfen wird die Haut vor dem Aufsetzen des Glases leicht angeritzt. Durch den entstehenden Unterdruck kommt es zu einer leichten Blutung.

Ob nun blutig oder trocken geschröpft wird, soll der zugrundeliegenden Philosophie zufolge abhängig von der zu behandelnden Krankheit sein. Schröpfen soll bei vielen verschiedenen Krankheitsbildern und Symptomen Hilfe bieten können. Häufig suchen Patienten mit Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Menstruationsbeschwerden aber auch bei Husten einen Alternativmediziner auf, der Schröpftherapie anbietet.

Studien zu Schröpfen nicht aussagekräftig

Besonders Personen mit Rücken- und Nackenschmerzen hoffen ihre Schmerzen mit einer Schröpftherapie lindern zu können. Was ist dran an dieser Behauptung? Kann die Schröpftherapie Schmerzen tatsächlich reduzieren?

Studien, die sich mit Schröpftherapie und deren Wirkung beschäftigen, gibt es viele [1-6]. Etliche darunter haben auf den ersten Blick vielversprechende Ergebnisse, die Hoffnung machen. Die wissenschaftliche Qualität dieser Studien ist jedoch sehr gering, die Ergebnisse sind kaum aussagekräftig. Ob Schröpfen bei Nacken- und Rückenschmerzen helfen kann, können sie somit nicht beantworten.

Hauptproblem ist, dass die Teilnehmenden dieser Studien wussten, dass sie eine Schröpf-Behandlung erhalten. Allein die Erwartung, dass das Schröpfen wirkt, kann aber die Rücken- und Nackenschmerzen lindern. Aussagekräftigere Ergebnisse könnten in Zukunft Studien liefern, die Schröpfen mit einer sicher wirkungslosen Schein-Schröpftherapie vergleichen – und zwar ohne dass die teilnehmenden Personen wissen, welche der beiden Behandlungen sie bekommen. Nur so ließen sich Erwartungseffekte von einer möglicherweise tatsächlich vorhandenen Wirkung getrennt untersuchen.

Die Studien im Detail

Obwohl es viele Studien mit vorsichtigen Hinweisen auf die Wirksamkeit von Schröpfen bei chronischen Nacken- und Rückenschmerzen gibt, lässt sich dies bis heute nicht ausreichend wissenschaftlich beweisen. Die vorhandenen Studien sind von zu schlechter Qualität um eine eindeutige Aussage treffen zu können.

Für eine systematische Übersichtsarbeit fasste eine Gruppe von Wissenschaftlern die Ergebnisse aller bis zum Jahr 2010 veröffentlichten Studien dazu zusammen. Dabei kamen die Autoren zu dem Schluss, dass eine Wirksamkeit der Schröpftherapie bei Schmerzen nicht ausgeschlossen werden kann. Auf Grund der meist schlecht durchgeführten Studien lässt sich dies jedoch auch nicht eindeutig belegen [1].

Eine randomisiert-kontrollierte Studie aus dem Jahr 2011 untersuchte 50 Patienten mit chronischen Nackenschmerzen. Nach fünf Schröpfbehandlungen stellten die Autoren eine Schmerzreduktion gegenüber den unbehandelten Patienten fest [2]. Ob die Behandlung allerdings tatsächlich besser wirkte als eine Scheinbehandlung, wurde bei dieser Studie nicht untersucht.

Neuere Studien

Eine randomisiert-kontrollierte Studie mit 39 Patienten, welche an Rückenschmerzen litten, brachte kein eindeutiges Ergebnis. Sie konnte die Wirkung weder bestätigen noch ausschließen [3]. Auch eine randomisiert-kontrollierte Studie aus dem Jahr 2013 [4] führte nur zu unklaren Resultaten. 61 Patienten mit chronischen Nackenschmerzen gaben zwar an, sich nach 12 Wochen Schröpftherapie wohler zu fühlen als Patienten, die Muskelentspannungstherapie bekamen. Die Schmerzen waren allerdings im Vergleich zu dieser nach Behandlungsende nicht geringer.

Eine weitere randomisiert-kontrollierte Studie aus dem Jahr 2015 bringt ebenfalls kein Licht ins Dunkel [5]. Zwar berichteten die geschröpften Teilnehmer von einer leichten Besserung ihrer Rückenschmerzen. Ob dies allerdings tatsächlich das Ergebnis des Schröpfens war oder doch die Vorstellungskraft der Patienten dazu beigetragen hat, bleibtaufgrund der fehlenden Verblindung unklar. Somit können ein Placeboefekt und eine damit verbundene Verzerrung der Studienergebnisse nicht ausgeschlossen werden.

In der derzeit aktuellsten Studie aus dem Jahr 2017 empfanden jene Patienten, die geschröpft wurden, ihre Nackenschmerzen als weniger schlimm als Teilnehmer, die nur bei ihrer laufenden Therapie blieben [6]. Doch auch in dieser Arbeit wurden die Teilnehmer nicht verblindet und es lässt sich nicht ausschließen, dass eventuell zusätzlich eingenommene Medikamente die Ursache für eine Schmerzlinderung waren.

[1] Cao u.a. (2012)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 135 randomisiert-kontrollierte Studien
Fragestellung: Effekte von Schroepftherapie auf unterschiedliche Krankheistbilder und Symptome
Mögliche Interessenskonflikte: keine

Titel: „An updated review of the efficacy of cupping therapy“. PLoS One. 2012;7(2):e31793. Epub 2012 Feb 28. (Studie im Volltext)

[2] Lauche u.a. (2011)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 50 Patienten mit chronishcen Nackenschmerzen
Studiendauer: 25 Tage mit einem 2 wöchigen Behandlungszyklus (5 Schroepfbehandlungen)
Fragestellung: Kann eine mehrmalige Schröpfbehandlung chronische Nackenschmerzen lindern?
Mögliche Interessenskonflikte: keine

Titel: „The influence of a series of five dry cupping treatments on pain and mechanical thershold in patients with chronic non-specific neck pain – a randomised controlled pilot study.“ BMC Complement Altern Med. 2011 Aug 15;11:63. (Studie im Volltext)

[3] Kim u.a. (2011)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 32 Patienten mit Rückenschmerzen
Studiendauer: 2 Wochen mit je 3 Behandlungen,
Fragestellung: Hilft eine Schröpftherapie Patienten mit Rückenschmerzen?
Mögliche Interessenskonflikte: keine

Titel: „Evaluation of wet-cupping therapy for persistent non-specific low back pain: a randomised, waiting list controlled, open-label, parallel-group pilot trial.“ Trials. 2011 Jun 10;12:146. (Studie im Volltext)

[4] Lauche u.a. (2013)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 61 Patienten mit chronischen Nackenschmerzen
Studiendauer: 12 Wochen
Fragestellung: Kann eine mehrmalige Schröpfbehandlung chronische Nackenschmerzen besser lindern als Muskelentspannungstherapie?
Mögliche Interessenskonflikte: keine

Lauche R, Materdey S, Cramer H, Haller H, Stange R, Dobos G, Rampp T. Effectiveness of home-based cupping massage compared to progressive muscle relaxation in patients with chronic neck pain–a randomized controlled trial. PLoS One. 2013 Jun 7;8(6):e65378. (Studien in voller Länge)

[5] AlBedah, A., et al. (2015)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 80 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen
Studiendauer: 2 Wochen
Fragestellung: Kann eine mehrmalige Schröpfbehandlung chronische Rückenschmerzen besser lindern als keine Therapie?
Mögliche Interessenskonflikte: keine

AlBedah A, Khalil M, Elolemy A, Hussein AA, AlQaed M, Al Mudaiheem A, Abutalib RA, Bazaid FM, Bafail AS, Essa A, Bakrain MY. The Use of Wet Cupping for
Persistent Nonspecific Low Back Pain: Randomized Controlled Clinical Trial. J Altern Complement Med. 2015 Aug;21(8):504-8. (Studie in voller Länge)

[6] Saha u.a. (2017)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 50 Patienten mit chronischen Nackenschmerzen
Studiendauer: 3 Wochen
Fragestellung: Kann eine mehrmalige Schröpfbehandlung chronische Nackenschmerzen lindern?
Mögliche Interessenskonflikte: keine

Saha FJ, Schumann S, Cramer H, Hohmann C, Choi KE, Rolke R, Langhorst J, Rampp T, Dobos G, Lauche R. The Effects of Cupping Massage in Patients with Chronic
Neck Pain – A Randomised Controlled Trial. Complement Med Res. 2017;24(1):26-32. (Zusammenfassung der Studie)

Aktualisiert, ursprünglich veröffentlicht 27. 9. 2012

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