Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Salz als Blutdruck-Treiber

Wer wenig Salz isst, tut etwas Gutes für seinen Blutdruck. Dass eine salzarme Ernährung auch das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Co. senkt, ist aber nur schwach abgesichert.

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Senkt eine salzärmere Ernährung die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Eine salzärmere Ernährung trägt nachweislich dazu bei, einen erhöhten Blutdruck etwas zu senken. Dass es dadurch zu einer verringerten Wahrscheinlichkeit kommt, an einem Schlaganfall oder den Folgen verengter Herzgefäße wie zum Beispiel Herzinfarkt zu sterben, ist möglich, aber nicht gesichert.

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© BillionPhotos.com - fotolia.com Wir essen zu viel Salz - das könnte unsere Gesundheit gefährden
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Dass Salzstangen oder Kartoffelchips eine ordentliche Portion Salz enthalten, überrascht nicht. Aber auch in weniger offensichtlichen Lebensmitteln steckt viel Salz: zum Beispiel in Brot oder Gebäck, Würsten, Käse und Fertignahrung. Neun bis zwölf Gramm Salz nehmen wir laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in westlichen Ländern täglich zu uns, das sind eineinhalb bis zwei Teelöffel. Die WHO und andere Organisationen empfehlen aber höchstens fünf bis sechs Gramm, also ein Teelöffel pro Tag [6,7].

Hintergrund für diese Empfehlung ist, dass zu viel Salz den Blutdruck erhöhen und dadurch schädlich für unsere Herzgesundheit sein soll. Was steckt dahinter? Senkt eine salzärmere Ernährung tatsächlich die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Zusammenhang möglich

Derartige Fragestellungen beantworten Wissenschaftler mit systematischen Übersichtsarbeiten, in denen sie die Ergebnisse aller relevanten Einzelstudien zu einer Fragestellung zusammenfassen. So ergibt sich ein vollständigeres Bild der wissenschaftlichen Beweislage.

Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation WHO haben sich für eine solche Übersichtsarbeit mehrere Beobachtungsstudien zu dem Thema angeschaut. Die Verfasser dieser Untersuchungen haben viele Menschen befragt, ob sie üblicherweise viel oder wenig Salz zu sich nehmen. Gleichzeitig haben sie die Herzgesundheit dieser Menschen über viele Jahre hinweg beobachtet.

Bei der zusammenfassenden Analyse dieser Beobachtungsstudien fanden die WHO-Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Salz und Herzgesundheit: Menschen, die über einen hohen Salzkonsum berichteten, starben in den Studien eher an Schlaganfall oder Herzerkrankungen, als die, bei denen laut eigenen Angaben weniger Salz auf dem Speiseplan stand [2]. Dass Salz-Liebhaber durchschnittlich häufiger Schlaganfälle erleiden, haben auch schon frühere Übersichtsarbeiten beobachtet [3,4].

Ob wirklich das viele Salz im Essen der Grund für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen war, lässt sich damit jedoch nicht zweifelsfrei klären. Solche Beobachtungsstudien können nämlich nicht ausschließen, dass in Wirklichkeit andere Gründe für die häufigeren Herz-Kreislauf-Notfälle verantwortlich waren. So könnte es beispielsweise sein, dass Menschen, die mehr Stress im Leben haben, weniger auf ihre Gesundheit achten, und daher nicht auf Salz verzichten und beispielsweise auch kaum Sport treiben. Stress und Bewegungsarmut aber sind bekannt dafür, den Blutdruck in die Höhe zu treiben.

Unsichere Daten

Verlässlichere Erkenntnisse können randomisiert-kontrollierte, klinische Studien liefern. In solchen Studien werden die Teilnehmer per Zufall in eine von zwei Gruppen gelost. Die Teilnehmer der einen Gruppe bekommen eine salzarme Diät verordnet, die die Studienleiter auch bis zum Ende der Untersuchung kontrollieren. Die andere Gruppe ernährt sich weiter wie gewohnt. Am Ende vergleichen die Forscher dann die Gesundheit beider Gruppen.

In einer eigenen systematischen Übersichtsarbeit haben Wissenschaftler des Cochrane-Netzwerks die Ergebnisse solcher klinischen Studien zusammengefasst. Das Ergebnis: Eine salzarme Ernährung scheint die Wahrscheinlichkeit für Herzkreislauf-Erkrankungen tatsächlich verringern zu können. In einer der analysierten Studien bekamen innerhalb von zweieinhalb Jahren 12 von 100 Teilnehmern ohne Ernährungsumstellung einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine andere Herz-Kreislauf-Erkrankung. Unter denjenigen, die ihren Salzkonsum reduziert hatten, waren es jedoch nur rund 9 von 100 [1] (Tone 1998).

Das Ausmaß der Wirkung war mit derjenigen der anderen analysierten Studien vergleichbar. Die Daten stehen allerdings auf wackeligen Beinen, da die Autoren der Übersichtsarbeit nur wenige hochwertige Studien für ihre Analyse gefunden haben. Dadurch sind die Ergebnisse sehr ungenau. Eine sicherere Abschätzung werden daher erst zukünftige Studien an mehr Teilnehmern erlauben.

Unbestritten: Salzreduktion senkt Blutdruck

Es ist dennoch nicht abwegig, das Speisesalz zu verdächtigen. Wer seinen Salzkonsum reduziert, kann mittelfristig nämlich den Blutdruck senken. Das gilt nicht nur für Menschen mit deutlich erhöhtem Blutdruck, sondern auch für solche mit Blutdruckwerten im Normalbereich, und zwar unabhängig von ethnischer Herkunft und Geschlecht [5]. Bluthochdruck schädigt auf Dauer Gefäße und Herz und erhöht mitunter die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Das muss zwar nicht der Fall sein, doch hoher Blutdruck ist ein bekannter Risikofaktor für diese Erkrankungen.

Etwa die Hälfte aller Erwachsenen hat einen erhöhten Blutdruck, Männer etwas häufiger als Frauen [8]. Blutdruckwerte werden immer als Zahlenpaar angegeben: der höhere Wert (systolischer Blutdruck) ist der Druck, den das Herz benötigt, um das Blut durch den Körper zu pressen. Der niedrigere Wert (diastolischer Blutdruck) entspricht dem Druck, der in den Blutgefäßen herrscht, wenn das Herz erschlafft, um sich erneut mit Blut zu füllen. Als Bluthochdruck bezeichnen Mediziner Werte, bei denen der obere Wert über 140 mmHg und/oder der untere über 90 mmHg liegen.

Die merkwürdig aussehende Einheit für den Blutdruck heißt „Millimeter Quecksilber“. Beim Senken des Risikos für Folgeerkrankungen durch hohen Blutdruck kann eine salzärmere Ernährung helfen. Reduziert man seinen Salzkonsum um durchschnittlich sechs Gramm (einen Teelöffel) täglich, kann man den systolischen Wert um durchschnittlich fünf bis sechs Millimeter Quecksilbersäule und den diastolischen Wert um durchschnittlich ein bis drei Millimeter Quecksilbersäule senken. Das ist eine durchaus relevante Reduktion, vergleichbar mit dem Effekt einer Gewichtsreduktion [8].

Die Autoren einer weiteren systematischen Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration [5] empfehlen deshalb , dass am Tag nicht mehr als fünf bis sechs Gramm (ein Teelöffel) Salz pro Tag auf dem Speiseplan stehen sollten. Besser wäre es nach Angaben der Forscher nur einen halben Teelöffel, also etwa drei Gramm Salz zu essen. Negative Auswirkungen etwa auf die Blutfettwerte oder den Hormonspiegel hat das nicht [5].

Relevante Blutdrucksenkung möglich

Wissenschaftlich fundierte Tipps für eine salzärmere Ernährung gibt das Deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) auf seiner wissenschaftlich geprüften Gesundheitsinformationsseite. Zusätzliche Möglichkeiten, um den Blutdruck und damit das Risiko für Folgeerkrankungen zu verringern, sind neben Gewichtsabnahme, mehr Sport, auf übermäßigen Alkoholkonsum und Rauchen zu verzichten und Stress zu vermeiden [8].

[1] Taylor u.a. (2014)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse der Cochrane Collaboration
Eingeschlossene Studien: 8 randomisiert-kontrollierte Studien
Studienteilnehmer insgesamt: 7284
Fragestellung: Führt eine kochsalzärmere Ernährung zu weniger Herzkreislauferkrankungen?
Mögliche Interessenkonflikte: keine laut Autoren

Adler AJ, Taylor F, Martin N, Gottlieb S, Taylor RS, Ebrahim S. Reduced dietary salt for the prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 12. Art. No.: CD009217. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Aburto u.a. (2013)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 14 Kohortenstudien und 5 randomisiert-kontrollierte Studien zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, 37 randomisiert-kontrollierte Studien zu Bluthochdruck und Blutwerten
Fragestellung: Ist eine kochsalzreduzierte Ernährung mit gesundheitlichen Vorteilen verbunden?
Mögliche Interessenkonflikte: keine angeführt

Aburto NJ, Ziolkovska A, Hooper L, Elliott P, Cappuccio FP, Meerpohl JJ. Effect of lower sodium intake on health: systematic review and meta-analyses. BMJ. 2013 Apr 3;346:f1326. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[3] Li u.a. (2012)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 12 Kohortenstudien
Studienteilnehmer insgesamt: 225 693
Fragestellung: Ist eine kochsalzreiche Ernährung mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle verbunden?
Mögliche Interessenkonflikte: keine angeführt

Li XY, Cai XL, Bian PD, Hu LR. High salt intake and stroke: meta-analysis of the epidemiologic evidence. CNS Neurosci Ther. 2012 Aug;18(8):691-701. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[4] Strazzullo u.a. (2009)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 13 Kohortenstudien
Studienteilnehmer insgesamt: 177 025
Fragestellung: Ist eine kochsalzreichere Ernährung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Herzkreislauferkrankungen verbunden?
Mögliche Interessenkonflikte: keine angeführt

Strazzullo P, D’Elia L, Kandala NB, Cappuccio FP. Salt intake, stroke, and cardiovascular disease: meta-analysis of prospective studies. BMJ. 2009 Nov 24;339:b4567. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[5] He u.a. (2013)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 34 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 3230
Fragestellung: Bewirkt eine kochsalzreduzierte Ernährung eine Senkung des Blutdrucks?
Mögliche Interessenkonflikte: keine angeführt

He FJ, Li J, MacGregor GA. Effect of longer-term modest salt reduction on blood pressure. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 4. Art. No.: CD004937. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[6] Kaplan NM (2016). Salt intake, salt restriction, and primary (essential) hypertension. UpToDate. In Forman JP (ed.). Abgerufen am 5. 8. 2016 unter: http://www.uptodate.com/contents/salt-intake-salt-restriction-and-primary-essential-hypertension

[7] Joint WHO/FAOexpert consultation on diet, nutrition and the prevention of chronic diseases. 2003, Geneva. Erhältlich unter http://www.who.int/dietphysicalactivity/publications/trs916/en/

[8] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2012). Bluthochdruck: Hilft es, weniger Kochsalz zu sich zu nehmen? Abgerufen am 5. 8. 2016 unter: www.gesundheitsinformation.de/bluthochdruck.2083.de.html

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 17. 7. 2013. Eine aktualisierte Version einer Übersichtsarbeit [1] ändert nichts an der Aussage.

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