Osteoporose: Vibrationen gegen Knochenbrüche?

Ein Training auf Vibrationsplattformen soll Menschen mit Osteoporose helfen. Wir haben recherchiert, ob sanftes Rütteln das Risiko für Knochenbrüche reduziert.

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Ist die Ganzkörper-Vibrationstherapie wirksam, um Knochenbrüche bei Osteoporose-Betroffenen zu vermeiden?

Wir haben keine Studien gefunden, die untersucht haben, ob sich Vibrationstraining auf das Knochenbruch-Risiko bei Menschen mit Osteoporose auswirkt. Daher können wir keine Einschätzung treffen.

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© eranicle - shutterstock.com Good vibrations? Ob sanftes Rütteln gegen Knochenbrüche bei Osteoporose hilft, ist unklar.
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In Österreich sind manchen Schätzungen zufolge 750.000 Personen über 50 von Osteoporose betroffen, davon mehr als 600.000 Frauen [7]. Ein Ansatz zur Behandlung von Osteoporose soll das Ganzkörper-Vibrationstraining sein.

Dabei stehen die Betroffenen auf einer vibrierenden Plattform und halten sich an Griffen fest. Das sanfte Rütteln geht durch den ganzen Körper. Ziel des Trainings: Die Vibration soll die Knochen und die Muskulatur stärken.

Weniger Knochenbrüche durch Vibration?

Haben Menschen mit Osteoporose durch das Vibrationstraining einen merklichen Nutzen? Wir haben uns auf die Suche nach gut gemachten wissenschaftlichen Studien gemacht, um zu erfahren, wie der aktuelle Stand des Wissens ist. Konkret wollten wir wissen, ob sich das Risiko für Knochenbrüche durch das Vibrationstraining verändert.

Bei unserer Suche sind wir zuerst auf etliche Untersuchungen gestoßen. Dies zeigt, dass es offenbar in der Wissenschaft Interesse an der Erforschung des Ganzkörper-Vibrationstrainings als Osteoporose-Gegenmittel gibt.

Allerdings konnten wir keine einzige Studie finden, in der Forscherinnen und Forscher ausgewertet haben, ob Osteoporose-Betroffene mit Vibrationstraining seltener (oder häufiger) Knochenbrüche erleiden. Das heißt, wir können weder bestätigen noch ausschließen, dass das Vibrationstraining in diesem Sinne wirksam ist.

Indirekte Hinweise – nicht verlässlich

Wir sind lediglich auf Studien gestoßen, die diese Frage indirekt untersucht haben. So hat eine Studie zwar die Auswirkung auf Knochenbrüche untersucht, nicht jedoch bei Osteoporose-Erkrankten. Die Knochendichte der Teilnehmerinnen war zwar vermindert, es handelte sich aber (noch) nicht um Osteoporose. Unsere Frage könnte die Studie daher höchstens eingeschränkt beantworten. Da im Studienverlauf bei nur wenigen Frauen Knochenbrüche aufgetreten sind, sind die Ergebnisse ohnehin nicht aussagekräftig.

Anstelle der Auswirkung auf Knochenbrüche untersuchten einige Studien, ob Vibrationstraining bei das Sturz-Risiko bei älteren Menschen verringert. Darauf gibt es vorsichtige Hinweise [6]. Da die Teilnehmenden auch hier nicht von Osteoporose betroffen waren, sind die Ergebnisse jedoch nicht auf Personen mit der Knochenkrankheit übertragbar.

Etliche Studien haben überhaupt nur Veränderungen der Knochendichte gemessen [5]. Doch die Knochendichte alleine ist nicht sonderlich gut geeignet, um verlässlich Auskunft über das Knochenbruch-Risiko bzw. den Nutzen des Vibrationstrainings zu geben [4].

Offene Fragen

Da Osteoporose ein wichtiges Gesundheitsproblem ist und bei Betroffenen wohl Interesse am Vibrationstraining besteht, wäre mehr Forschung durchaus relevant. Folgende Fragen sollten dabei u.a. geklärt werden:

  • Wie groß ist der vermutete Effekt? Wirkt er sich auf Alltag und Leben der Betroffenen aus?
  • Wie stark und schnell sollten die Vibrationen sein? Welche Qualitätsmerkmale sollten die Maschinen haben?
  • Wie lang und oft sollten die Betroffenen üben? Wie genau sollten die Übungen aussehen – in welcher Abfolge?
  • Welche unerwünschten Nebenwirkungen kann das Training haben? Für welche Personen ist es nicht geeignet oder sogar gefährlich?
  • Ist das Vibrationstraining als alleinige Behandlung geeignet oder sollte es besser in Kombination mit anderen Therapien absolviert werden?
  • Was halten die Betroffenen vom Training: Gehen sie regelmäßig hin, können sie ihren Trainingsplan einhalten? Bevorzugen sie es gegenüber anderen Behandlungsformen?
  • Ist ein Üben alleine zuhause sicher und wirksam? Oder gibt es bessere Erfolge, wenn unter professioneller Anleitung trainiert wird?
  • Profitieren alle Knochenstrukturen gleichermaßen – oder gibt es Regionen, die besser auf die Vibrationen ansprechen?

Rütteln gegen Osteoporose

Das Training mit den vibrierenden Plattformen war ursprünglich als Mittel gegen den Knochenschwund bei Astronautinnen und Astronauten gedacht. Heute werden Vibrations-Plattformen von diversen Herstellern gegen Osteoporose angeboten. Wie rasch und wie stark die Vibrationen erfolgen, kann an den Geräten reguliert werden [3].

Brüchige Knochen

Bei einer Osteoporose schwindet die Knochenmasse übermäßig. Dies schwächt die Stabilität der Knochen. Das Risiko für Knochenbrüche steigt. Schon kleinere Stürze oder Stöße können Brüche („Frakturen“) auslösen. Gefährdete Stellen sind zum Beispiel Hüfte, Handgelenke, Wirbelsäule, Oberarme und Oberschenkel.

Frauen, insbesondere nach der Menopause (letzte Regelblutung), sind häufiger betroffen als Männer. Bei ihnen begünstigen hormonelle Veränderungen den krankhaften Knochenschwund.

Was tun?

Personen mit Osteoporose bekommen u.a. Mittel mit Vitamin D und Kalzium. Es steht auch eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung.

Aber es gibt auch nicht-medikamentöse Ansätze wie flottes Gehen („Walking“) oder Krafttraining, die dem Knochenschwund entgegenwirken und das Risiko für Knochenbrüche reduzieren sollen. Doch gerade bei diesen Bewegungsaktivitäten ist das Sturzrisiko erhöht [1,2,4].

Mehr zum Thema Osteoporose erfahren Sie auf den Seiten von Gesundheitsinformation.de [4].

Die Studien im Detail

Wir konnten keine Studien finden, die untersucht haben, ob das Vibrationstraining wirksam ist, um das Risiko für Knochenbrüche bei Menschen mit Osteoporose zu senken. Wir haben lediglich Studien gefunden, die an diese Fragestellung indirekt herangegangen sind.

So hat eine Studie zwar die Auswirkung von Vibrationstraining auf Knochenbrüche untersucht. Die Teilnehmerinnen hatten jedoch keine Osteoporose, sondern lediglich eine verringerte Knochendichte [8]. Der Knochenschwund war jedoch zu wenig gravierend, um als Osteoporose diagnostiziert zu werden. Die 710 Teilnehmerinnen wurden per Zufall einer von zwei Gruppen zugeteilt: die Hälfte nahm regelmäßig an einem Vibrationstraining teil, die andere Hälfte nicht.

Im Laufe von 18 Monaten Training (für 20 Minuten, 5 Mal pro Woche) kam es bei 12 Teilnehmerinnen zu Knochenbrüchen: bei 4 in der Vibrationstrainings-Gruppe, und bei 8 in der Gruppe ohne Training. Aufgrund der geringen Anzahl an betroffenen Personen lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass der Unterschied nur zufallsbedingt ist. Auf Frauen mit Osteoporose lassen sich die Ergebnisse zudem nicht umlegen.

Ein dänisch-britisches Wissenschaftsteam wollte wissen, ob Vibrationstraining statt Knochenbrüchen Stürzen bei älteren Personen vorbeugen kann. In einer systematischen Übersichtsarbeit [6] fassten sie alle Studien zusammen, die dazu bis April 2016 veröffentlicht worden waren.

Insgesamt fanden sie vier Studien. Deren zusammengefasste Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Vibrationstraining das Sturzrisiko verringern kann. Auf Frauen mit Osteoporose lassen sich die Ergebnisse jedoch nicht umlegen. Denn einerseits nahmen auch Männer an den Studien teil, und andererseits hatten die Testpersonen keine Osteoporose-Diagnose. Die Übersichtsarbeit lässt also keine direkten Schlüsse auf das Knochenbruchrisiko bei Osteoporose zu. Aber sie macht eine gewisse Wirksamkeit einigermaßen plausibel, die noch im Detail erforscht werden muss.

[1] Lorenzen u.a. (2010)
Whole body vibration for preventing and treating osteoporosis (Protocol).
Cochrane Database of Systematic Reviews 2010, Issue 3. Art. No.: CD008417.
(Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Uptodate (2021)
Patient education: Osteoporosis prevention and treatment (Beyond the Basics) Abgerufen am 28. 4. 2021 unter www.uptodate.com

[3] National Osteoporosis Society (2017)
Vibration therapy and osteoporosis Abgerufen am 28. 4. 2021 unter theros.org.uk

[4] IQWIG (2018)
Insitut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2018). Osteoporose. Abgerufen am 31. 3. 2021 unter www.gesundheitsinformation.de

[5] Rahimi u.a. (2020)
Mohammad Rahimi GR, Smart NA, Liang MTC, et al. The Impact of Different Modes of Exercise Training on Bone Mineral Density in Older Postmenopausal Women: A Systematic Review and Meta-analysis Research. Calcif Tissue Int. 2020 Jun;106(6):577-590. (Zusammenfassung der Studie)

[6] Jepsen u.a. (2020)

Jepsen DB, Thomsen K, Hansen S, Jørgensen NR, Masud T, Ryg J. Effect of whole-body vibration exercise in preventing falls and fractures: a systematic review and meta-analysis. BMJ Open. 2017 Dec 29;7(12):e018342. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[7] Gesundheit.gv.at
Osteoporose. Abgerufen am 12. 4. 2021 unter www.gesundheit.gv.at

[8] Leung u.a. (2014)
Leung KS, Li CY, Tse YK, Choy TK, Leung PC, Hung VW, Chan SY, Leung AH, Cheung WH. Effects of 18-month low-magnitude high-frequency vibration on fall rate and fracture risks in 710 community elderly–a cluster-randomized controlled trial. Osteoporos Int. 2014 Jun;25(6):1785-95. (Zusammenfassung der Studie)

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