Mariendistel gegen Fettleber unbelegt

Die Mariendistel und ihr Wirkstoff Silymarin sollen bei nicht-alkoholischer Fettleber helfen. Wissenschaftliche Belege dafür fehlen jedoch.

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Review:  Jana Meixner 

Ist Mariendistelextrakt eine wirksame Behandlung für die nicht-alkoholische Fettleber (NAFLD)?

Es wurde zwar in einigen kleinen Studien untersucht, ob Mariendistel-Extrakt die Leberwerte bei nicht-alkoholischer Fettleber verbessern kann. Diese Studien scheinen einen kleinen Effekt von Mariendistel-Extrakt zu zeigen. Die Studien haben jedoch grobe Mängel und sind wenig aussagekräftig. Zudem waren die beobachteten Verbesserungen so gering, dass ein Nutzen für die Gesundheit fraglich ist.

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Nahaufnahme der violetten Blüte der Mariendistel. Die Mariendistel ist zwar hübsch – ob sie bei Fettleber hilft, ist aber unklar.
© Zcebeci / Creative Commons BY-SA 4.0

Eine Fettleber tut nicht weh und wird häufig nur durch Zufall festgestellt. Bei einer Fettleber enthält das Lebergewebe zu viel Fett. Die häufigste Form ist die sogenannte nicht-alkoholische Fettleber. Alkoholkonsum ist dabei nicht im Spiel, stattdessen steht die nicht-alkoholische Fettleber in Zusammenhang mit Übergewicht und erhöhten Blutfettwerten. Wodurch genau sie entsteht, ist aber unklar.

Wenn sich eine Fettleber verschlimmert, kann daraus eine Leberzirrhose werden – die Leber vernarbt und kann nicht mehr richtig arbeiten. Eine Leberzirrhose ist nicht mehr heilbar. Eine Fettleber dagegen kann wieder rückgängig gemacht werden. Die Mariendistel kann dabei angeblich helfen [2,4,5,6].

Aussagekräfte Studien fehlen

Wir haben uns auf die Suche nach aussagekräftigen Studien gemacht, die das belegen können – doch ohne Erfolg.

Es gibt zwar Studienergebnisse, die darauf hindeuten, dass der Mariendistel-Wirkstoff Silymarin die Leberwerte AST und ALT ein wenig senken könnte [1]. Aber unser Vertrauen in diese Studienergebnisse ist sehr gering, denn die Studien hatten grobe Mängel und nur sehr wenige Teilnehmende (siehe „Die Studien im Detail“).

Außerdem: Die Verbesserungen der Leberwerte in den Studien waren sehr gering. Ob diese kleine Verbesserung der Leberwerte das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung senken könnte, ist unklar. Aussagekräftige Ergebnisse aus Studien, die Gewebeproben (Leber-Biopsien) untersucht haben, fehlen dazu [1]. Daher empfiehlt die Deutsche Fachgesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten die Präparate nicht [4].

Mariendistel kann auf den Magen schlagen

Die Einnahme von Mariendistel-Präparaten kann zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Sodbrennen und Magenbeschwerden führen [7].

Die Fettleber und ihre möglichen Folgen

Fachleute sprechen von einer nicht-alkoholischen Fettleber, wenn vermehrt Fett in die Leber eingelagert ist und die Ursache dafür nicht in übermäßigem Alkoholkonsum liegt. Von der nicht-alkoholischen Fettleber sind meist übergewichtige Personen betroffen, in seltenen Fällen aber auch Menschen mit Normalgewicht. Wie genau die nicht-alkoholische Fettleber entsteht, ist nicht vollständig klar. Die wichtigsten Risikofaktoren sind Übergewicht und Erkrankungen, die damit im Zusammenhang stehen wie Typ-2-Diabetes und erhöhte Blutfette (Triglyceride). Expertinnen und Experten nehmen an, dass in westlichen Ländern etwa jede vierte erwachsene Person von einer nicht-alkoholischen Fettleber betroffen sein könnte. Die Leber kann trotz der Fetteinlagerungen noch normal arbeiten. Allerdings besteht die Gefahr, dass sich die Leber entzündet. Das passiert bei etwa 10 bis 30 Prozent der Betroffenen. In weiterer Folge werden bei einem Drittel der Personen mit Fettleber-Entzündung vermehrt Bindegewebsfasern in die Leber eingebaut – sie vernarbt. Dies ist die Vorstufe einer Zirrhose, bei der die Leber schließlich so vernarbt ist, dass sie ihre Funktion nicht mehr übernehmen kann [2,3,4,5].

Mit Abnehmen und Sport gegen das Fett in der Leber

Gewichtsreduktion und Bewegung können bei nicht-alkoholischer Fettleber helfen. Anders als die angebliche Wirksamkeit der Mariendistel ist das mit wissenschaftlichen Studien gut belegt. Obwohl die nicht-alkoholische Fettleber, wie der Name schon sagt, nicht durch Alkoholkonsum verursacht ist, kann Verzicht auf Alkohol dennoch helfen. Denn Alkoholkonsum belastet die Leber zusätzlich.

Betroffene können gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt herausfinden, welche Veränderungen des Lebensstils oder andere Behandlungen ihnen helfen können [3,4].

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Ob Mariendistel-Extrakt oder sein Wirkstoff Silymarin bei nicht-alkoholischer Fettleber helfen kann, lässt sich am besten in randomisierten kontrollierten Doppelblind-Studien feststellen. Dabei werden die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe erhält das Mariendistel-Extrakt, die andere ein gleich aussehendes Schein-Medikament (Placebo). Weder die Teilnehmenden noch die Forschenden wissen, wer welcher Gruppe zugeteilt wurde – Fachleute bezeichnen dies als Verblindung.

Wir haben nach Studien gesucht, die die Wirksamkeit von Mariendistel-Extrakt oder seinem Wirkstoff Silymarin bei der nicht-alkoholischen Fettleber untersuchten, und haben eine aktuelle Übersichtsarbeit [1] gefunden, die acht solcher Studien mit insgesamt 622 Teilnehmenden zusammengefasst hat. Studien, die die Wirksamkeit von Mariendistelextrakt bei der alkoholischen Fettleber untersucht haben, haben wir nicht berücksichtigt.

Wie aussagekräftig sind diese Studien?

Unser Vertrauen in die Studienergebnisse ist aus unterschiedlichen Gründen sehr gering:

  • Die Verbesserung der Leberwerte fiel in den Studien sehr gering aus. Ob so kleine Verbesserungen merkbare gesundheitliche Vorteile bringen können, ist zweifelhaft.
  • An den Studien nahmen nur wenige Personen teil (14 bis 50 Teilnehmende pro Gruppe). Bei so kleinen Gruppen kann der Zufall die Ergebnisse stark verzerren.
  • Zwischen den Studien gab es große Unterschiede: In manchen waren die Leberwerte bereits zu Beginn kaum erhöht, in anderen dagegen stärker. Das macht die Studien untereinander schlecht vergleichbar.
  • In manchen Studien unterschieden sich die Mariendistel- und die Placebo-Gruppe schon zu Beginn der Studie stark voneinander. Sind etwa die Leberwerte in den beiden Gruppen zu Beginn unterschiedlich stark erhöht, lassen sie sich am Ende nicht fair vergleichen.

[1] Kalopitas (2020)
Kalopitas G, Antza C, Doundoulakis I, Siargkas A, Kouroumalis E, Germanidis G, Samara M, Chourdakis M. Impact of Silymarin in individuals with nonalcoholic fatty liver disease: A systematic review and meta-analysis. Nutrition. 2021 Mar;83:111092. (Link zur Studie)

[2] UpToDate (2022)
Abgerufen am 22.03.2023 unter
https://www.uptodate.com/contents/epidemiology-clinical-features-and-diagnosis-of-nonalcoholic-fatty-liver-disease-in-adults

[3] UpToDate (2022)
Abgerufen am 22.03.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/management-of-nonalcoholic-fatty-liver-disease-in-adults

[4] S2k-Leitlinie Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung
der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2022/10/LL-NAFLD_Leitline-deutsch_zfg.pdf
abgerufen am 22.03.2023

[5] Lutz (2010)
Lutz, H., Trautwein, C. & Tacke, F. Prognoseabschätzung der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung. Gastroenterologe 5, 129–133 (2010). (Link zur Studie)

[6] IQWIG
Abgerufen am 22.03.2023 unter
https://www.gesundheitsinformation.de/glossar/leberzirrhose.html

[7] NIH National Cancer Institute (2022)
Abgerufen am 22.03.2023 unter https://www.cancer.gov/about-cancer/treatment/cam/patient/milk-thistle-pdq

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