Klagen – Chronologie und Urteile

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Zusammenfassung Gerichtsurteil zu LaVita
  2. Chronologie Klage – LaVita GmbH
  3. Zusammenfassung Gerichtsurteil zu Hydroxylapatit
  4. Chronologie Klage Dr. Wolff GmbH – Hydroxylapatit

 

1. Zusammenfassung Gerichtsurteil zu LaVita

Die in Deutschland ansässige LaVita GmbH klagte die Donau-Universität Krems darauf, Äußerungen wie die folgenden zu unterlassen:

  • „Fördert die Einnahme von LaVita die Gesundheit oder die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit? Wissenschaftliche Belege fehlen“
  • „Es gibt keine Studien, die diese Frage überprüft haben“
  • „Beispielsweise schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite, dass folgende Bestandteile von LaVita zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung beitragen: Eisen, Folsäure, Magnesium, Niacin, Vitamin B2, Vitamin B12, Pantothensäure, Vitamin B6 und Vitamin C […] Diese Aussagen sind jedoch nicht immer durch wissenschaftliche Belege untermauert.“

LaVita sah durch diese Äußerungen ihren wirtschaftlichen Ruf gefährdet. Dem Unternehmen zufolge seien diese Aussagen unwahr. Es gäbe wissenschaftliche Studien, die sehr wohl Belege für eine Wirksamkeit der einzelnen Bestandteile zeigen würden bzw. diese Aussagen wären durch die Health-Claims Verordnung gedeckt.

Die anwaltliche Vertretung der Donau-Universität Krems legte vor Gericht dar, dass das Team der Medizin-transparent Plattform im Auftrag der Bundesgesundheitsagentur die wissenschaftliche Haltbarkeit gesundheitsbezogener Informationen und Behauptungen aus Medien, Internet und Werbungen prüft. Dabei geht Medizin-transparent nach dem international als höchsten Standard angesehenen Prinzipien der “Evidenz-basierten Medizin” vor. Das beinhaltet die Suche nach allen verfügbaren Studien in internationalen Forschungsdatenbanken und deren Bewertung nach wissenschaftlichen Kriterien.

Die von LaVita genannten Studien untersuchten nicht die Förderung von Gesundheit oder Leistungsfähigkeit, sondern nur die Bio-Verfügbarkeit. Dabei handelt es sich um eine Angabe dafür, wie schnell und in welchem Umfang eine Substanz resorbiert wird und am Wirkungsort zur Verfügung steht. Das sagt aber nichts über eine tatsächliche Wirkung aus. La Vita ist nicht hinsichtlich gesundheitsförderlicher Wirkung wissenschaftlich getestet worden.

Das Landesgericht Krems gab der Donau-Universität Krems vollinhaltlich recht und wies die Klage von La Vita zurück, das Urteil ist rechtskräftig. Zur Arbeitsweise der Donau-Universität Krems stellte das Landesgericht Krems ausdrücklich fest, dass der Artikel auf der Webseite von Medizin-transparent nicht geeignet ist, LaVita gegenüber ihren Mitberwerbern herabzusetzen. Ergänzt sei noch, dass auch das einstweiliger Verfügungsverfahren schon zu Gunsten der Donau Universität-Krems entschieden worden ist.

nach oben

2. Chronologie Klage – LaVita GmbH

06. 05. 2015 LeserInnen-Anfrage zur Wirkung von LaVita
17. 09. 2015 Veröffentlichung 1. Version unseres Beitrags „Gesünder mit LaVita?“ auf Medizin-transparent.
29. 08. 2018 Überarbeitung des Aufbaus unseres Online-Beitrags auf Medizin-transparent mit dem Ziel, die Rechercheergebnisse in der Zeitschrift „Konsument“ des Vereins für Konsumenteninformation zu veröffentlichen. Bei einer neuerlichen Literatursuche werden keine neuen Studien identifiziert, die ursprüngliche Einschätzung bleibt unverändert.
30. 08. 2018 Verein für Konsumenteninformation (VKI) veröffentlicht Kurzfassung unserer Einschätzung zu LaVita in der Zeitschrift „Konsument“: Ausgabe 9/2018 sowie online auf www.konsument.at im Rahmen einer gemeinsamen Kooperation.
11. 09. 2018 Email eines Studienautors mit detaillierter Kritik am Medizin-transparent-Beitrag
12. 09. 2018 Einlangen einer eingeschriebenen Aufforderung durch eine Anwaltskanzlei, unseren LaVita-Beitrag „in der beanstandeten Form“ bis 14.9. von unserer Homepage zu entfernen. Diese Aufforderung erging nahezu gleichlautend auch an den VKI.
14. 09. 2018 Kleine Änderungen am Online-Beitrag und Benachrichtigung der Anwaltskanzlei von LaVita und des Studienautors über die Änderungen – unter anderem Streichung der seit drei Jahren nicht mehr in LaVita enthaltenen Zutat „Stutenmilch“. Auch in der Online-Version des VKI-Beitrags wurde die Zutat „Stutenmilch“ per 13.9. gestrichen.
08. 10. 2018 Persönliches Treffen mit Studienautor und zwei seiner Mitarbeiterinnen an der Donau-Universität Krems mit Mag. Mag. Bernd Kerschner, Dr. Barbara Nußbaumer-Streit, MSc BSc sowie Univ.-Prof. Dr. Gerald Gartlehner, MPH. Das Treffen endete ergebnislos.
16. 10. 2018 Studienautor schickt Besuchsprotokoll an Medizin-transparent-Team mit der Bitte, anzumerken, wenn etwas falsch protokolliert wurde. Das Medizin-transparent-Team stellte in einer Antwort an den Studienautor klar, dass es private Mitschriften wie dieses Besuchsprotokoll nicht verifizieren oder kommentieren wird.
04. 12. 2018 Einbringung einer Klage samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch LaVita GmbH beim Landesgericht Krems (Gerichtsschreiben datiert auf 3.12.2018). Streitwert: 16.000 Euro.
30. 12. 2018 Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung
02. 01. 2019 Klagsbeantwortung an das Landesgericht Krems
03. 01. 2019 Abweisung des Antrages auf einstweilige Verfügung durch das Landesgericht Krems
18. 01. 2019 LaVita GmbH erhebt Rekurs vor dem Oberlandesgericht Wien
05. 02. 2019 Rekursbeantwortung
11. 06. 2019 Weitere LeserInnen-Anfrage zur Wirkung von LaVita
24. 09. 2019 Rekurs wird abgewiesen durch das Oberlandesgericht Wien
20. 01. 2020 Hauptverfahren LaVita-Prozess: Ladung Landesgericht Krems
16. 04. 2020 Schriftliches Urteil des LG Krems zu Gunsten von Medizin-transparent
28. 05. 2020 Ablauf der Berufungsfrist für LaVita GmbH, die nicht genutzt wurde – Urteil ist somit rechtskräftig

nach oben

 

Zusammenfassung Gerichtsurteil zu Hydroxylapatit

Die in Deutschland ansässige DR. KURT WOLFF GMBH & CO. KG brachte am 22.11.2018 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am Landgericht Düsseldorf gegen die Donau-Universität Krems ein. Sie behauptete, dass die Donau-Universität Krems auf der von ihr betriebenen Website medizin-transparent.at unwahre Tatsachenbehauptungen und geschäftsschädigende Äußerungen gegen sie verbreiten würde.

Die DR. KURT WOLFF GMBH & CO. KG stellt Mittel zur Körper- und Schönheitspflege her und vertreibt diese, darunter auch die Zahnpaste „Karex“ und eine Zahnpasta und eine Zahn-Mundspülung der Marke „Biorepair“. Diese Produkte enthalten nanokristallines Hydroxylapatit.

Nach Aussage der DR. KURT WOLFF GMBH & CO. KG würde das nano-Hydroxylapatit in ihren Produkten wirksam Schmerzempfindlichkeit lindern und vor Karies schützen. Als Beleg verweist das Unternehmen auf wissenschaftliche Studien.

Im Beitrag “Hydroxylapatit in Zahnpasta: Wirksamkeit nicht belegt” argumentiert das wissenschaftliche Redaktionsteam von Medizin-transparent, dass die bisherigen Studien zu Hydroxylapatit unzureichend seien, um eine Wirksamkeit von Nano-Hydroxylapatit zu beweisen. Zudem handle es sich bei den Aussagen im Medizin-transparent-Artikel um ein Werturteil (eine Meinungsäußerung) und nicht um Tatsachenbehauptungen. Der von der DR. KURT WOLFF GMBH & CO. KG geltend gemachte Anspruch bestehe zu Unrecht, da nur unwahre Tatsachenbehauptungen Ansprüche auslösen können, nicht aber Werturteile.

Im Urteil des Landesgerichts Düsseldorf vom 11. April 2019 wies ein Drei-Richter_innen-Senat den Antrag der DR. KURT WOLFF GMBH & CO. KG auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück und trug ihr auf, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die DR. KURT WOLFF GMBH & CO. KG habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ein Unterlassungsanspruch zustehe. Der Durchschnittsleser erkenne beim Lesen des Beitrags auf Medizin-transparent, dass zwar wissenschaftliche Studien vorlägen, diese jedoch die behauptete Wirksamkeit nicht belegen könnten.

Für eine Meinungsäußerung spräche, dass unabhängige Wissenschaftler einer anerkannten Universität in Österreich für medizinische Laien verständlich den Stand der wissenschaftlichen Forschung erläutern und sich in den wissenschaftlichen Diskussionsprozess einschalten würden. Dies verdeutliche auch die Art und Weise, wie die Autoren des Beitrags sich mit der wissenschaftlichen Datenlage in ihrer Bewertung kritisch auseinandersetzten. Dem Gericht zufolge seien “wissenschaftliche Thesen, insbesondere die gezogenen wissenschaftlichen Schlussfolgerungen, in der Regel keine Tatsachenbehauptungen.“

Weiters stellten die Richter_innen fest: „…die strengen Grundsätze, welche sich (die Wissenschaftler_innen von Medizin-transparent) selbst für die Bewertung wissenschaftlicher Evidenz von Wirksamkeitsaussagen auferlegt haben, stimmten im Übrigen auch mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH zu dem Erfordernis der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis überein, wonach im Regelfall eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung erforderlich sei, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden sei. Auch der in Rede stehende (Fach)Beitrag sei auf Grundlage der im Internet veröffentlichten eigenen Grundprinzipien zur Vorgehensweise und Methodik angefertigt worden.“

nach oben

Chronologie Klage Dr. Wolff GmbH – Hydroxylapatit

17. 04. 2016 LeserInnen-Anfrage zur Wirksamkeit von Hydroxylapatit in Zahnpaste zur Kariesbehandlung oder zur Kariesprävention.
12. 07. 2016 Weitere LeserInnen-Anfrage zur Wirksamkeit von Hydroxylapatit in Zahnpasten
30. 09. 2016 Veröffentlichung 1. Version des Beitrags unter dem Titel „Hydroxalapatit: flüssiger Zahnschmelz“ auf Medizin-transparent
30. 03. 2017 Email & Brief von Dr. Wolff GmbH mit Verweis auf Studien, die im Medizin-transparent-Beitrag angeblich nicht berücksichtigt wurden
12. 04. 2017 Antwort an Dr. Wolff GmbH von Mag. Mag. Bernd Kerschner, keine Änderung des Medizin-transparent-Beitrags
21. 05. 2018 Email von Dr. Wolff GmbH mit Frage zu methodischem Vorgehen von Medizin-transparent
22. 05. 2018 Antwort an Dr. Wolff GmbH von Bernd Kerschner
13. 07. 2018 Weitere Leser/innen-Anfrage zur Wirksamkeit von Hydroxylapatit in Zahnpasten
11. 10. 2018 Email von Dr. Wolff GmbH mit Bitte, Beispielpublikationen zur Vorbeugung von Dentinhypersensibilität durch Zahnpasten zu nennen, die den methodischen Anforderungen von Medizin-transparent entsprechen
11. 10. 2018 Antwort an Dr. Wolff GmbH von Bernd Kerschner
12. 10. 2018 Email von Dr. Wolff GmbH mit aktueller Übersicht über bisherige Studien zu Hydroxylapatit
30. 10. 2018 Überarbeitung des Online-Beitrags nach umfassender Literatursuche und Berücksichtigung aktuellerer Studien. Die Einschätzung der Wirksamkeit änderte sich dadurch nicht. Änderung des Titels auf: Hydroxylapatit in Zahnpasta: „Repair“-Wirkung nicht belegt.
13. 11. 2018 Abmahnung durch Dr. Kurt Wolff GmbH
13. 11. 2018 Änderung des Beitrags-Titels: Ersetzen von „Repair“-Wirkung durch „Wirksamkeit“: „Hydroxylapatit in Zahnpasta: Wirksamkeit nicht belegt“
13. 11. 2018 Einbringung eines Antrags durch Dr. Kurt Wolff GmbH auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung zur Unterlassung geschäftsschädigender Aussagen durch die Donau-Universität Krems beim Landgericht Düsseldorf. Streitwert: 150.000 Euro
21. 12. 2018 Übermittlung der Gegenstellungnahme an das Landgericht Düsseldorf durch Donau-Universität Krems
12. 02. 2019 Mündliche Verhandlung am Landgericht Düsseldorf. Anwesend seitens der Donau-Universität Krems: Bernd Kerschner
11. 04. 2019 Abweisung des Antrags auf einstweilige Verfügung: schriftliches Urteil des Landgerichts Düsseldorf

nach oben