Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Gesättigte Fette: keine Entwarnung für das Herz

Und es bringt doch etwas, Fette aus Fleisch- und Milchprodukten zu reduzieren. Mehr ungesättigte Fette aus Pflanzen oder Fisch können das Herzrisiko teilweise senken.

Verringern ungesättigte Fette (aus Pflanzen und Fisch) im Vergleich zu gesättigten Fetten (aus Fleisch- und Milchprodukten) Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Gesättigte Fette vermehrt durch ungesättigte zu ersetzen verringert wahrscheinlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

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© Yulia Furman - Fotolia.com Pflanzliche Öle und Fisch: ungesättigte Fette sind vielfältig
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Ernährungswissenschaftler sind sich einig: Ungesättigte, pflanzliche Fette oder solche aus Fisch sind gesättigten Fetten aus Fleisch- und Milchprodukten vorzuziehen, weil sie gesünder sind [6]. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in Österreich Todesursache Nummer eins sind. So empfehlen etwa die aktuellen US-Amerikanischen Ernährungsrichtlinien klar, den Anteil an gesättigten Fetten zu reduzieren und durch ungesättigte Fette zu ersetzen [5]. Im Klartext: weniger Butter und Schmalz, Fleisch und fette Milchprodukte und dafür mehr pflanzliche Öle. [5,6].

Immer wieder berichten die Medien jedoch über angeblich neue Erkenntnisse aus Studien, die diese Empfehlungen über den Haufen zu werfen scheinen. Demzufolge sollten gesättigte Fette am Speiseplan das Risiko für Herzinfarkt und Co gar nicht erhöhen [1] [4]. Sollten die bisherigen Ernährungs-Empfehlungen tatsächlich überholt sein?

Ungesättigte Fette bleiben bessere Wahl

Die Antwort ist deutlich: Nein. Wer seinen Konsum an gesättigten Fetten drosselt und stattdessen auf ungesättigte zurückgreift, senkt dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit das eigene Herzrisiko. Das zeigt eine Zusammenfassung der Ergebnisse aller bisher veröffentlichten und nach streng wissenschaftlichen Kriterien durchgeführten Studien [2,3]. Der Effekt war darin bei jenen am größten, deren Ernährung große Mengen gesättigter Fette enthalten hatte.

In den Untersuchungen waren die Teilnehmer per Zufall einer von zwei Gruppen zugelost worden: Die Teilnehmer der einen Gruppe hatten die Anweisung, ihre Ernährung umzustellen, dies war von den Studienleitern auch kontrolliert worden. So sollten sie die Menge an gesättigten Fetten am Speiseplan verringern oder durch ungesättigte, meist pflanzliche Öle ersetzen. Die andere Gruppe sollte sich weiterhin wie gewohnt ernähren. Nach zwei oder mehr Jahren hatten die Leiter der verschiedenen Studien die Herzgesundheit der Teilnehmer beider Gruppen miteinander verglichen.

Die zusammenfassende Analyse all dieser Studienergebnisse zeigt klar: Personen, die gesättigte Fette durch ungesättigte ersetzen oder zumindest ihren Konsum an gesättigten Fetten verringern, senken dadurch auch ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen etwas. Allerdings ist der Effekt nur mäßig. Untersucht haben die Studien vor allem, was passiert, wenn die Studienteilnehmer Nahrungsmittel mit gesättigten Fetten durch Nahrungsmittel mit mehrfach ungesättigten Fetten (Omega-3- und Omega-6-Fette) ersetzen. Mehrfach ungesättigte Fette kommen in größeren Mengen unter anderem in Walnüssen, Rapsöl, Maiskeimöl oder Chiaöl vor. Welche Fette im Detail verwendet wurden, lässt sich aus den Studiendaten leider nicht beantworten. Welche Pflanzenöle besonders gesundheitsförderlich sein könnten, ist daher unklar.

Ob das Herzrisiko auch sinkt, wenn man von einer Ernährung reich an gesättigten Fetten auf eine mit Ernährung reich an einfach ungesättigten Fette, wie beispielsweise Olivenöl, umsteigt, das geht aus den Studienergebnissen aus Mangel an Daten nicht hervor. Beobachtungsstudien, welche jedoch weniger aussagekräftig sind, deuten darauf hin, dass Olivenöl die Herzgesundheit möglicherweise fördern kann (siehe Olivenöl: nur wohlschmeckend oder auch gesund fürs Herz?).

Gesättigte Fette: Gründe für die Zweifel

Wie kommt es, dass viele Medien trotz der relativ eindeutigen Studienlage dennoch immer wieder über Forschungsergebnisse berichten, die das genaue Gegenteil zu zeigen scheinen? So sorgte beispielsweise im Jahr 2014 ein Forschungsteam aus den USA mit angeblich neuen Erkenntnissen für Diskussionsstoff. In einer Analyse bisheriger Forschungsergebnisse fanden sie keinen Hinweis auf den bekannten Zusammenhang zwischen einem hohen Konsum gesättigter Fette und einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen [1]. Die Ergebnisse dieser Studienzusammenfassung haben jedoch einen großen Haken.

Für die Analyse berücksichtigten die Forscher nämlich nur Beobachtungsstudien. Dieser Studientyp ist nur bedingt aussagekräftig. Die Studienteilnehmer darin waren zuerst zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt und dann über längere Zeit auf ihre Herzgesundheit hin beobachtet worden. Dabei zeigte sich: Wer häufig zu ungesättigten Fetten griff, hatte ein ähnlich großes Herzrisiko wie Studienteilnehmer, die gerne Speisen mit hohem Anteil an gesättigten Fetten aßen.

Ob die Teilnehmer den Fragebogen zu ihren Ernährungsgewohnheiten wahrheitsgemäß ausgefüllt hatten, hatten die Autoren der Studien jedoch nicht überprüfen können. Ungeachtet dessen können Beobachtungsstudien nicht ausschließen, dass die wahren Gründe für den scheinbar fehlenden Gesundheitsvorteil der ungesättigten Fette woanders liegen. Beispielsweise könnten ein ungesunder Lebensstil oder eine generell ungesunde Ernährungsweise dafür verantwortlich sein.

Neuanalyse alter Studiendaten

Auch die Neuanalyse einer großen klinischen Studie aus den 1970ern scheint die Skepsis auf den ersten Blick zu nähren [4]. Im Rahmen der Studie erhielt die Hälfte der rund 10.000 Teilnehmer die Anweisung, gesättigte durch pflanzliche, ungesättigte Fette zu ersetzen. So sollten sie beispielsweise statt Butter nur noch Margarine verwenden. Im Verlauf der langjährigen Studie waren unter den Teilnehmern der Pflanzenfett-Gruppe nicht weniger Personen an Herzinfarkt und Co erkrankt oder frühzeitig verstorben als unter den anderen Teilnehmern.

Die Ergebnisse sind allerdings nur bedingt aussagekräftig. In der damaligen Zeit enthielt Margarine einen deutlich größeren Anteil an herzschädlichen Transfetten. Möglicherweise waren sie der Grund dafür, dass die Lebenserwartung trotz der ungesättigten Fette nicht gestiegen war [4].

Schädliche Transfette, gesunder Fisch

Gut belegt ist, dass Transfette das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen [6]. Transfette entstehen bei der Härtung von flüssigen Fetten, im Fachjargon auch Hydrogenierung genannt. Die meist künstlich gehärteten Fette werden vor allem in Backwaren, Fast-Food-Gerichten und zum Frittieren eingesetzt. Selbst die Autoren der zuvor erwähnten kritischen Studienzusammenfassung kommen zum selben Ergebnis [1]. In Österreich ist die Verwendung von Transfetten zwar in geringen Mengen erlaubt, aber streng reglementiert.

Mehrfach ungesättigte Fette kommen nicht nur in pflanzlichen Ölen vor, sondern finden sich auch in Fischöl. Sie werden als Omega-3-Fette bezeichnet. Eine Ernährung reich an Omega-3-Fetten hat möglicherweise ebenfalls einen schützenden Effekt auf die Herzgesundheit. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fetten hat hingegen wahrscheinlich keinen Effekt auf die Herzgesundheit, wie wir in diesem Beitrag zusammengefasst haben: Omega-3-Fettsäuren: kein Schutz für Herz und Kreislauf.

Gesättigt, ungesättigt – Unterschied auf molekularer Ebene

Genaugenommen sind es nicht die Fette, die gesättigt oder ungesättigt sind, sondern die Fettsäuren, aus denen alle Fette aufgebaut sind. Viele Pflanzenöle enthalten vorwiegend einfach ungesättigte Fettsäuren. Besonders hoch ist ihr Anteil etwa in Raps- oder Olivenöl [6].

Tierische Fettsäuren sind meist gesättigt, doch auch die in fettreichem Fisch enthaltenen Omega-3-Fettsäuren gehören zu den ungesättigten Fettsäuren. Chemisch ist der Unterschied lediglich, dass die molekularen Bausteine von ungesättigten Fettsäuren teilweise doppelt miteinander verbunden sind – bei gesättigten Fettsäuren kommen solche Doppelbindungen nicht vor.

Die Studien im Detail

Die Erkenntnis aus den zusammengefassten Ergebnissen der 15 bisher veröffentlichten klinischen Studien zum Thema ist deutlich: Wer zumindest zwei Jahre lang weniger gesättigte Fette zu sich nimmt, senkt damit wahrscheinlich das eigene Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen [2].

Die insgesamt knapp 60.000 Teilnehmer in diesen Studien waren per Zufall zumindest zwei Gruppen zugelost worden. Eine davon erhielt die Anweisung, gesättigte durch ungesättigte Fette zu ersetzen, wobei manche Probanden entsprechende Lebensmittel sogar kostenlos zur Verfügung gestellt bekamen. Die andere Gruppe ernährte sich weiter wie bisher.

Je nach Studie zwei bis acht Jahre später verglichen die Studienleiter den Zustand der Herzgesundheit beider Gruppen. Insgesamt konnte das Weniger an gesättigten Nahrungsfetten 14 von 1000 Studienteilnehmern vor Herzinfarkten und anderen Herzproblemen bewahren – ein kleiner, aber deutlicher Effekt. Die Anzahl der Todesfälle schien das allerdings nicht zwingend zu verringern. Die größte Risikominimierung zeigte sich in jenen Studien, in denen Teilnehmer gesättigte durch mehrfach ungesättigte Fette ersetzen sollten. Ob das auch gilt, wenn gesättigte durch einfach ungesättigte Fette ersetzt werden, bleibt unklar. Dazu wurde nämlich nur eine einzige, kleine Studie mit begrenzter Aussagekraft durchgeführt.

Die analysierten Studien haben auch ein Manko: Teilnehmer, die weniger gesättigte Fette zu sich nehmen sollten, vermuteten möglicherweise, dass sie der offenbar gesünderen Studiengruppe zugelost worden waren. Zudem erhielten sie in vielen der Studien mehr Aufmerksamkeit durch die Studienleiter. Es lässt sich daher nicht ausschließen, dass sie motivierter waren, auch andere Aspekte ihres Lebensstils zu verbessern – etwa mit dem Rauchen aufzuhören, sich mehr zu bewegen, oder anderweitig gesünder zu essen. Da auch dadurch das Herzrisiko sinkt, könnte dies die Studienergebnisse etwas verfälscht haben.

[1] Chowdhury u.a. (2014)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 27 randomisiert-kontrollierte Studien, 49 prospektive Kohortenstudien
Teilnehmer insgesamt: 105 085 aus randomisiert-kontrollierten Studien sowie 538 141 aus Kohortenstudien
Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Menge an gesättigten bzw. ungesättigten Fettsäuren in der Nahrung oder im Blut und dem Herz-Kreislauf-Risiko?
Interessenskonflikte: Die Studie wurde zwar nicht von der Industrie finanziert, ein Großteil der Autoren erhält allerdings anderweitig von Unternehmen aus der Pharma- oder Nahrungsmittelindustrie.

Chowdhury R, Warnakula S, Kunutsor S, Crowe F, Ward HA, Johnson L, Franco OH, Butterworth AS, Forouhi NG, Thompson SG, Khaw K-T, Mozaffarian D, Danesh J, Di Angelantonio E; Association of Dietary, Circulating, and Supplement Fatty Acids With Coronary RiskA Systematic Review and Meta-analysis. Annals of Internal Medicine. 2014 Mar;160(6):398-406. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Hooper u.a. (2012)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 48 randomisiert-kontrollierte Studien
Fragestellung: Verringert eine Reduktion des Gesamtfettanteils oder des Anteils gesättigter Fette in der Nahrung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Mögliche Interessenskonflikte: keine angegeben

Hooper L, Summerbell CD, Thompson R, Sills D, Roberts FG, Moore HJ, Davey Smith G. Reduced or modified dietary fat for preventing cardiovascular disease. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012, Issue 5. Art. No.: CD002137. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[3] Hooper u.a. (2015)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 15 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer: 55,858 Teilnehmer
Fragestellung: Verringert eine Reduktion des Gesamtfettanteils oder des Anteils gesättigter Fette in der Nahrung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Mögliche Interessenskonflikte: keine angegeben

Hooper L, Martin N, Abdelhamid A, Davey Smith G. Reduction in saturated fat intake for cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Jun 10;(6):CD011737. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[4] Ramsden u.a. (2016)
Studientyp: Re-Analyse einer randomisiert-kontrollierten Studie
Teilnehmer: 9423Teilnehmer
Fragestellung: Verringert das Ersetzen gesättigter durch ungesättigte Fettsäuren langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (u.a.)?
Mögliche Interessenskonflikte: Studie wurde unterstützt vom „Intramural Program of the National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism“; ansonsten keine angegeben

Ramsden CE1, Zamora D2, Majchrzak-Hong S3, Faurot KR4, Broste SK5, Frantz RP6, Davis JM7, Ringel A3, Suchindran CM8, Hibbeln JR3. Re-evaluation of the traditional diet-heart hypothesis: analysis of recovered data from Minnesota Coronary Experiment (1968-73). BMJ. 2016 Apr 12;353:i1246. (Arbeit in voller Länge)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[5] U.S. Department of Agriculture and U.S. Department of Health and Human Service
Dietary Guidelines for Americans, 2010. 7th Edition, Washington, DC: U.S. Government Printing Office, December 2010. (Empfehlung in voller Länge)

[6] UpToDate (2016)
Mozaffarian D (2016). Dietary fat. In Park L (ed.). UpToDate. Abgerufen am 15. 9. 2016 unter www.uptodate.com/contents/dietary-fat

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 29.4. 2014. Eine neue systematische Übersichtsarbeit [3] ändert nichts wesentliches an unserer Einschätzung.

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