Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Geht Magnesium durch die Haut?

Was taugt Magnesium als Spray oder Badezusatz? Laut Social Media eine ganze Menge. Kann das Mengenelement Magnesium tatsächlich die Hautbarriere überwinden und dann im Körperinneren wirksam werden?

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Ist die Verabreichung von Magnesium über die Haut wirksam?

Es gibt keine gut gemachten Studien zu diesem Thema. Daher fehlen uns verlässliche Informationen, ob oder in welcher Form Magnesium eventuell die Haut durchdringen kann und dann auch eine (gewünschte) Wirkung hat.

so arbeiten wir
© cegli - fotolia.com Einige Nahrungsmittel mit hohem Magensiumgehalt
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Magnesium spielt bei zahlreichen Abläufen im Körper eine wichtige Rolle, zum Beispiel beim Herzschlag, bei der Weiterleitung von Nervenimpulsen oder bei der Regulierung des Blutdrucks. Das Mengenelement ist meist in den Knochen gespeichert. Nur eine kleine Menge zirkuliert im Blut. Magnesium ist also wesentlich für unsere Gesundheit. Es sollte ausreichend mit der Nahrung aufgenommen werden.

Magnesium ist auch Bestandteil von Nahrungsergänzungsmittel und steckt in einigen Medikamenten, zum Beispiel in manchen Abführmitteln. [3]

Haut statt Magen

Das Mengenelement kann also für ein – nicht immer erwünschtes – Rumoren von Magen und Darm sorgen. Ist eine den Magen umgehende Einnahme von Magnesium über die Haut denkbar? Würde das Mengenelement von der Körperoberfläche verlässlich in den Blutkreislauf gelangen?

Die Verabreichung von Medikamenten über die Haut, also transdermal, ist nicht neu. Man kennt diese Route zum Beispiel von speziellen Pflastern zur Verhütung, zur Raucher-Entwöhnung oder Schmerzbekämpfung. Die Wirkstoffe wandern aus dem Pflaster richtig dosiert und stetig durch die Haut – die andererseits für viele Substanzen eine Barriere darstellt.

Ins Körperinnere

Möchte man bestimmten Internetseiten und Sozialen Medien Glauben schenken, dann gelangt Magnesium mittels Magnesiumchlorid-Fußbädern, -Sprays und -Wannenbädern in nennenswerten Mengen in den Körper. Ärzte hingegen verschreiben Magnesium in Form von Tabletten oder verabreichen es als Injektion.

Was sind also verlässliche Wege, um Magnesium in der richtigen Menge ins Körperinnere zu lotsen? Auf die Anfrage einer Leserin haben wir wissenschaftliche Literatur-Datenbanken durchsucht, um Fakten zu diesem Thema zusammenzutragen. Wir wollten wissen, was über die Wanderfreudigkeit von Magnesium bekannt ist und was diese Mittelchen wirklich bringen.

Unser Fazit

Unsere Recherche über transdermales Magnesium im Winter 2015 hat ergeben:

  • Wir wissen nicht, ob eine Verabreichung von Magnesium über die Haut sinnvoll ist und ob das Mengenelement nach einer solchen Verabreichung im Körperinneren wirksam werden kann.
  • Wir konnten auch keine guten Hinweise darüber finden, bei welchen Beschwerden eine solche Anwendung möglicherweise sinnvoll sein könnte und welche Formen sich für die Verabreichung eventuell am besten eignet (Spray, Fußbad usw.).
  • Wir haben eine aktuelle Pilotstudie [1] mit Fibromyalgie-Patientinnen gefunden, die einen Spray getestet haben. Die Ergebnisse lassen keine allgemeinen Schlüsse zu, dafür hat die Arbeit zu wenig Teilnehmerinnen und zu viele methodische Schwächen.
  • Eine weitere Studie [2] untersuchte bei Sportlern eine mögliche Leistungssteigerung der Beinmuskulatur durch eine Magnesium-Creme. Die Ergebnisse dieser Studie erscheinen nicht aussagekräftig,
  • Gut gemachte Studien mit ausreichend vielen Probanden, verlässlicher Randomisierung, Kontrollgruppen sowie Verblindung von Probanden und Ärzten fehlen.

Aus diesen Gründen können wir auch keine Aussagen zu Nebenwirkungen und Langzeitsicherheit von trandermalem Magnesium treffen.
Große und schnelle Effekte sind jedenfalls nach derzeitigem Wissensstand nicht besonders wahrscheinlich.

Magnesiumquellen

Um den Magnesiumbedarf auch ohne Ergänzungsmittel zu decken, ist eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung notwendig. Magnesium steckt zum Beispiel in Spinat, Vollkorn, Mandeln, Kartoffeln, speziell angereicherten Frühstücksflocken und in hartem Leitungswasser. [3]

Die Studien im Detail

Zum Thema „transdermale Magnesium-Therapie“ haben wir zwei recht aktuelle, wenn auch nicht sonderlich aussagekräftige Studien mit menschlichen Probanden gefunden.

Bei einer Pilotstudie [1] nahmen ausschließlich Fibromyalgie-Patientinnen teil. Diese chronische Erkrankung genannt, geht mit chronischen Schmerzen einher. Welche Ursache(n) die Fibromyalgie hat, steht nicht genau fest. Es gibt verschiedene mehr oder weniger wirksame Therapien, die zumindest einige Symptome etwas zurückdrängen können. Dazu zählen einige Medikamente und Sport.[4]

Schmerzhafter Mangel

Wenn bei Fibromyalgie Magnesium eine Rolle spielt: Kann es dann, transdermal verabreicht, eventuell Abhilfe schaffen?

Um dieser Vermutung nachzugehen, rekrutierten Forscher aus Minnesota 40 Frauen. Die Fibromyalgie-Patientinnen sollten vier Wochen lang folgendes tun: zwei Mal täglich vier Stöße Magnesium-Chlorid-Lösung auf die Hände sprayen, dann die Lösung auf Arme und Beine auftragen. Nur 24 Probandinnen absolvierten die gesamte Studie, die hohe Drop-Out-Rate ist unter anderem auf Hautreizungen zurückzuführen.

Verbesserung – zumindest auf dem Papier

Zu Beginn der Studie sowie in den Wochen 2 und 4 wurden die Teilnehmerinnen per Fragebogen interviewt. Die Fragen bezogen sich auf Schmerzen, Krämpfe, Müdigkeit, aber auch auf die Alltagsbewältigung und das Sozialleben.

Im Laufe der Studie, so die Autoren nach der statistischen Auswertung, habe sich der Zustand der Probandinnen in einigen Punkten etwas verbessert.

Keine verlässlichen Schlüsse möglich

Die einigermaßen positiv anmutenden Ergebnisse dieser Pilotstudie sind allerdings mit großer Vorsicht zu interpretieren:

  • Es ist zum Beispiel nicht möglich, von den eventuellen Effekten bei Fibromyalgie-Patientinnen auf die allgemeine Bevölkerung oder andere Patientengruppen zu schließen.
  • Um mehr über die Sicherheit und die Effekte von transdermalem Magnesiumchlorid zu erfahren, bräuchte es mehr Probanden und eine längere Laufzeit.
  • Bei dieser Studie fehlte eine Kontrollgruppe, die ein Placebo-Präparat oder ein Medikament mit bereits bekannter Wirkung erhielt.

Um Verzerrungseffekte zu vermeiden, sollten Probanden und deren Therapeuten verblindet sein. Beide Gruppen würden dann nicht wissen, wer zur Kontrolle gehört oder wer tatsächlich das Magnesiumchlorid erhält.

Creme für müde Muckis?

In einer anderen Studie [2] aus dem Jahr 2012 wollten Forscher der Widener University in den USA herausfinden, ob eine für Sportler empfohlene Magnesium-Creme wirksam ist. Die Creme soll die Leistungsfähigkeit der Muskulatur positiv beeinflussen.

In einer randomisiert-kontrollierten Studie testeten sie, ob Muskeln im Bein beim Strecken flexibler oder beim Radfahren ausdauernder wurden. Sie konnten allerdings keine Verbesserung durch die einmalige Anwendung der Magnesium-Creme feststellen.

Da die Studie diverse Mängel aufweist, zum Beispiel keine Informationen über die Randomisierung (zufällige Einteilung der Probanden) enthält, ist sie als wenig aussagekräftig einzustufen.

[1] Engen u.a. (2015)
Engen DJ, McAllister SJ, Whipple MO, Cha SS, Dion LJ, Vincent A, Bauer BA, Wahner-Roedler DL. Effects of transdermal magnesium chloride on quality of life for patients with fibromyalgia: a feasibility study.J Integr Med. 2015 Sep;13(5):306-13.
Zusammenfassung

[2] Gulick u.a. (2015)
Gulick DT, Agarwal M, Josephs J, Reinmiller A, Zimmerman B. Effects of MagPro™ on muscle performance. J Strength Cond Res. 2012 Sep;26(9):2478-83. doi: 10.1519/JSC.0b013e31823f2863.
Zusammenfassung

Weitere wissenschaftliche Quellen

[3]NATIONAL INSTITUTES OF HEALTH (2013) NIH Office of Dietary Supplements Fact Sheet for Health Professionals, abgerufen am 22.12.2015

[4]UptoDate Patienteninformation Fibromyalgie

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