Lifewave: Pflaster mit Wunderwirkung?

Ein Pflaster ohne Wirkstoffe soll laut Hersteller Lifewave unter anderem zu Schmerzfreiheit und mehr Energie verhelfen. Doch was sagen wissenschaftliche Studien dazu?

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Verbessern Pflaster der Firma Lifewave die Gesundheit oder die sportliche und geistige Leistungsfähigkeit?

Es gibt keine vertrauenswürdigen, nachvollziehbar durchgeführten Studien, die eine solche Wirkung andeuten oder gar belegen. Dass die Pflaster helfen, ist nicht plausibel.

so arbeiten wir
© eugenesergeev - fotolia.com Stärker und gesünder mit Pflastern?
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Sie sind rund, messen dreieinhalb Zentimeter im Durchmesser und sollen beeindruckende Wirkungen haben: die Pflaster der Firma Lifewave. Insgesamt elf verschiedene Arten von Pflastern bietet das Unternehmen an. Sie sollen beispielsweise die sportliche Leistung erhöhen, den Körper entgiften, Schmerzen lindern oder für besseren Schlaf sorgen.

Laut Lifewave geben die selbstklebenden „Patches“ dabei keine Substanzen an die Haut ab. Die vom Hersteller behaupteten Effekte erzielen die Pflaster angeblich nur dadurch, dass sie Licht im Infrarotbereich reflektieren.

Dadurch, so die Webseite der Herstellerfirma, würden „Nerven und Punkte auf der Haut stimuliert, was zu gesundheitlichen Verbesserungen führt“. Eine glaubwürdige wissenschaftliche Erklärung für solche Effekte gibt es allerdings nicht.

Fehlende Wissenschaftlichkeit

Den Vorwurf der fehlenden Wissenschaftlichkeit scheint Lifewave auf den ersten Blick ganz gut entgegnen zu können. Wer auf der Webseite des Unternehmens nachliest, findet dort eine ganze Reihe von Studien – neben der Einladung, in das Geschäftsmodell einzusteigen und selbst mit Lifewave Geld zu verdienen.

Die meisten Studien auf der Seite sind jedoch nicht gut durchgeführt sowie nicht so dokumentiert, dass sie für andere nachvollziehbar sind. Wir, so unser Fazit, können den Ergebnissen kein Vertrauen schenken. Ob die Pflaster etwas bringen, kann auf Basis dieser Studien nicht gesagt werden.

Ein weiterer Punkt, der die Verlässlichkeit schmälert: Nur zwei [1,2] von 50 Studien (Stand: Juli 2018 – aktuell sind diese Studien nicht mehr auf der Herstellerseite auffindbar) auf der Seite von Lifewave konnten wir in anerkannten Studiendatenbanken wiederfinden. In solche Datenbanken, etwa „PubMed“ oder „Embase“, werden veröffentlichte Studien normalerweise nur dann aufgenommen, wenn sie gewisse Mindeststandards erfüllen und eine Qualitätsprüfung durch andere Fachleute („Peer Review“) durchlaufen haben.

Die „besten“ Fünf: aussagelos

Zusätzlich zu den beiden erwähnten Studien [1,2] entdeckten wir bei einer umfangreichen Datenbanksuche (auf Pubmed, Embase, Cochrane Library und Scopus) drei weitere Forschungsarbeiten zu Lifewave, die nicht auf der Webseite des Unternehmens angeführt waren [3-5]. Auch wenn wir prinzipiell gewillt waren, diesen Arbeiten aufgrund ihrer Dokumentation etwas mehr Vertrauen schenken: Aussagekräftige Ergebnisse konnte keine der „besten“ Fünf liefern.

Bei drei dieser Studien [1-3] maßen die Autorinnen und Autoren nur wenig aussagekräftige Laborwerte. Ob die Pflaster auch die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der teilnehmenden Personen verbessern können, wurde darin nie ausgewertet.

Zwei weitere Studien [4,5] untersuchten, ob Pflaster von Lifewave die Kraft und Ausdauer von Sportlern erhöhen kann. Einen solchen Effekt konnten die Forschungsteams der beiden Arbeiten jedoch nicht feststellen.

In der Hand des Sponsors

Viele der Studien auf der Webseite von Lifewave wurden von der Herstellerfirma selbst finanziert. Die Sponsoren, gleichzeitig auch Hersteller, haben teilweise in die Studienkonzepte eingegriffen. Sie entschieden auch, ob und wann eine Studie veröffentlicht wurde – was bei manchen Studien immerhin auch angegeben ist [6].

Liefern Hersteller-finanzierte Untersuchungen ein negatives Ergebnis, haben die Sponsoren theoretisch die Möglichkeit, eine Veröffentlichung zu verhindern. So sammeln sich folglich in erster Linie Studien mit positivem Ergebnis an. Ob dies im Fall von Studien zu Lifewave passiert ist, können wir allerdings nicht sagen.

Die Studien im Detail

Bei unserer Suche nach Studien zu Lifewave haben wir vier anerkannte Studiendatenkbanken durchsucht: Pubmed, Embase, Cochrane Library und Scopus. Insgesamt stießen wir dabei auf lediglich fünf Studien. Sie wurden in wissenschaftlichen Journalen mit Peer Review veröffentlicht.

Laborwerte statt Gesundheitszustand

Zwei dieser Studien [1,2] sind auch auf der Webseite von Lifewave angeführt. Darin wurde untersucht, ob die Lifewave-Pflaster beeinflussen, wie sich die Pulsfrequenz über die Zeit verändert (Herzfrequenzvariabilität). Eine dritte Studie [3] hat erforscht, ob die Pflaster die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Speichel ändern oder die Durchblutung der Finger beeinflussen.

All diese Messungen haben eines gemeinsam: Sie geben keine Auskunft darüber, ob es den untersuchten Personen körperlich oder seelisch besser geht, oder ob sie bessere Leistungen erbringen können.

In zwei weiteren Studien [4,5] versuchten Forscherinnen und Forscher herauszufinden, ob sich Kraft und Ausdauer mit Lifewave-Pflastern verbessern kann. Dazu teilten sie die 41 männliche Footballspieler beziehungsweise 22 Crossläufer und -läuferinnen per Zufall in zwei Gruppen ein: Die einen erhielten ein Lifewave-Pflaster, die anderen ohne es zu wissen ein erwiesenermaßen wirkungsloses Placebo-Pflaster. Dann führten alle Teilnehmenden Übungen auf Sportgeräten aus. Am Ende zeigte sich kein deutlicher Unterschied in punkto Kraft und Ausdauer zwischen den beiden Gruppen.

Die beiden Studien sind jedoch nur bedingt aussagekräftig. Von den 41 Footballspielern beendeten nur 33 die Studie. Weiters fehlen detaillierte Angaben zur Durchführung der Studie. Vor allem aber war die Anzahl der Teilnehmenden von vornherein zu gering, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern. Hinweise auf eine Wirkung der Pflaster liefern die Studien daher nicht.

Der Rest

Auf der Webseite von Lifewave und bei einer erweiterten Literatursuche haben wir uns 2018 auch alle Studien genauer angeschaut, die zumindest vom Prinzip her eine gesundheitliche Auswirkung auf den Menschen zeigen könnten. Aktuell (Stand 2023) sind diese Studien jedoch nicht mehr auf der Herstellerseite auffindbar.

Eine detaillierte Kritik aller Studien erscheint uns in Anbetracht der immer gleichen Fehler kaum sinnvoll. Einige Mängel greifen wir daher nur beispielhaft heraus: Meistens wurde nicht berichtet, wie die Zuteilung in Placebo-oder Behandlungsgruppe genau erfolgte, inwiefern sich die Gruppen schon vor dem Experiment unterschieden und ob die Verblindung funktioniert hat. Bei vielen Studien fehlen Kontrollgruppen oder sinnvolle statistische Auswertungen. In einigen Studien wurden Messwerte erhoben, die keine Rückschlüsse auf die gesundheitlichen Auswirkungen erlauben.

Die Methodik der Studien ist also mangelhaft, die auf dieser Basis getroffenen Aussagen halten wir für kaum verlässlich, und die Ergebnisse der Untersuchungen sind damit maximal als Ideengeber für weitere Studien geeignet.

[1] Nazeran u.a. (2005)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie etc.
Teilnehmende: 10
Fragestellung: Beeinflussen Energiepflaster die Herzratenvariabilität bei Gesunden?
Interessenskonflikte: Angaben fehlen

Nazeran H, Chatlapalli S, Krishnam R. Effect of Novel Nanoscale Energy Patches on Spectral and Nonlinear Dynamic Features of Heart Rate Variability Signals in Healthy Individuals during Rest and Exercise. Conf Proc IEEE Eng Med Biol Soc. 2005;5:5563-7. (Zusammenfassung der Studie)

[2] Budzynski u.a. (2008)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie etc.
Teilnehmende insgesamt: 40
Fragestellung: Beeinflussen Energiepflaster die Herzratenvariabilität bei Gesunden?
Interessenskonflikte: Angaben fehlen

Budzynski, T. H., Budzynski, H. K., Maret, K., & Tang, H. Y. (2008). Heart rate variability enhancement through nanotechnology: A double-blind randomized-control pilot study. Journal of Neurotherapy, 12(1), 45-55. (Studie in voller Länge)

[3] Connor u.a. (2015)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 20 gesunde Erwachsene
Fragestellung: Verbessern Pflaster von Lifewave die Konzentration von Cortsol im Speichel oder die Hautdurchblutung?
Interessenskonflikte: Finanzierung durch die „National Foundation for Energy Healing“

Connor MH, Baldwin AL, Eickhoff J. Effects of energy enhancer patches on cortisol production, peripheral circulation, and psychological measures: a pilot study. Adv Mind Body Med. 2015 Winter;29(1):12-7. (Studie in voller Länge)

[4] Jacobson u.a. (2008)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 41 männliche Football-Spieler
Fragestellung: Verbessern Pflaster von Lifewave die sportliche Leistungsfähigkeit?
Interessenskonflikte: Angaben fehlen

Jacobson, B. H., et al. (2008). „Assessment of the effectiveness of nontransdermal energy patches on muscle endurance and power.“ Journal of Strength and Conditioning Research 22(3): 869-873. (Zusammenfassung der Studie)

[5] Fiddler u.a. (2011)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 22 Crossläufer und -läuferinnen
Fragestellung: Verbessern Pflaster von Lifewave die sportliche Leistungsfähigkeit?
Interessenskonflikte: Angaben fehlen

Fiddler RE, Smith DB, Jacobson BH, Klein CD, Warren AJ, O’Brien MS, Thompson BJ, Everett KL. The Effect of Energy Patches on Substrate Utilization in Collegiate Cross-Country Runners. Int J Exerc Sci. 2011 Apr 15;4(2):113-121. eCollection 2011. (Studie in voller Länge)

[6] Volckmann u.a. (2012)
Osteoarthritis Double-Blind Placebo Controlled Life Wave Med Pain Relief Study. Zugriff am 11.7.2018 unter https://www.lifewave.com/Content/images/home/science/pdf/Research-2013-OsteoarthritisDoubleBlind.pdf

  • 6.11.2023: keine neuen Studien gefunden, Einschätzung bleibt unverändert. Anzahl der verfügbaren Pflaster-Arten von 8 auf 11 geändert. Erwähnung, dass die 2018 auf der Lifewave.com-Seite gefundenen Studien 2023 nicht mehr dort auffindbar sind.
  • 11.7.2018: erste Version des Faktenchecks

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