Coenzym Q10 bei Parkinson: Keine Hilfe gegen das Zittern?

Dass Coenzym Q10 bei Parkinson helfen könnte, hat sich in Studien nicht bestätigt. Allerdings sind die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig.

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Verbessert die Einnahme von Coenzym Q10 die Bewegungsstörungen bei Parkinson?

Bisherige Studien deuten an, dass die Einnahme von Coenzym Q10 bei Parkinson-typischen Bewegungsstörungen eher keine Besserung bringt. Allerdings ist diese Einschätzung nicht gut abgesichert.

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© Astrid Gast - Shutterstock.com Parkinson: Halten die Hände dank Nahrungsergänzung still?
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Viele Nahrungsergänzungsmittel werden nicht nur für Menschen angepriesen, die gesund bleiben wollen. Sie sollen auch dann helfen, wenn bereits bestimmte Erkrankungen aufgetreten sind.

„Heiße Kandidaten“ sind chronische Krankheiten. Sie können nicht geheilt werden, sondern bleiben lebenslang bestehen – was eine ganz besondere Herausforderung für die Betroffenen darstellt.

Parkinson erschwert Bewegung

Dazu gehört auch die Parkinson-Erkrankung, die mit Bewegungsstörungen einhergeht und langsam voranschreitet. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, „in Gang“ zu kommen, die Muskulatur ist angespannt und zittert oft. Besonders häufig macht sich das an den Händen bemerkbar.

Für Menschen mit Parkinson werden im Internet Nahrungsergänzungsmittel mit Coenzym Q10 angeboten. Aber können diese tatsächlich helfen, die chronische Krankheit aufzuhalten oder die Beschwerden zu verbessern?

Wir haben uns auf die Suche nach Studien gemacht, die den Nutzen bei Erkrankten untersuchten. Dabei haben wir uns auf Untersuchungen konzentriert, bei denen Teilnehmende nach dem Zufallsprinzip entweder Coenzym Q10 oder ein Scheinmedikament (Placebo) erhielten – denn ein solches Studiendesign liefert die zuverlässigsten Antworten. Bei unserer Recherche sind wir auf eine Zusammenfassung von acht Studien [1] gestoßen.

Kein belegter Nutzen von Coenzym Q10

Diese Übersichtsarbeit kommt allerdings zu einem eher enttäuschenden Ergebnis: Bewegungsstörungen dürften sich mit Coenzym Q10 wohl ähnlich entwickeln wie mit einem Scheinmedikament. Das heißt, dass nach derzeitigem Wissenstand Coenzym Q10 eher keine positive Wirkung auf die Parkinson-typischen Bewegungsstörungen hat.

Allerdings ist dieses Ergebnis nicht sonderlich gut abgesichert. Denn die besten verfügbaren Studien zu diesem Thema sind teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, was die Unsicherheit erhöht.

So zeigen zwei der acht Studien einen scheinbar positiven Effekt von Coenzym Q10, während in zwei anderen das Scheinmedikament besser abschneidet. Hinweise auf die Wirkungslosigkeit von Coenzym Q10 überwiegen jedoch. Das zeigt sich auch dann, wenn man die Ergebnisse aller acht Studien zusammenfasst.

Verträglichkeit unklar

Wenig sagen können wir auch dazu, wie es mit möglichen Risiken von Coenzym Q10 aussieht. Denn nur in drei der acht Studien finden sich überhaupt Angaben zu unerwünschten Effekten.

Dabei zeichnen sich keine wesentlichen Unterschiede zwischen Coenzym Q10 und Placebo ab, was prinzipiell für eine gute Verträglichkeit sprechen würde. Allerdings fehlen Details dazu, wie die Nebenwirkungen erhoben wurden.

„Zitterlähmung“ durch Dopaminmangel

Bei der Parkinson-Krankheit gehen im Gehirn bestimmte Nervenzellen zugrunde, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Wenn Dopamin fehlt, kommt es zu Bewegungsstörungen: Bewegungen wie das Gehen verlangsamen sich, die Muskulatur ist angespannt, und es tritt das typische Zittern auf, meistens an den Händen. Diese Beschwerden haben der Erkrankung Parkinson auch den volkstümlichen Namen „Zitterlähmung“ eingebracht [2,4].

Zu Beginn der Erkrankung muss Parkinson nicht unbedingt mit Medikamenten behandelt werden. Nötig wird das allerdings, wenn die Bewegungsstörungen das Leben der Betroffenen spürbar einschränken. Dann werden in der Regel Medikamente eingesetzt, die das fehlende Dopamin ersetzen oder dessen Wirkung verstärken. Mit fortschreitender Erkrankung kann es passieren, dass die Medikamente nicht mehr so gleichmäßig wirken [2,5].

Welche Rolle spielt Coenzym Q10?

Coenzym Q10, auch Ubichinon genannt, spielt eine Rolle in verschiedenen Stoffwechselprozessen, die in menschlichen Zellen ablaufen. Bei der Parkinson-Krankheit sind einige dieser Prozesse gestört.

Eine Theorie besagt, dass Coenzym Q10 dafür sorgen könnte, dass diese Abläufe wieder besser funktionieren und so die Krankheit positiv beeinflusst. Allerdings spielen vermutlich auch noch viele weitere Faktoren eine Rolle, und es ist ungeklärt, welchen Anteil sie an der Entstehung einer Parkinson-Erkrankung haben [3].

Die Studien im Detail

Zu unserer Fragestellung haben wir eine systematische Übersichtsarbeit [1] gefunden, in die insgesamt acht Studien eingeflossen sind. Bei all diesen Einzelstudien haben die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip entweder Coenzym Q10 oder ein Scheinmedikament (Placebo) erhalten – ein solches Studiendesign liefert die zuverlässigsten Antworten.

Die Dosis an Coenzym Q10 lag dabei zwischen 300 und 2.400 Milligramm pro Tag. Eingenommen wurden die Präparate über einen Zeitraum von einem bis 24 Monaten.

Die Übersichtsarbeit [1] hat nur Einzelstudien berücksichtigt, die bis März 2016 veröffentlicht wurden. Wir haben deshalb zusätzlich nach neueren Studien gesucht, aber keine finden können. Wir gehen deshalb davon aus, dass die Übersichtsarbeit den aktuellen Wissensstand abbildet.

An den Studien nahmen insgesamt rund 900 Erwachsene teil. Sie hatten die Parkinson-Erkrankung in einem frühen oder leicht fortgeschrittenen Stadium. Sie waren im Mittel etwa 63 Jahre alt, knapp zwei Drittel waren Männer.

In drei Studien war die Krankheit in einem so frühen Stadium, dass die Teilnehmenden keine Parkinson-Medikamente benötigten. In drei anderen Untersuchungen erhielten sie außer der Studienmedikation noch weiter ihre bisherigen Medikamente. Für zwei der eingeschlossenen Studien konnten wir keine entsprechenden Angaben finden.

Auf wen sich die Ergebnisse übertragen lassen, ist wegen der Spannbreite deshalb schwer zu sagen. Klar ist jedoch: Auf Parkinson-Patientinnen und -Patienten in weiter fortgeschrittenen Krankheitsstadien vermutlich nicht, weil solche Menschen nicht an den Studien teilgenommen haben.

Am Ende der Studien wurde dann jeweils verglichen, wie sich die Bewegungsstörungen mit Coenzym Q10 oder dem Scheinmedikament verändert hatten. Es deutete sich an, dass die Nahrungsergänzung eher keinen spürbaren positiven Effekt hat.

Ausgewertet wurde auch, ob höhere Dosierungen bessere Ergebnisse erzielten. Das war aber nicht der Fall.

[1] Zhu (2017)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 8 randomisierte kontrollierte Studien mit 899 Teilnehmenden
Fragestellung: Verbessert die Einnahme von Coenzym Q10 die Beschwerden bei Parkinson?
Interessenkonflikte: keine nach Angaben der Autoren

Zhu Z u.a. The efficacy and safety of coenzyme Q10 in Parkinson’s disease: a meta-analysis of randomized controlled trials. Review Neurol Sci 2017;38:215-224
(Zusammenfassung)
(freier Volltext)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[2] IQWiG (2019) Parkinson. Abgerufen am 26.10.2020 unter https://www.gesundheitsinformation.de/parkinson.2226.de.html

[3] UpToDate (2020) Etiology and pathogenesis of Parkinson disease. Abgerufen am 26.10.2020 unter https://www.uptodate.com/contents/etiology-and-pathogenesis-of-parkinson-disease

[4] UpToDate (2020) Clinical manifestations of Parkinson disease. Abgerufen am 26.10.2020 unter https://www.uptodate.com/contents/clinical-manifestations-of-parkinson-disease

[5] UpToDate (2020) Initial pharmacologic treatment of Parkinson disease. Abgerufen am 26.10.2020 unter https://www.uptodate.com/contents/initial-pharmacologic-treatment-of-parkinson-disease

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