Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Aluminium im Deo: Auslöser von Brustkrebs?

Aluminium in Deodorants wird immer wieder verdächtigt, Brustkrebs auszulösen. Wissenschaftlich belegt ist ein solcher Zusammenhang bisher nicht.

Können Inhaltsstoffe in Deodorants wie Aluminiumsalze Brustkrebs auslösen?

Ob die langfristige Anwendung von Deos zu Brustkrebs führen kann, ist nicht ausreichend erforscht. Es fehlen nach strengen Kriterien durchgeführte Studien mit Menschen über einen längeren Zeitraum.

so arbeiten wir
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Eigengerüche des Körpers sind heutzutage verpönt und werden mit einer Vielzahl an Produkten bekämpft. Vor allem dem Achselschweiß wird rigoros zu Leibe gerückt: mit allen Arten von Deodorants und Antitranspirantien.

Manche Produkte verwenden Duftstoffe sowie Substanzen, die das Bakterienwachstum reduzieren. Bakterien sind letztlich ja die Verantwortlichen dafür, dass der ursprünglich geruchlose Schweiß zu riechen beginnt.

Andere Produkte – so genannte Antitranspirantien – reduzieren die Aktivität der Schweißdrüsen selbst. So haben die Bakterien weniger zum Zersetzen und es bleibt trocken unter den Armen – ein Effekt, den viele Konsumentinnen und Konsumenten besonders schätzen. Einige Deos kombinieren diese Wirkungen.

Für die Schweißhemmung in Deos und Antitranspirantien sorgen Aluminiumverbindungen. Aluminiumsalze sind in den letzten Jahren gehörig unter Beschuss geraten. Unter anderem werden sie verdächtigt, als Deo-Bestandteil die Entstehung von Brustkrebs zu fördern. Wir haben uns die Studienlage zu dieser brisanten Frage näher angesehen.

Aluminium in Deos: Laboruntersuchungen alleine genügen nicht

Berichte, dass Deos an der Entstehung von Brustkrebs beteiligt sein sollen, stützen sich meistens auf Studienergebnisse aus dem Labor [1] [6]. In diesen Studien fanden die Autorinnen und Autoren Hinweise darauf, dass Aluminiumsalze (genau genommen Aluminiumchlorid) im Labor gezüchtete Brustgewebszellen schädigen sowie einige für die Entwicklung von Krebszellen charakteristische Veränderungen hervorrufen können.

Zwar sollten solche Ergebnisse auf keinen Fall ignoriert werden; allerdings kann von Laboruntersuchungen in Glasschälchen nicht ohne weiteres auf das Verhalten einer Substanz im viel komplexeren menschlichen Körper geschlossen werden.

So ist unklar, in welchen Mengen Aluminiumchlorid über die Haut in das Brustgewebe aufgenommen wird und wie es sich dort verhält. Diese Fragen könnten nur in klinischen Studien mit menschlichen Probandinnen und Probanden beantwortet werden.

Diese sind aber nach wie vor Mangelware. Im Zuge unserer umfangreichen Literatursuche in medizinische Datenbanken konnten wir jedenfalls keine methodisch wertvollen aussagekräftigen Studien finden, die einen definitiven Zusammenhang zwischen der Verwendung von Deos und Brustkrebs belegen.

Sorgsamer Umgang mit Aluminium und Deos

Aluminium in unterschiedlichsten Verbindungen ist allgegenwärtig. Ob in Nahrungsmitteln, im Trinkwasser, in Verpackungen, in Kosmetika oder Deos – das Leichtmetall gelangt Tag für Tag in unseren Körper. Fachleute warnen, dass schon durch die tägliche Verwendung eines Aluminium-haltigen Deos die als unbedenklich geltende Menge leicht ausgeschöpft sein könnte (pro Woche: 1 Milligramm Aluminium pro Kilogramm Körpergewicht).

Was Aluminium und Aluminiumsalze im Körper genau anstellen, ist derzeit jedoch noch nicht völlig geklärt. Fest steht, dass ein Zuviel davon die Nerven und Knochen schädigen kann [8, 9].

Aluminium wird auch verdächtigt, an der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit, einer Form von Demenz, zumindest mitbeteiligt zu sein – ein Verdacht, der in klinischen Studien bisher weder bestätigt noch widerlegt werden konnte.

Da derzeit offen ist, welche Folgen Aluminium(salze) für die Gesundheit haben könnte(n), raten Fachleute zu einem vorsichtigen Umgang mit Aluminium-haltigen Produkten, zum Beispiel mit Deos [8, 9]. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte bis zur Klärung entweder auf Deos ohne Aluminiumsalze umsteigen oder diese zumindest nicht unmittelbar nach der Rasur auf die empfindliche Haut auftragen.

Parabene in Deos: wenig untersucht

Eine weitere Substanzgruppe, die kritisch betrachtet wurde, sind Parabene. Sie werden in Kosmetika als Konservierungsmittel eingesetzt und finden sich auch in manchen Deodorants. Aus Tier- und Laborstudien gibt es Hinweise darauf, dass Parabene im Körper das weibliche Geschlechtshormon Östrogen schwach imitieren [7].

Die Rolle von Östrogen bei der Entstehung von Brustkrebs ist wissenschaftlich anerkannt. Allerdings existieren zurzeit keine Studien oder sonstigen Hinweise, die auf eine Gefährdung durch Parabene oder auf einen Zusammenhang mit der Entstehung von Brustkrebs schließen lassen. Darauf weist auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung in einer Stellungnahme hin, in der es für die Verwendung verschiedener Parabene Obergrenzen vorschlägt [7].

[Die Erstfassung dieses Artikels erschien am 25. Januar 2012, ein Update am 31.3.2014. Eine abermalige Literatursuche brachte neue Ergebnisse, aber keine Änderung unserer Einschätzung. Wir haben unsere Recherche noch einmal im Mai 2019 aktualisiert.]

Die Studien im Detail

In einer Fall-Kontroll-Studie befragten US-amerikanische Forscher und Forscherinnen ungefähr 800 Brustkrebs-Patientinnen (die „Fall“-Gruppe) und ebenso viele gesunde Studienteilnehmerinnen (die „Kontrollgruppe“) bezüglich ihrer Kosmetikgewohnheiten im Achselbereich [2]. Auch wenn die Anzahl der Teilnehmerinnen nicht ausreicht, um ein eventuell nur geringfügig erhöhtes Brustkrebsrisiko festzustellen, wurde die Studie teilweise nach anerkannten wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt.

Selbst bei jenen Frauen, die sich regelmäßig unter den Armen rasierten und danach Deodorants oder schweißhemmende Kosmetika verwendet hatten, zeigte sich keine Häufung von Brustkrebsfällen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dennoch mutmaßen die Verfasser und Verfasserinnen der Studie, dass das Rasieren der Achselbehaarung kleine Wunden in der Haut hinterlassen könnte, was das Eindringen von Aluminium-Verbindungen aus Antitranspirantien erleichtert.

Deo in jüngeren Jahren: früher Brustkrebs?

In einer weiteren Studie wurden mehr als 400 an Brustkrebs erkrankte Frauen dazu befragt, wie oft sie sich die Achseln rasiert und Antitranspirantien und Deos verwendet hatten [3]. In dieser Arbeit schien bei jenen Frauen Brustkrebs bereits in jüngerem Alter aufzutreten, die häufiger Deos verwendeten und die Achseln rasierten.

Die Untersuchung wies jedoch etliche Mängel auf. So wurden die erkrankten Frauen nicht mit gesunden verglichen. Auch andere mögliche Gründe das Auftreten von Brustkrebs wurden in der Auswertung nicht beachtet. Beispielsweise hatten die Frauen mit früher aufgetretenem Brustkrebs auch häufiger alkoholische Getränke konsumiert.

Mehr Brustkrebs durch häufige Deo-Verwendung?

Auch eine Studie aus Innsbruck legt den Verdacht nahe, dass Frauen, die in jungen Jahren mehrmals täglich ein Deo verwenden, eher Gefahr laufen, an Brustkrebs zu erkranken [4].

Für die Studie wurden 209 an Brustkrebs erkrankte Frauen und ebenso viele Frauen ohne Krebserkrankung nach der Nutzung von geruchshemmenden und schweißhemmenden Deodorants – zusammengefasst unter dem Begriff „Unterarm-Kosmetikum“ – befragt.

Positiv anzumerken ist, dass einige Risikofaktoren, die zur Entstehung von Brustkrebs beitragen können, in dieser Studie berücksichtigt wurden, beispielsweise erbliche Faktoren oder der Lebensstil.

Die befragten Frauen waren zwischen 20 und 80 Jahre alt. Ihre jahrzehntelangen Deo-Gewohnheiten lagen somit zum Teil auch schon lange zurück. Das ist ein Problem: Denn durch die langen Zeiträume kann es zu Erinnerungslücken und Verzerrungen kommen. Dies ist einer der Gründe dafür, warum solche Fall-Kontroll-Studien Zusammenhänge zwischen dem Gebrauch von Deos und Gesundheitseffekten bestenfalls nahelegen, aber nie ursächlich beweisen können.

Brustgewebe mit Aluminium-Belastung

Bei 100 Frauen mit Brustkrebs und 52 gesunden Frauen wurden Gewebsproben aus der Brust auf ihre Aluminium-Konzentration hin untersucht [4]. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen fanden bei den Deo-Nutzerinnen höhere Konzentrationen von Aluminiumsalzen im Brustgewebe. Im Schnitt waren die Proben der Brustkrebs-Patientinnen stärker belastet als die der gesunden Frauen.

Doch das gemeinsame Auftreten von zwei Faktoren allein besagt nicht zwingend, dass der eine den anderen verursacht. Dass in Krebsproben höhere Aluminium-Konzentrationen gefunden wurden, beweist also noch nicht, dass das Aluminium zur Entstehung der Krebserkrankung beigetragen hat. Es könnte sich genauso gut um einen Zufallsbefund handeln.

Ebenfalls kritisch anzumerken ist, dass die Frauen nicht angeben mussten, welche Art von Unterarm-Kosmetikum sie benutzt hatten, also beispielsweise Deos mit oder ohne Aluminium. Selbst wenn die Deos tatsächlich Mitverursacher der Brustkrebs-Erkrankungen sind, kann auf Basis dieser Untersuchung gar nicht beurteilt werden, welche Deo-Inhaltsstoffe dazu geführt haben sollen.

Aus diesem Grund beweisen die Ergebnisse dieser Studie unserer Einschätzung nach weder, dass Deos Brustkrebs auslösen, noch dass sie das nicht tun. Die Behauptung, die Studie sei ein Beweis für die krebsauslösende Wirkung von Aluminiumsalzen in Deos, wie sie nach der Veröffentlichung von einigen Medien verbreitet wurde, lässt sich aus dieser Arbeit nicht ableiten.

Information zu den wissenschaftlichen Studien

[1] Sappino (2012)
Studientyp: Laborstudie
Fragestellung: Beeinflusst die Zugabe von Aluminiumchlorid das Wachstum von im Labor isoliert in Nährlösung gezogenen Brustkrebszellen oder löst gar Krebs aus?

Aluminium chloride promotes anchorage-independent growth in human mammary epithelial cells. J Appl Toxicol. 2012 Jan 6 (Zusammenfassung der Studie)

[2] Mirick (2002)
Studientyp: Fall-Kontroll-Studie
Teilnehmerinnen: 813 Brustkrebs-Patientinnen und 793 gesunde Teilnehmerinnen
Fragestellung: Bringt die Verwendung von Deodorants oder Antitranspirantien ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs mit sich?

Antiperspirant use and the risk of breast cancer. J Natl Cancer Inst. 2002 Oct 16;94(20):1578-80 (Studie im Volltext)

[3] McGrath (2003)
Studientyp: nicht kontrollierte Studie
Teilnehmerinnen: 437 Brustkrebs-Patientinnen
Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Verwendung von Deodorants oder Antitranspirantien und dem früheren Auftreten von Brustkrebs?

An earlier age of breast cancer diagnosis related to more frequent use of antiperspirants/deodorants and underarm shaving. Eur J Cancer Prev 12(6): 479-485 (Zusammenfassung der Studie)

[4] Linhart u.a. (2017)
Studientyp: Fall-Kontroll-Studie
Teilnehmerinnen: 209 Frauen mit und 209 Frauen ohne Brustkrebs-Erkrankung
Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Verwendung von Unterarm-Kosmetika und dem Auftreten von Brustkrebs?

Use of Underarm Cosmetic Products in Relation to Risk of Breast Cancer: A Case-Control Study. EBioMedicine, Juni 2017 (Volltext der Studie)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[5] Harvey (2003)
Parabens, oestrogenicity, underarm cosmetics and breast cancer: A perspective on a hypothesis. J Appl Toxicol. 2003 Sep-Oct;23(5):285-8 (Zusammenfassung der Studie)

[6] Mandriota u.a. (2016)
Aluminium chloride promotes tumorigenesis and metastasis in normal murine mammary gland epithelial cells. Int J Cancer 139(12): 2781-2790 (Volltext der Studie)

[7] Bundesinstitut für Risikobewertung BfR (2011)
Verwendung von Parabenen in kosmetischen Mitteln. Stellungnahme Nr. 009/2011 des BfR vom 28. Januar 2011.
Abgerufen am 13.6.2019 unter http://www.bfr.bund.de/cm/343/verwendung_von_parabenen_in_kosmetischen_mitteln.pdf

[8] Bundesinstitut für Risikobewertung BfR (2014)
Aluminiumhaltige Antitranspirantien tragen zur Aufnahme von Aluminium bei. Stellungnahme Nr. 007/2014 des BfR vom 26. Februar 2014.
Abgerufen am 13.06.2019 unter
http://www.bfr.bund.de/cm/343/aluminiumhaltige-antitranspirantien-tragen-zur-aufnahme-von-aluminium-bei.pdf

[9] Bundesinstitut für Risikobewertung BfR (2017)
Fragen und Antworten zu Aluminium in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten. Aktualisierte FAQ des BfR vom 8. Juni 2017.
Abgerufen am 13.06.2019 unter
http://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-und-antworten-zu-aluminium-in-lebensmitteln-und-verbrauchernahen-produkten.pdf

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