Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Basenfasten – die Kur für Ihre Geldbörse

Basische Kost soll der Übersäuerung des Körpers vorbeugen – und damit zahlreichen Krankheiten. Auf wissenschaftliche Fakten kann sich diese Theorie nicht stützen.

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Review:  Kylie Thaler 

Kann eine angeblich „säurereiche“ Ernährung die Knochen schwächen?

Beugt eine angeblich „basenreiche“ Ernährung chronischen Krankheiten vor?

Dass eine angeblich „säurereiche“ Ernährung die Knochen schwächt, ist nicht wahrscheinlich. Zur Auswirkung auf andere Erkrankungen gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen.

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© mocker_bat - fotolia.com Leiden wir an einer Übersäuerung unseres Körpers?
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Ein nicht-ausgeglichener Säure-Basen-Haushalt schwächt angeblich die Abwehrkräfte und soll Ursache für viele chronische Erkrankungen wie Osteoporose oder Rücken- und Gelenksschmerzen sein. Manche Medien und Internetseiten empfehlen deshalb eine Umstellung der Ernährung auf sogenannte basenreiche Kost. Dazu zählen angeblich Obst, Gemüse, Kartoffeln oder Kräuter, wogegen zum Beispiel Süßes und Fleisch zu ungesunden, „säurebildendenden“ Lebensmitteln gezählt wird.

Dass Obst und Gemüse gesünder sind als viel Fleisch und Zuckerreiches, ist unbestritten. Was aber haben Säuren und Basen damit zu tun?

Säure-Basen-Haushalt des Körpers reguliert sich selbst

Basische (alkalische) Substanzen sind so etwas wie das Gegenteil von Säuren. Daher haben sie die Eigenschaft, Säuren zu neutralisieren (also weniger sauer zu machen). Neutrale Flüssigkeiten (zum Beispiel Wasser) haben einen pH-Wert von genau 7. Der pH von Säuren wie Essigsäure oder Zitronensäure liegt unter diesem Wert, während der von basischen Substanzen (wie Speisesoda) über 7 liegt. Ist eine Flüssigkeit zu basisch, kann sie im Körper ebenso gesundheitliche Schäden bewirken wie zu saure Stoffe. (Im Extremfall können stark basische Chemikalien wie etwa konzentrierte Natronlauge genauso zu Verätzungen führen wie starke Säuren.)

Der Körper versucht daher, den Anteil von Säuren und Basen im Blut möglichst ausgeglichen zu halten. Dazu existiert im Blut ein Puffersystem, das ein Zuviel an Säuren oder Basen abfangen kann und den pH-Wert in einem engen Rahmen hält.

Dieser Bereich liegt zwischen 7,35 und 7,45, das menschliche Blut ist also tatsächlich schwach basisch. Bereits eine geringfügige Abweichung entweder in den sauren oder aber noch basischeren Bereich würde allerdings zu gravierenden Problemen führen. Das Schwindelgefühl beim Aufblasen einer Luftmatratze mit dem Mund zum Beispiel wird durch ein kurzfristiges basischer-werden des Blutes verursacht. Beim Aufblasen wird nämlich vermehrt Kohlendioxid ausgeatmet, welches im Blut in Form von Kohlensäure gelöst ist. Dadurch wird das Blut weniger sauer – also basischer.

Setzt man mit dem Aufblasen aus, normalisiert sich auch der pH im Blut wieder – und das Schwindelgefühl verschwindet. Neben dem Puffersystem des Blutes kann der Körper also durch eine Steuerung der Atmung ein Ungleichgewicht im Säure-Basen-Haushalt rasch ausgleichen.

Überschüssige Säuren und Basen werden ausgeschieden

Bei der Verdauung verschiedener Nahrungsmittel entstehen tatsächlich öfters saure oder basische Stoffe. Da sie das Säure-Basen-Gleichgewicht im Blut (und somit dem restlichen Körper) stören würden, werden sie über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Im Gegensatz zum Blut kann daher der Säure- oder Basen-Anteil des Urins stark schwanken.

Beispielsweise führt der Verzehr von Fleisch, Mehlprodukten oder proteinreichem Käse zu verstärkter Ausscheidung von Säure, während etwa Obst und Gemüse die Säureausscheidung mit dem Urin verringert [1]. Ein saurerer Urin sagt aber nichts über den Blut-pH aus, und steht vor allem in keinem Zusammenhang mit einer möglichen „Übersäuerung“ des Körpers, wie dies Vertreter der basischen Ernährungstheorie behaupten.

In manchen Organen ist eine saure Umgebung sogar notwendig. So würde die Verdauung ohne die stark saure Magensäure nur schlecht funktionieren. Zusätzlich sorgt sie dafür, dass gefährliche Keime, die wir mit der Nahrung eventuell aufnehmen, abgetötet werden. Auch die Hautoberfläche besitzt ein etwas saures Milieu, um Krankheitserreger in Schach zu halten. Sowohl Magen wie auch Harnblase und Hautoberfläche stehen aber nicht direkt mit dem Blutkreislauf und somit dem Blut-pH-Wert in Verbindung.

Kein Hinweis auf Zusammenhang mit Krankheiten

Aufgrund der angeblichen „Übersäuerung“ des Körpers sollen als säurefördernd geltende Nahrungsmittel die Ursache für viele bekannte Krankheiten sein. Wissenschaftliche Studien, die eine solche Verbindung zwischen säure- oder basenbetonter Ernährungsweise und dem Gesundheitszustand untersuchen, wurden allerdings kaum durchgeführt.

Das einzige bisher erforschte Krankheitsbild in diesem Zusammenhang ist das Risiko für Knochenbrüche im Alter (Osteoporose). Vertreter der basischen Ernährungstheorie meinen, dass zur Neutralisation der überschüssigen Säuren Kalzium aus dem Knochen gelöst wird, wodurch langfristig die Knochenstärke abnimmt.

Eine Forschergruppe überprüfte in zwei systematischen Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen diese Vermutung anhand bisher veröffentlichter wissenschaftlicher Studien [2, 3]. Dabei zeigte sich, dass eine sogenannte säurebetonte (zum Beispiel phosphatreiche, proteinreiche oder getreidereiche) Ernährung keine negativen Auswirkungen auf die Knochen hat. Auch wenn das Risiko für Knochenbrüche nicht direkt untersucht wurde, gab es keinen Hinweis auf eine Abnahme der Knochendichte.

Wurde mehr Säure mit dem Urin ausgeschieden, stieg zwar auch die Ausscheidung der Kalzium-Menge – dieses ausgeschiedene Kalzium stammte jedoch offenbar nicht aus den Knochen, sondern war scheinbar aufgrund des erhöhten Bedarfs aus der Nahrung vermehrt aufgenommen worden. Die Menge des ausgeschiedenen Kalziums überstieg jedenfalls nicht die mit der Nahrung aufgenommene Menge.

Nutzen von basischer Ernährung fragwürdig

Insgesamt ist der Nutzen einer basenhältigen Ernährung fragwürdig. Auch wenn die dahinterstehende Theorie der Übersäuerung des Körpers durch die moderne westliche Kost wissenschaftlich kaum untersucht ist, erweisen sich viele Argumente ihrer Vertreter als falsch oder aus der Luft gegriffen. Zudem erscheint die Begründung zu vereinfacht, dass eine einzige Ursache für so unterschiedliche Dinge wie Osteoporose, Gelenkserkrankungen, Rückenschmerzen sowie Falten und Cellulite verantwortlich sein könnte.

Ohne Zweifel ist der vermehrte Verzehr von Obst und Gemüse empfehlenswert. Die von Vertretern der Basentheorie zusätzlich angepriesenen Basenpulver oder andere „basenfördernden“ Nahrungsergänzungsmittel bringen aber keine zu erwartenden Vorteile mit sich. Es sei denn, man verdient am Verkauf derartiger Produkte und den dazugehörigen Büchern und Seminaren.

[2]Fenton u. a. (2009)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 5 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer: insgesamt 133 Personen
Studiendauer: 23 – 84 Tage
Fragestellung: Bewirkt eine proteinreiche Ernährung gemäß der Säure-Basenhaushalt-Theorie zur Entstehung von Osteoporose eine negatives Calcium-Gleichgewicht?

Titel: „Meta-analysis of the effect of the acid-ash hypothesis of osteoporosis on calcium balance“. J Bone Miner Res. 2009 Nov;24(11):1835-40. (Zusammenfassung der Studie)

[3]Fenton u. a. (2011)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 55 (2 Meta-Analysen, 22 randomisiert-kontrollierte Studien, 11 Beobachtungsstudien, 19 Laborstudien)
Teilnehmer: insgesamt 133 Personen
Studiendauer: 23 – 84 Tage
Fragestellung: Bewirkt eine gemäß der Säure-Basenhaushalt-Theorie säurereiche Ernährung ein erhöhtes Risiko zur Entstehung von Osteoporose?

Titel: „Causal assessment of dietary acid load and bone disease: a systematic review & meta-analysis applying Hill’s epidemiologic criteria for causality“. Nutr J. 2011 Apr 30;10:41. (Studie im Volltext)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[1] Remer T, Manz F. (1995) Potential renal acid load of foods and its influence on urine
pH. J Am Diet Assoc. 1995 Jul;95(7):791-7. PubMed PMID: 7797810. (Zusammenfassung des Artikels)

Aktualisierte Version, ursprünglich veröffentlicht am 23. März 2012. Seitdem sind keine neuen wissenschaftlichen Studien zu dieser Fragestellung erschienen.

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