DMSO bei Arthrose im Knie eher unwirksam

Dimethylsulfoxid, kurz DMSO, soll Schmerzen bei Knie-Arthrose lindern. Bisherige Studienergebnisse sprechen nicht dafür, allerdings sind noch Fragen offen.

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Lindern Mittel mit DMSO zum Einreiben die Schmerzen bei einer Knie-Arthrose?

Bringt bei einer Arthrose im Knie das Einreiben mit DMSO weniger Schmerzen und mehr Beweglichkeit als das anerkannte Schmerzmittel Diclofenac?

Mehrere Studien haben DMSO mit einem Scheinpräparat verglichen. Die Ergebnisse sind jedoch widersprüchlich und viele der Untersuchungen mangelhaft durchgeführt. Die verlässlichsten der Untersuchungen haben keine Wirksamkeit von DMSO feststellen können.

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© wavebreakmedia - Shutterstock.com Kein Wunder: DMSO erscheint verlockend, wenn die Knie dauernd schmerzen
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Gerade im fortgeschrittenen Alter sind viele Menschen von einer Arthrose betroffen, häufig im Kniegelenk. Dann ist Bewegung oft mit Schmerzen verbunden. Besonders beim Losgehen fühlen sich die Kniegelenke steif an. Der Grund: Der Gelenkknorpel ist dünn geworden und schützt nicht mehr so gut [5].

So zahlreich wie die Betroffenen sind auch die Mittel, die vermeintlich bei Arthrose helfen sollen. So erreichte uns eine Leseranfrage, ob Dimethylsulfoxid, kurz DMSO, bei einer Arthrose im Knie die Schmerzen lindert und die Beweglichkeit verbessert.

Gele, Cremes und Lösungen mit DMSO sollen direkt auf das schmerzende Knie aufgetragen werden. Die Mittel sind hauptsächlich über das Internet erhältlich. Zugelassene Arzneimittel mit DMSO gegen Arthrose-Schmerzen gibt es weder in Österreich noch in Deutschland.

DMSO eher unwirksam

Die Datenlage zur Wirksamkeit ist allerdings ernüchternd. Sie deutet darauf hin, dass DMSO Knieschmerzen bei Arthrose nicht lindern kann. Das ist das Ergebnis in vier von fünf bisher durchgeführten Studien [1–3], die DMSO mit einem Scheinpräparat verglichen. Die Aussagekraft dieser Untersuchungen ist jedoch durch Mängel eingeschränkt. In einer fünften Studie [1] zeigte sich eine Wirksamkeit – allerdings halten wir dieses Ergebnis aufgrund von Mängeln für wenig aussagekräftig (siehe Abschnitt „Die Studien im Detail“).

Zwei Studien [2,3] verglichen DMSO auch mit herkömmlichen Schmerzmittel-Salben oder Gelen, die die Teilnehmenden ebenfalls auf das Knie aufgetragen haben. Die Aussagekraft dieser Untersuchungen ist durch widersprüchliche Ergebnisse und zahlreicher Mängel stark eingeschränkt. Deshalb können wir nicht verlässlich abschätzen, ob DMSO tatsächlich eine gleichwertige Alternative zu Schmerzmittel-Salben und -Gelen ist.

Auch mögliche Nebenwirkungen von DMSO zum Auftragen sind nur unzureichend untersucht [1–3]. Bekannt ist, dass Hautreizungen auftreten können. DMSO wird über die Haut in den Körper aufgenommen und dort abgebaut. Durch die Abbauprodukte können Atem und Schweiß nach Knoblauch riechen [4].

Nur im Labor?

DMSO ist eigentlich ein Lösungsmittel, das in verschiedenen chemischen und technischen Bereichen eingesetzt wird. Manchmal findet sich DMSO auch als Hilfsstoff in Salben, zusammen mit Arzneistoffen. Hier wird ausgenutzt, dass DMSO das Eindringen anderer Substanzen in die Haut fördert.

Die Idee, warum DMSO auch als Wirkstoff bei Arthrose helfen soll, stammt aus Laborversuchen: In solchen Experimenten hemmte die Substanz Entzündungsreaktionen und Botenstoffe für die Schmerzweiterleitung in Zellen, die in Laborschalen gezüchtet wurden [1]. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass die Substanz auch im menschlichen Körper wirksam ist.

DMSO ist chemisch übrigens eng mit MSM (Methylsulfonylmethan) verwandt, das ebenfalls bei Arthrose beworben wird. Anders als DMSO wird MSM nicht auf das schmerzende Knie geschmiert, sondern als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen [4].

Was gegen die Knieschmerzen hilft

Wirksame Medikamente, die den Verlauf einer Arthrose aufhalten können, gibt es bisher nicht.

Zur Linderung der Beschwerden eignen sich Bewegung und Schmerzmittel zum Einnehmen. Schmerzsalben mit Diclofenac können Schmerzen wahrscheinlich ebenfalls etwas lindern. Bei Übergewicht ist es sinnvoll abzunehmen, um die Gelenke zu entlasten. Auch Gehstöcke können beim Entlasten der Gelenke helfen. Wenn solche Maßnahmen nicht ausreichend helfen und die Arthrose weit fortgeschritten ist, kann ein künstliches Kniegelenk eine mögliche Option sein [5–7].

Angeboten werden allerdings auch viele fragwürdige Behandlungen, deren Nutzen nicht erwiesen ist. Dazu gehören etwa Präparate mit Katzenkralle, Grünlippmuschel oder Chondroitin.

Ausführliche und verlässliche Informationen zur Behandlung von Kniearthrose finden Sie auch auf Gesundheitsinformation.de.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Bei unserer Recherche haben wir in zwei Forschungsdatenbanken nach sogenannten randomisiert-kontrollierten Studien gesucht. Dabei werden Personen mit Knie-Arthrose nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) in mindestens zwei Gruppen aufgeteilt: Die Behandlungsgruppe erhält DMSO, die Kontrollgruppe ein Scheinpräparat (Placebo) oder ein herkömmliches Schmerzmittel zum Auftragen aufs Knie.

Bei der Suche fanden wir eine systematische Übersichtsarbeit [1], die vier randomisiert-kontrollierte Studien analysiert und zusammenfasst. Darüber hinaus fanden wir zwei weitere randomisiert-kontrollierte Studien [2,3]. Die meisten dieser Untersuchungen verglichen die Wirksamkeit von DMSO mit Placebo, zwei mit den Schmerzmitteln Diclofenac [1] oder Piroxicam [3].

Wie aussagekräftig sind diese Studien?

Problematisch an diesen Studien ist die meist schlechte methodische Qualität, die die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt. Besonders kritisch ist, dass viele der Teilnehmenden wussten, ob sie DMSO verwendeten oder nicht. Da sie die Wirksamkeit selbst beurteilten, kann dieses Wissen ihre Einschätzung deutlich verzerren. Bei DMSO ist die Geheimhaltung schwierig, weil nach dem Einreiben Haut und Atem oft nach Knoblauch riechen. Dieser Geruch entsteht durch Abbauprodukte von DMSO. Dieses Problem wurde nur in zwei Studien [1,2] umgangen.

Die Studienergebnisse zu vergleichen und zusammenzufassen ist auch schwierig, da die Forschungsteams verschiedene Mittel mit DMSO mit unterschiedlichen Dosierungen verwendet haben und die Teilnehmenden Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen nicht auf die gleiche Art bewerteten.

An den Studien, die DMSO mit herkömmlichen Schmerz-Gelen verglichen [1,3], nahmen nur relativ wenige Personen teil. Das begünstigt Zufallsergebnisse, so dass wir aus den Studien keine verlässlichen Schlussfolgerungen ableiten können.

Hinzu kommt, dass die Studien nur wenige Wochen dauerten. Bei einer Arthrose bestehen die Beschwerden dagegen oft viele Jahre oder gar Jahrzehnte. Die Untersuchungen lassen deshalb keine Rückschlüsse auf die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von DMSO zu.

[1] Brien et al. (2008) Systematic review of the nutritional supplements dimethyl sulfoxide (DMSO) and methylsulfonylmethane (MSM) in the treatment of osteoarthritis. Osteoarthritis Cartilage, 2008, 16, 1277–1288 (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Simon et al. (2009) Efficacy and safety of topical diclofenac containing dimethyl sulfoxide (DMSO) compared with those of topical placebo, DMSO vehicle and oral diclofenac for knee osteoarthritis. Pain, 2009,143, 238–245 (Zusammenfassung der Studie)

[3] Monisha et al. (2018) Evaluating the effectiveness of phonophoresis by piroxicam and dimethyl sulfoxide for women’s with osteoarthritis knee joint. Asian J Pharm Clin Res 2018, 11, 329–331 (Studie in voller Länge)

[4] National Center for Complementary and Integrative Health (2017) Diemethyl Sulfoxide (DMSO) and Methylsulfonylmethane (MSM) for Osteoarthritis. Abgerufen am 22.08.2023 unter https://nccih.nih.gov/health/supplements/dmso-msm

[5] IQWiG (2021) Kniearthrose. Abgerufen am 22.08.2023 unter https://www.gesundheitsinformation.de/kniearthrose-gonarthrose.html

[6] UpToDate (2023) Management of knee osteoarthritis. Abgerufen am 03.05.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/management-of-knee-osteoarthritis (Zugriff kostenpflichtig)

[7] UpToDate (2023) Management of moderate to severe knee osteoarthritis. Abgerufen am 03.05.2023 unter https://www.uptodate.com/contents/management-of-moderate-to-severe-knee-osteoarthritis (Zugriff kostenpflichtig)

  • 13. September 2023: Auf der Basis einer neuen Studie bleibt unsere Einschätzung zur Wirksamkeit gleich, wir verändern aber die Bewertung der Unsicherheit.
  • 27. September 2018: Erste Veröffentlichung

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