Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Ultraschall: kein Hinweis auf Schädlichkeit für Babys

Dass Ultraschall-Untersuchungen für das Ungeborene schädlich sind, hat sich in Studien nicht bestätigt. Einen Beleg für absolute Sicherheit gibt es aber nicht.

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Sind Ultraschall-Untersuchungen in der Schwangerschaft für die Gesundheit des Kindes unbedenklich?

In bisherigen Studien haben Routine-Untersuchungen mit Ultraschall keine negativen Auswirkungen gezeigt. Es gab im Neugeborenenalter keine Unterschiede hinsichtlich Größe, Gewicht, Geburtskomplikationen oder Fehlbildungen. Später gab es zwischen häufiger bzw. seltener „geschallten“ Kindern keine Unterschiede hinsichtlich Entwicklung oder Fertigkeiten wie Lesen, Sprechen, Rechnen, Sehen oder Hören. Mängel in der Studiendurchführung schränken die Aussagekraft dieser Ergebnisse jedoch recht stark ein.

so arbeiten wir
Schwangere Frau bei der Ultraschall-Untersuchung Ultraschall-Untersuchungen sind in der Schwangerschaft Routine
© Dmitry Kalinovsky – Shutterstock.com

Ultraschall-Untersuchungen sind eine gängige Methode in der Schwangerenvorsorge. Mittels der beeindruckend detaillierten Ultraschallbilder ist es möglich, u.a. Entwicklung, Wachstum, Lage und Herzschlag des Ungeborenen zu erkennen.

Im Rahmen der routinemäßigen Schwangerenbetreuung in Österreich (Mutter-Kind-Pass) sind drei Ultraschall-Untersuchungen empfohlen [6]. Die Check-ups dienen einerseits der Beruhigung („alles in Ordnung“) bzw. ermöglichen es, Schwierigkeiten zu erkennen und einzugreifen.

Kein Hinweis auf Schädlichkeit

Immer wieder wird darüber diskutiert, ob Ultraschalluntersuchungen für das Kind eventuell schädlich sind. Zu dieser Frage haben wir drei wissenschaftliche Datenbanken nach entsprechenden Studien durchsucht.

Das Ergebnis unserer Recherche war tendenziell beruhigend: Bisherige Studien deuten darauf hin, dass Ultraschall bei Routineuntersuchungen die Gesundheit des Ungeborenen nicht beeinträchtigen dürfte [1-3].

„Geschallt“ = „ungeschallt“

Dem aktuellen Stand des Wissens nach dürften Babys, die im Mutterleib routinemäßig „geschallt“ worden sind, nicht häufiger von Fehlbildungen, Problemen bei der Geburt oder Wachstumsverzögerungen betroffen sein. Auch im Schulalter gibt es keine Hinweise auf mehr Probleme in der geistigen oder körperlichen Entwicklung – im Vergleich zu „ungeschallten“ Kindern:

Geschallte wie ungeschallte Kinder aus den besten derzeit verfügbaren Studien waren beim Lesen, Rechnen, Sprechen, Hören oder Sehen gleich auf. Auch in punkto Beweglichkeit schnitten beide Gruppen ähnlich ab.

Insgesamt lassen diese Ergebnisse Routine-Untersuchungen mit Ultraschall für das Baby und dessen weitere Entwicklung unbedenklich wirken. In den analysierten Studien wurden die meisten dieser Untersuchungen allerdings vor 1995 durchgeführt. Die Ergebnisse lassen sich daher nur eingeschränkt auf die teilweise stärkeren Ultraschall-Geräte der heutigen Zeit übertragen [1].

Bilder aus Echos

Ultraschall-Töne sind so hoch, dass wir sie nicht mehr wahrnehmen können. Ultraschallwellen können durch den Körper wandern.

Trifft Ultraschall dabei auf unterschiedliche Gewebe – etwa vom Ungeborenen – werden die Wellen teilweise als Echo zurückgeworfen. Diese Echos eigenen sich dafür, um daraus ein Bild zu erzeugen, zum Beispiel vom Baby im Bauch der Mutter. Moderne Ultraschallbilder sind dreidimensional, detailreich und bewegt.

Geringfügige Erwärmung

Sehr starke Ultraschallwellen können Flüssigkeiten oder Gewebe erwärmen. Der Ultraschall aus Geräten für medizinische Untersuchungen ist jedoch relativ schwach. Um eine gefährliche Erwärmung auszuschließen, setzen Ärztinnen und Ärzte Ultraschall so kurz und niedrigdosiert wie möglich ein.

Bei Untersuchungen während der Schwangerschaft erwärmt der Ultraschall das Gewebe von Mutter und Baby kurzzeitig um höchstens eineinhalb Grad Celsius [4]. Das entspricht einem Temperaturanstieg, wie er bei leichtem Fieber auftritt – mit dem Unterschied, dass er nur sehr kurz anhält.

Mit Doppler-Ultraschall kann es bei längerer Anwendung theoretisch zu einer größeren Temperaturerhöhung kommen. Diese Untersuchungsmethode wird jedoch nur selten und für für wenige Sekunden bis Minuten angewendet [4], etwa um den Blutstrom in den Gefäßen von Mutter oder Baby zu messen. Auch für diese besondere Form des Ultraschall geben Studien keine Hinweise auf eine Schädlichkeit [1,4,5].

Die Studien im Detail

Um eventuelle negative Auswirkungen von Ultraschall-Untersuchungen zu untersuchen, sind randomisiert-kontrollierte Studien mit einer großen Anzahl an Teilnehmerinnen am besten geeignet.

Bei unserer Suche in drei wissenschaftlichen Datenbanken haben wir drei Übersichtsarbeiten gefunden. Hier sind die besten bisher durchgeführten Studien analysiert und zusammengefasst [1-3]. Die randomisiert-kontrollierten Studien wurden zwischen Ende der 1970er und Mitte der 1990er Jahre durchgeführt.

Bei den randomisiert-kontrollierten Studien wurden die Teilnehmerinnen per Zufall (randomisiert) entweder der Versuchsgruppe oder der Kontrollgruppe zugeteilt. Die Frauen in der Versuchsgruppe wurden routinemäßig ein bis vier Mal per Ultraschall untersucht – in den meisten Studien zwei Mal pro Schwangerschaft. Die Frauen aus der Kontrollgruppe erhielten nie bzw. wesentlich seltener eine Ultraschall-Untersuchung – also nur, wenn es einen konkreten Anlass gab.

Analysen von WHO und Cochrane

Eine Forschungsgruppe der Weltgesundheitsorganisation WHO analysierte alle relevanten Studien, die bis Oktober 2007 veröffentlicht worden sind [1]. Die zusammengefassten Ergebnisse von 16 randomisiert-kontrollierten Studien mit rund 50.000 Schwangeren deuteten darauf hin, dass Ultraschall dem Ungeborenen nicht schadet.

Darüber hinaus haben zwei Forschungsteams des unabhängigen Wissenschaftsnetzwerks Cochrane die Studienlage im Frühjahr 2015 ausgewertet. Ein Team beleuchtete etwaige negative Auswirkungen, wenn in den ersten sechs Monaten der Schwangerschaft mit Ultraschall untersucht wird [2]. Dazu analysierte es 11 randomisiert-kontrollierte Studien mit rund 37.000 Frauen, die bereits alle in der WHO-Arbeit berücksichtigt worden waren.

Das zweite Cochrane-Team wollte wissen, ob Ultraschall-Untersuchungen in den letzten drei Schwangerschaftsmonaten negative Auswirkungen haben [3]. Für ihre Analyse verwendeten sie die Daten von 34.980 Frauen aus 13 Studien, wobei eine dieser Studien erst nach Erscheinen der WHO-Übersichtsarbeit veröffentlicht wurde.

An der ursprünglichen Einschätzung der WHO ändern die beiden Cochrane-Analysen nichts. Aktuellere Studien konnten wir bei unserer intensiven Recherche keine finden, daher können wir keine Ergänzungen machen.

Kein Hinweis auf Schädlichkeit

Bedenkliche Auffälligkeiten fanden sich in den zusammengefassten Studienergebnissen nicht. Die meisten Studien untersuchten Neugeborene. Demnach gab es zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe u.a. keine Unterschiede hinsichtlich:

  • Geburtsgewicht
  • Geburtsgröße
  • Risiko einer Totgeburt
  • der Notwendigkeit, das Neugeborene in der Intensivstation zu behandeln
  • Risiko für Fehlbildungen
  • Risiko für eine Frühgeburt

Ältere Kinder: (fast) keine Unterschiede

Zwei Studien – eine aus Norwegen und eine aus Schweden – untersuchten rund 7000 Kinder bis ins Alter von acht bis neun Jahren [1,2]. Dabei zeigten sich unter anderem keine Unterschiede hinsichtlich:

  • Entwicklungsverzögerungen
  • Sprechen
  • Lesen
  • Rechtschreiben
  • Rechnen
  • allgemeiner Schulleistung
  • Hörvermögen
  • Sehvermögen
  • Aufmerksamkeit
  • Beweglichkeit

Es gab allerdings eine Auffälligkeit: In der norwegischen Studie waren in der Ultraschall-Gruppe mehr Buben linkshändig als in der Kontrollgruppe. In der schwedischen Studie war das jedoch nicht der Fall. Es ist wahrscheinlich, dass dieser errechnete „Unterschied“ in Wirklichkeit gar nicht existiert, sondern nur ein zufälliges Kunstprodukt der Berechnungen ist.

Eingeschränkte Aussagekraft

Alles in allem gehen wir auf Basis aller Ergebnisse davon aus, dass Ultraschalluntersuchungen kurz- oder längerfristig keine negativen Folgen haben dürften. Allerdings ist die Schwankungsbreite der Ergebnisse groß, und das bringt eine gewisse Unsicherheit mit sich. Daher können wir die Unbedenklichkeit nicht mit absoluter Sicherheit bestätigen. Das gilt besonders für die Entwicklung der Kinder im Schulalter.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: Die Aussagekraft der randomisiert-kontrollierten Studien, die Basis für unsere Schlüsse sind, ist insgesamt nur mittelmäßig.

So ist in einigen Studien ist etwa nicht gesichert, ob die Gruppenzuteilung wirklich zufällig war. Dadurch könnten bereits vor Studienbeginn Unterschiede zwischen den beiden Gruppen bestanden haben. In manchen Studien ist zudem nicht klar, ob alle erhobenen Daten veröffentlicht wurden.

All diese Aspekte schränken die Aussagekraft der Ergebnisse ein.

[1] Torloni u.a. (2009)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 16 randomisiert-kontrollierte Studien, 13 Kohortenstudien und 12 Fall-Kontroll-Studien
Teilnehmende insgesamt: ca 50.000 Schwangere in den randomisiert-kontrollierten Studien
Fragestellung: Haben Ultraschall-Untersuchungen während der Schwangerschaft negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Mutter und Kind?
Interessenskonflikte: nicht angegeben

Torloni MR, Vedmedovska N, Merialdi M, Betrán AP, Allen T, González R, Platt LD; ISUOG-WHO Fetal Growth Study Group. Safety of ultrasonography in pregnancy: WHO systematic review of the literature and meta-analysis. Ultrasound Obstet Gynecol. 2009 May;33(5):599-608. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[2] Whitworth u.a. (2015)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 11 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmende insgesamt: 37.505 Schwangere
Fragestellung: Haben routinemäßige Ultraschall-Untersuchungen bis zur 24. Schwangerschaftswoche eine positive oder negative Auswirkung auf die Gesundheit von Mutter und Kind?
Interessenskonflikte: keine laut Autorenteam
Whitworth M, Bricker L, Mullan C. Ultrasound for fetal assessment in early pregnancy. Cochrane Database Syst Rev. 2015 Jul 14;(7):CD007058. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[3] Bricker u.a. (2015)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Analysierte Studien: 13 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmende insgesamt: 34.980 Schwangere
Fragestellung: Haben routinemäßige Ultraschall-Untersuchungen nach der 24. Schwangerschaftswoche eine positive oder negative Auswirkung auf die Gesundheit von Mutter und Kind?
Interessenskonflikte: keine laut Autorenteam
Bricker L, Medley N, Pratt JJ. Routine ultrasound in late pregnancy (after 24 weeks‘ gestation). Cochrane Database Syst Rev. 2015 Jun 29;(6):CD001451. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

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