Mit Katzenkralle gegen Gelenksbeschwerden?

Bei Arthrose oder rheumatoider Arthritis schmerzen die Gelenke. Bewegungen werden mühsam. Ob eine Pflanze namens Katzenkralle dagegen hilft, ist bisher nicht ausreichend untersucht.

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Verbessert Katzenkralle die Beschwerden bei Gelenkserkrankungen?

Wir haben drei kleine Studien gefunden, die Katzenkralle bei Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis bzw. Arthrose untersucht haben. Die Studien haben deutliche Mängel und kommen teils zu widersprüchlichen Ergebnissen. Deshalb lässt sich die Frage nicht eindeutig beantworten.

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© PATCHAYA BURANCHANTRA www.shutterstock.com Katzenkralle: Tierischer Name für eine südamerikanische Schlingpflanze.
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Menschen mit Gelenkserkrankungen haben oft einen hohen Leidensdruck, besonders wenn die ärztlich verordneten Mittel nicht ausreichend helfen. Bei Gelenksverschleiß („Arthrose“) und rheumatoider Arthritis haben deshalb Präparate Konjunktur, die schnelle Abhilfe versprechen und rezeptfrei erhältlich sind.

Dazu zählen auch Mittel mit Katzenkralle, zu denen uns die Anfrage eines Lesers erreichte. Können diese bei Gelenkserkrankungen helfen, also Schmerzen lindern und die Beweglichkeit der Gelenke verbessern?

In Labor- und Tierversuchen fanden sich Hinweise auf eine mögliche anti-entzündliche Wirkung von Katzenkralle-Extrakten. Daher wäre ein Nutzen bei entzündlichen Gelenkserkrankungen wie Arthrose und Rheuma zumindest theoretisch plausibel [8].

Studien mit zufälliger Zuteilung

Aber natürlich müssen Hypothesen zur Wirksamkeit, mögen sie auch noch so plausibel erscheinen, zuerst noch in Studien mit Menschen untersucht werden. Wir konnten auch tatsächlich drei solcher Studien auswerten [1-3].

Dabei bekamen Patientinnen und Patienten mit Gelenkserkrankungen nach dem Zufallsprinzip entweder ein Katzenkralle-Mittel oder ein Scheinmedikament. An zwei Studien [1,3] waren Menschen mit rheumatoider Arthritis beteiligt, an einer Menschen mit Knie-Arthrose [2].

Viele Fragen offen

Ob Katzenkralle bei rheumatoider Arthritis oder Arthrose besser hilft als ein Placebo, lässt sich auf der Basis der verfügbaren Studien nicht verlässlich abschätzen. Wir können keine Aussagen zur Wirksamkeit treffen.

Denn insgesamt waren nur wenige Patientinnen und Patienten beteiligt, und es wurden sehr verschiedene Präparate getestet.

Außerdem fehlen in den Publikationen wichtige Details, sodass wir die Verlässlichkeit der Studien nur schwer bewerten können. Darüber hinaus ist uns aufgefallen, dass nicht immer alle Daten in die Auswertung eingeflossen sind [1].

Weiteres kamen die Studien auch zu widersprüchlichen Ergebnissen: Mal berichteten die Autorenteams, dass sich Schmerzen und Beweglichkeit besserten, mal nicht.

Wenig aussagekräftig

Und wie steht es um das Wissen zu den Nebenwirkungen? In allen Publikationen [1-3] finden sich zwar einige Angaben zu möglichen Nebenwirkungen. Darunter waren Magen-Darm-Beschwerden, die jeweils einige wenige Teilnehmende betrafen.

Es ist jedoch nicht gut nachvollziehbar, wie die unerwünschten Wirkungen genau erhoben wurden. Außerdem lassen es beispielsweise die geringe Anzahl der Teilnehmenden und die relativ kurze Dauer der Studien nicht zu, definitive Angaben zur Verträglichkeit zu machen.

Schmerzende steife Gelenke

Bei Arthrose und rheumatoider Arthritis zerstören Entzündungsprozesse nach und nach die betroffenen Gelenke. Für die Betroffenen bedeutet das in der Regel Schmerzen und je nach Ausmaß der Erkrankung auch Einschränkungen der Beweglichkeit.

Arthrose, die deutlich häufiger ist, zeigt sich oft an Knie- oder Hüftgelenken. Diese Erkrankung wird auch als „Gelenksverschleiß“ bezeichnet, der im Laufe des Lebens oder durch starke körperliche Belastung entsteht. Bei Menschen über 70 Jahre sind etwa die Hälfte der Frauen und etwa ein Drittel der Männer von Arthrose betroffen [6].

Die rheumatoide Arthritis zählt dagegen zu den Autoimmunerkrankungen. Dabei richtet sich das Immunsystem gegen Knorpelgewebe in den Gelenken und zerstört es im Laufe der Zeit. Rheumatoide Arthritis betrifft deutlich weniger Menschen als Arthrose, nämlich etwa 1 von 100 Erwachsenen [7].

Keine Arzneimittel

Bis vor einiger Zeit war ein Präparat mit Katzenkralle in Österreich als Arzneimittel zugelassen. Inzwischen hat der Hersteller aber auf die Zulassung verzichtet.

Nach Auffassung der europäischen Zulassungsbehörde EMA liegen nicht genügend Nachweise für den Nutzen von Katzenkralle vor, um entsprechende Präparate als Arzneimittel einzusetzen.

Nichtsdestotrotz werden nach wie vor verschiedene Präparate mit Katzenkralle im Internet vermarktet – und zwar als Nahrungsergänzungsmittel [8].

Aus Süd- und Mittelamerika

Der Name „Katzenkralle“ ist übrigens nicht ganz eindeutig. Es ist die Bezeichnung für zwei Pflanzenarten verwendet, die miteinander verwandt sind. Die botanischen Namen lauten Uncaria tomentosa bzw. Uncaria guianensis.

Beide Pflanzen sind Schlingpflanzen. Sie kommen in den Regenwäldern von Süd- und Mittelamerika vor.

In der süd- und mittelamerikanischen Volksmedizin wird die Katzenkralle für mehrere Krankheiten verwendet. Dazu zählen auch verschiedene Gelenkserkrankungen. Genutzt werden meist die Rinde oder die Wurzel der Pflanze, und zwar in Form von Tee oder als alkoholischer Auszug.

Die Studien im Detail

Bei unserer Literaturrecherche haben wir vier relevante Studien [1-4] identifizieren können. Bei diesen Studien haben die Patientinnen und Patienten mit Gelenkserkrankungen nach dem Zufallsprinzip entweder ein Präparat mit Katzenkralle oder ein Scheinmedikament erhalten.

Bei einer Studie [4] konnten wir die Publikation nicht im Volltext beschaffen. Wir wissen aus einer Übersichtsarbeit [5] lediglich, dass an der Studie 45 Personen mit Knie-Arthrose teilgenommen haben und ein Extrakt aus Uncaria guianensis mit einem Scheinmedikament verglichen wurde. Berichtet wird, dass sich die Katzenkralle-Gruppe nach vier Woche durch eine stärkere Besserung, aber auch mehr Nebenwirkungen von der Placebo-Gruppe abhob. Da uns Details zur Studie nicht zur Verfügung stehen, konnten wir diese Untersuchung nicht bewerten.

Deshalb haben wir uns auf die drei anderen Studien [1-3] konzentriert, die wir im Detail prüfen konnten.

Kleine Studien, große Unterschiede

Insgesamt waren die Studien mit jeweils 40 bis 70 Teilnehmenden eher klein. Zwei der Studien [1,3] untersuchten Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis, eine [2] Menschen mit Knie-Arthrose.

Weil die Studien schon rund 20 Jahre alt sind, entspricht die damalige Behandlung bei rheumatoider Arthritis nicht mehr dem heutigen Therapiestandard. Ob sich die Ergebnisse auf aktuelle Verhältnisse übertragen lassen, lässt sich nicht eindeutig sagen.

Die untersuchten Präparate sind sehr unterschiedlich, was Vergleiche erschwert: Eine Studie [3] nutzte einen Extrakt aus Uncaria tomentosa, eine weitere [2] einen Extrakt aus Uncaria guianensis, bei der dritten Untersuchung [1] fehlen entsprechende Details.

Die Behandlungsdauer lag zwischen vier Wochen [2] und sechs Monaten [1,3]. Da es sich sowohl bei Arthrose als auch bei rheumatoider Arthritis um chronische Erkrankungen handelt, lassen sich daraus keine Rückschlüsse zu längerfristigen positiven und negativen Auswirkungen von Katzenkralle-Mitteln ziehen.

Zuverlässige Erfassung unklar

Auch der Nutzen der Behandlung wurde sehr unterschiedlich erfasst. Die Studienteams haben meist mehrere Effekte gleichzeitig untersucht, ohne dies statistisch zu berücksichtigen. Das erhöht das Risiko für Zufallsbefunde.

Auch ist es nicht in allen Fällen klar, ob die Messungen und Erhebungen tatsächlich mit verlässlichen Instrumenten durchgeführt wurden. Die Ergebnisse sind also möglicherweise wenig verlässlich.

Hinzu kommt: Oft fehlen in den Publikationen Details, etwa wie die zufällige Zuteilung zu den Behandlungsgruppen genau erfolgte oder wie sichergestellt wurde, dass weder die Teilnehmenden noch das Studienpersonal wussten, wer welches Mittel bekam. Deshalb können wir die Aussagekraft der Studien nicht abschließend bewerten.

[1] Castañeda (1998)
Studientyp: randomisierte kontrollierte Studie
Teilnehmer: 70 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis
Fragestellung: Verbessert Katzenkralle die Beschwerden bei rheumatoider Arthritis?
Interessenkonflikte: keine Angabe

Castañeda DO u.a. Uña de Gato en Artritis Reumatoide: Estudio doble ciego, en comparación con placebo. Revista Peruana de Reumatología 1998, 4(1):15-21
Volltext (Spanisch)

[2] Piscoya (2001)
Studientyp: randomisierte kontrollierte Studie
Teilnehmer: 45 Patienten mit Kniearthrose
Fragestellung: Verbessert Katzenkralle die Beschwerden bei Arthrose?
Interessenkonflikte: keine Angabe. Ein Mitglied des Autorenteams ist bei dem Hersteller des Katenkrallenextrakts angestellt.

Piscoya J u.a. Efficacy and safety of freeze-dried cat’s claw in osteoarthritis of the knee: mechanisms of action of the species Uncaria guianensis. Inflamm Res. 2001;50:442-8.
(Zusammenfassung)

[3] Mur (2002)
Studientyp: randomisierte kontrollierte Studie
Teilnehmer: 40 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis
Fragestellung: Verbessert Katzenkralle die Beschwerden bei rheumatoider Arthritis?
Interessenkonflikte: keine Angabe. Es findet sich der Hinweis, dass der Hersteller des Katzenkrallen-Präparats die Studie unterstützt hat.

Mur E u.a. Randomized double blind trial of an extract from the pentacyclic alkaloid-chemotype of uncaria tomentosa for the treatment of rheumatoid arthritis. J Rheumatol. 2002;29:678-81.
(Zusammenfassung)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[4] Piscoya JS, Herman DR. (1997)
Estudio multicéntrico comparando Uncaria guianensis con placedbo en osteoartritis de rodilla/multicentric study comparing uncaria guianensis vs. placebo for knee osteoarthritis. Rev méd Inst Peru Segur Soc 6: 60–64.

[5] Del Grossi Moura M u.a. (2017)
Oral herbal medicines marketed in Brazil for the treatment of osteoarthritis: A systematic review and meta-analysis. Phytother Res. 31:1676-1685

[6] IQWiG (2018)
Knie-Arthrose. (Abruf 23.04.2020)

[7] IQWiG (2016)
Rheumatoide Arthritis (Abruf 23.04.2020)

[8] European Medicines Agency (2015).
Uncariae tomentosae cortex. (Abruf 23.04.2020)

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