Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Oregano-Öl als pflanzliches Antibiotikum?

Oregano-Öl wird als natürliches Antibiotikum beworben. Ob es im menschlichen Körper diese und andere heilende Wirkungen hat, ist jedoch offen.

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Kann Oregano-Öl Beschwerden oder Krankheiten lindern?

Bisher gibt es keine aussagekräftigen Studien, in denen die gesundheitsfördernde Wirkung von Oregano-Öl untersucht wurde. Wir wissen beispielsweise nicht, ob es gegen Infektionen hilft.

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© Bowonpat Sakaew - Shutterstock.com Oregano: mehr als nur Gewürzpflanze? (Bild: Bowonpat Sakaew - Shutterstock.com)
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Pizza und Pasta ohne Oregano? Kaum vorstellbar! Die Gewürzpflanze ist wichtiger Bestandteil vieler Gerichte aus der Mittelmeerküche.

Doch Oregano ist nicht nur schmackhaft. Das ätherische Öl soll auch eine medizinische Wirkung haben.

Körper ist kein Reagenzglas

Häufig findet sich die Behauptung, Oregano-Öl sei ein „pflanzliches Antibiotikum“ und ein natürliches Mittel gegen Pilzinfektionen. Im Reagenzglas kann Oregano-Öl tatsächlich krankmachende Keime wie Bakterien und Pilze am Wachstum hindern [1,2].

Ob Oregano-Öl sich dafür eignet, Infektionen zu bekämpfen? Aus den Laborversuchen, bei denen Oregano-Öl mit Bakterien oder Pilzen „gemixt“ wird, lässt sich das nicht automatisch ableiten. Denn der menschliche Körper ist deutlich komplexer als ein Reagenzglas.

Viele Versprechungen, nichts dahinter?

Dennoch: Etliche Internet-Seiten bewerben Oregano-Öl als eine Art Wundermittel. Es wird in Fläschchen, in Kapselform oder zum Auftragen auf die Haut verkauft.

Gegen vieles soll das Öl helfen: Herpes, Nagel- und Hautpilz, aber auch Lungenentzündungen, Zahnfleischentzündungen, Ohrenschmerzen oder Verdauungsbeschwerden.

Bei so vielen gar wundersam klingenden Behauptungen gilt es, hellhörig zu werden. Also haben wir uns auf die Suche nach Studien gemacht. Dafür haben wir zwei große Forschungsdatenbanken durchforstet.

Suche mit enttäuschendem Ergebnis

Die Ausbeute unserer Recherche war enttäuschend. Wir konnten nur eine Studie in unsere Auswertung aufnehmen; sie ist aber nicht aussagekräftig.

Daher wissen wir nicht, ob Oregano-Öl irgendwelche Beschwerden und Erkrankungen beim Menschen lindern oder heilen kann. Die Frage nach der gesundheitlichen Wirkung von Oregano-Öl können wir daher weder verneinen noch bejahen.

Reizend

Ob Oregano-Öl die Gesundheit fördert, ist also ungeklärt. Doch wie steht es um die Nebenwirkungen?
Zwar gelten Oregano und Extrakte aus der Gewürzpflanze prinzipiell als unbedenklich [4]. Es gibt allerdings deutliche Hinweise, dass Oregano-Öl vereinzelt zu Haut- und Augenreizungen und allergischen Reaktionen bis hin zu Atembeschwerden führt. Zudem könnte das ätherische Öl das Risiko für Allergien auf ähnliche Stoffe erhöhen [3].

Die Studien im Detail

Wir haben zwei Forschungsdatenbanken nach randomisiert-kontrollierten Studien durchsucht – also Untersuchungen, in denen Oregano-Öl entweder mit einem Placebo-Öl oder einem erwiesenermaßen wirksamen Mittel verglichen wurde. Wichtig war uns auch der Vergleich in ausreichend großen und per Auslosung zusammengestellten Gruppen.

Bei unserer Recherche haben wir lediglich eine kleine Studie gefunden. Daran nahmen 64 Personen mit chronischem Schnupfen teil [1].

Ein Teil sollte zwei Wochen lang dreimal täglich Wasserdampf mit Oregano-Öl inhalieren. Die zweite ebenfalls nach dem Zufallsprinzip zusammengestellte Gruppe bekam zum Inhalieren ein nicht näher beschriebenes Placebo-Produkt ohne Oregano-Öl.

Sah das Placebomittel so aus, roch es wie das „echte“ Testprodukt? Hier sind wir nicht sicher, ob die Placebo-Gruppe wirklich verblindet war. Schließlich hat das ätherische Öl einen starken Geruch. Dieses Wissen könnte die Ergebnisse verzerrt haben.

Ein weitere Schwäche der Studie: Teilweise unterschieden sich die beiden Gruppen bereits zu Studienbeginn in der Häufigkeit der Beschwerden. So waren etwa Schmerzen in den Nasennebenhölen und verstopfte oder rinnende Nasen in der Placebogruppe häufiger. Das macht den Vergleich der Gruppenergebnisse zu Studienende unfair.

Das Studienleitungsteam berichtet, dass in der Oregano-Öl-Gruppe nach zwei Wochen deutlich mehr Testpersonen beschwerdefrei waren als in der Placebo-Gruppe. Konkret gab es von 32 nur noch 8 Personen mit Beschwerden, und die beschränkten sich auf Geruchsbeeinträchtigungen.

Ein beeindruckendes Ergebnis, möchte man meinen. Allerdings fehlen in der Studie Angaben dazu, wie stark die Beschwerden genau waren, und wie die Grenze zwischen „Beschwerden“ und „beschwerdefrei“ gezogen wurde.

So ist nicht auszuschließen, dass die Teilnehmenden der Vergleichsgruppe zu Studienende zwar nicht völlig, aber doch nahezu beschwerdefrei waren. In diesem Fall wäre der Unterschied zur Oregano-Gruppe womöglich zu klein, um für die Testpersonen spürbar zu sein und im Alltag eine Rolle zu spielen.

Der Idealfall

Idealerweise sollten die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt werden. Eine Gruppe erhält eine Behandlung mit Oregano-Öl, die andere ein wirkstofffreies Scheinpräparat oder ein erwiesenermaßen wirksames Heilmittel. Damit die Erwartungen von Testpersonen und Studienleitung die Ergebnisse nicht beeinflussen, sollte niemand wissen, wer welche Behandlung erhält. So kann bereits die Erwartung einer Wirkung Beschwerden bessern – in der Fachsprache ist vom Placeboeffekt die Rede.

Zu Studienende zeigt der Vergleich beider Gruppen, ob Oregano-Öl die untersuchten Beschwerden gelindert hat. Dazu ist jedoch Voraussetzung, dass es vor Studienbeginn keine Unterschiede gegeben hat.

[1] Rodriguez-Garcia u.a. (2016)
Rodriguez-Garcia I, Silva-Espinoza BA, Ortega-Ramirez LA, Leyva JM, Siddiqui MW, Cruz-Valenzuela MR, Gonzalez-Aguilar GA, Ayala-Zavala JF. Oregano Essential Oil as an Antimicrobial and Antioxidant Additive in Food Products. Crit Rev Food Sci Nutr. 2016 Jul 26;56(10):1717-27. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Leyva-López u.a. (2017)
Leyva-López N, Gutiérrez-Grijalva EP, Vazquez-Olivo G, Heredia JB. Essential Oils of Oregano: Biological Activity beyond Their Antimicrobial Properties. Molecules. 2017 Jun 14;22(6). pii: E989. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[3] EFSA (2017)
European Food Safety Autority. Safety and efficacy of an essential oil from Origanum vulgare subsp. hirtum letsw. var. Vulkan when used as a sensory additive in feed for all animal species. Abgerufen am 24. 7. 2019 unter www.efsa.europa.eu

[4] EFSA (2010)
European Food Safety Autority. Scientific Opinion on the use of oregano and lemon balm extracts as a food additive. Abgerufen am 24. 7. 2019 unter www.efsa.europa.eu

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