Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Machen Light-Getränke dick?

In Light-Getränken sind Zucker und Kalorien Mangelware. Allerdings mangelt es auch an wissenschafftlichen Beweisen zur Wirkung der Light-Limos. Machen sie dick oder dünn? Das ist unklar.

AutorIn:

Fördern Light-Getränke Übergewicht?

Mehrere Kohortenstudien zeigen, dass Personen, die häufig Light-Getränke trinken, eher übergewichtig sind. Das beweist aber nicht, dass Süßstoff-Getränke dick machen. Denn ebenso denkbar ist, dass übergewichtige Personen mit Light-Getränken abzunehmen versuchen. Ob sie damit Erfolg haben, ist unklar.

so arbeiten wir
© Viacheslav Iakobchuk - fotolia.com Light-Limonaden: cooles Image, aber ungesund?
© Viacheslav Iakobchuk – fotolia.com

Dass Zucker in großen Mengen nicht unbedingt schlank hält, ist keine Überraschung. Tatsächlich sind gezuckerte Softdrinks mitverantwortlich für die ständig steigenden Zahlen an Übergewichtigen und Fettleibigen (Siehe „Macht Zucker zuckerkrank?Referenz [3]). Weil die zuckerhaltigen Limos zudem das Kariesrisiko in die Höhe treiben, ist auch der Zahnarzt nicht gut auf Cola und Co zu sprechen. Gründe genug, um auf Light- oder Zero-Varianten zurückzugreifen, denken sich viele. Doch zahlreiche Medienberichte schüren Zweifel. So sollen Light-Produkte nicht beim Abnehmen helfen, sondern im Gegenteil sogar dick machen. Kann das stimmen?

Heißhunger auf echte Kalorien

Dass eine Limonade ohne nennenswerte Kalorien dick machen soll, klingt zunächst unlogisch. Manche Wissenschaftler vermuten jedoch, dass Light-Produkte den Appetit erst recht ankurbeln. Demnach lässt der süße Geschmack der enthaltenen Süßstoffe den Körper an eine kalorienreiche Zucker-Portion glauben. Um mit den erwarteten Zuckermengen und dem damit einhergehenden Anstieg des Blutzuckerspiegels fertigzuwerden, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus, so die These. Bleibt die Zuckerflut aus, wäre Heißhunger auf Süßes die Folge. Beste Voraussetzungen für ein paar Kilo mehr auf den Hüften.

Dass Süßstoffe tatsächlich den Blutzucker- und Insulinspiegel beeinflussen, ist jedoch nicht bewiesen. Bisherige Studien dazu kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen [1]. Auch der Einfluss von Süßstoffen auf den Appetit ist nicht geklärt. Einzelne Studien [2] zeigen zwar, dass Kinder eine größere Mahlzeit zu sich nehmen, wenn sie zuvor künstlich gesüßte statt zuckerhaltige Snacks oder Getränke bekommen hatten. Diese Ergebnisse treten jedoch nicht immer ein und wurden nur in Kurzzeit-Studien anhand weniger Teilnehmer überprüft. Ob ein solches Verhalten auch über längere Zeiträume und bei Erwachsenen aufrecht bleibt, ist nicht gesichert.

Übergewichtige Henne und Light-Ei

Mehrere Kohortenstudien zeigen, dass ein deutlicher Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Konsum künstlich gesüßter Getränke besteht [3] [4] [5] [6] [7]. In vier der Studien, darunter zwei [3] [4] von guter Qualität, nahmen Kinder und Erwachsene über die Jahre eher zu, wenn sie viele Light-Getränke zu sich nahmen. Die größte Arbeit, eine zusammenfassende Analyse dreier Studien an insgesamt 125.000 Teilnehmern [7], kommt zum gegenteiligen Ergebnis – Light-Getränke sollen demnach das Gewicht geringfügig reduzieren. In ihrer Auswertung haben die Autoren aber nicht berücksichtigt, dass Gründe dafür nicht die Light-Getränke, sondern mehr Sport und eine gesündere Lebensweise sein könnten.

Light-Getränke werden also vermehrt von Übergewichtigen getrunken. Doch was war zuerst, der Griff zur Light-Limo oder das Übergewicht? Ein klassisches Henne-Ei-Problem. Schließlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass Menschen mit überflüssigen Kilos zu Light und Zero greifen, weil sie Kalorien sparen und Gewicht loswerden wollen.

Gute Studien sind Mangelware

Um das zu klären, wären randomisiert-kontrollierte Studien nötig. Bei dieser Art von Studien werden Personen per Zufall (Randomisierung) in zwei Gruppen eingeteilt: eine, die nur Zucker-gesüßte Getränke trinkt, und eine zweite, die nur Light-Getränke zu sich nimmt. Bei diesem Szenario wäre von vornherein klar, ob die Teilnehmer schon zu Studienbeginn übergewichtig sind oder nicht. Durch die zufällige Zuteilung sollten diejenigen, die Sport machen oder sich sonst gesund ernähren, in beiden Gruppen etwa gleich häufig vertreten sein. Haben die Teilnehmer am Ende der Studie Gewicht zugenommen oder sogar verloren, sind die kalorienfreien Limonaden der Hauptgrund dafür, und eine eindeutige Aussage wäre möglich.

Einzelne solch randomisiert-kontrollierte Studien [1] existieren zwar, diese sind jedoch nur von niedriger Qualität und wurden an einer kleinen Anzahl Teilnehmer durchgeführt. Ihre mitunter widersprüchlichen Ergebnisse sind daher nicht vertrauenswürdig.

Abnehmen mit Light-Limos?

2012 veröffentlichte ein Forscherteam dazu eine weitere randomisiert-kontrollierte Studie [8]. Sie untersuchten darin unter anderem, ob Light-Getränke stark übergewichtigen Frauen beim Abnehmen helfen. Dazu ließen sie rund 100 Teilnehmerinnen gezuckerte Getränke trinken und verglich sie mit etwa gleich vielen Frauen, die stattdessen Light-Getränke zu sich nahmen. Nach sechs Monaten hatte die Light-Gruppe nicht mehr abgenommen als die Zucker-Limo-Gruppe. Die Ergebnisse der prinzipiell gut durchgeführten Studie haben jedoch einen Haken: die Zucker-Getränke-Gruppe hatte regelmäßig allgemeine Ratschläge zum Abnehmen erhalten, die Light-Getränke-Gruppe hingegen nicht. Die beiden Gruppen sind nicht miteinander vergleichbar.

Keine wissenschaftlichen Beweise

Ob künstlich gesüßte Limonaden die Entwicklung von Übergewicht fördern, lässt sich demnach noch nicht sagen. Um diese Frage beantworten zu können, braucht es nach strengeren wissenschaftlichen Kriterien durchgeführte Studien an einer großen Anzahl von Teilnehmern. Inwieweit sich Light, Zero und Co gar zum Abnehmen eigenen, ist gänzlich unerforscht.

[1] Wiebe u.a. (2011)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse
Eingeschlossene Studien: 53 randomisiert-kontrollierte Studien
Teilnehmer insgesamt: 1126
Fragestellung: Spielen kalorienarme Süßstoffe eine Rolle bei der Entstehung von Übergewicht? Wirken Süßstoffe auf den Blutzuckerspiegel ein?
Mögliche Interessenskonflikte: Einer der Autoren hat in der Vergangenheit Gelder der Pharmafirma Abbott erhalten

Wiebe N, Padwal R, Field C, Marks S, Jacobs R, Tonelli M. A systematic review on the effect of sweeteners on glycemic response and clinically relevant outcomes. BMC Med. 2011 Nov 17;9:123. (Übersichtsarbeit in voller Länge) (kritische Zusammenfassung)

[2] Brown u.a. (2010)
Studientyp: Systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: 3 randomisiert-kontrollierte Studien (insg. 190 Kinder), 6 Kohortenstudien (16.119 Kinder), 3 Querschnittsstudien (4856 Kinder), 6 kontrollierte Studien zur akuten Auswirkung von Süßstoffen auf den Appetit (112 Kinder)
Fragestellung: Spielen kalorienarme Süßstoffe eine Rolle bei der Entstehung von Übergewicht bei Kindern? Erhöhen Süßstoffe bei Kindern die Kalorienaufnahme?
Mögliche Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Brown RJ, de Banate MA, Rother KI. Artificial sweeteners: a systematic review of metabolic effects in youth. Int J Pediatr Obes. 2010 Aug;5(4):305-12. (Übersichtsarbeit in voller Länge)

[3] Fowler u.a. (2008)
Studientyp: Kohortenstudie
Teilnehmer: 5158
Studiendauer: 7-8 Jahre
Fragestellung: Fördert der Konsum von Süßstoff-gesüßten Getränken Übergewicht?
Mögliche Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Fowler, S. P., Williams, K., Resendez, R. G., Hunt, K. J., Hazuda, H. P. and Stern, M. P. (2008), Fueling the Obesity Epidemic? Artificially Sweetened Beverage Use and Long-term Weight Gain. Obesity, 16: 1894–1900. (Studie in voller Länge) https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1038/oby.2008.284/abstract

[4] Berkey u.a. (2004)
Studientyp: Kohortenstudie
Teilnehmer: mehr als 10.000 Kinder zwischen 9 und 14 Jahren
Studiendauer: 3 Jahre
Fragestellung: Beeinflusst der Konsum von Zucker- und süßstoff-gesüßten Getränken das Körpergewicht?
Mögliche Interessenskonflikte: zum Teil durch die Firma Kelloggs gesponsert, zum Teil durch öffentliche Forschungszuschüsse

Berkey CS, Rockett HR, Field AE, Gillman MW, Colditz GA. Sugar-added beverages and adolescent weight change. Obes Res. 2004 May;12(5):778-88. (Zusammenfassung der Studie)

[5] Blum u.a. (2005)
Studientyp: Kohortenstudie
Teilnehmer: 166 Kinder aus der 3. bis 5. Schulstufe
Studiendauer: 2 Jahre
Fragestellung: Beeinflusst der Konsum von Zucker- und süßstoff-gesüßten Getränken das Körpergewicht?
Mögliche Interessenskonflikte: nicht angegeben

Blum JW, Jacobsen DJ, Donnelly JE. Beverage consumption patterns in elementary school aged children across a two-year period. J Am Coll Nutr. 2005 Apr;24(2):93-8. (Zusammenfassung der Studie)

[6] Johnson u.a. (2007)
Studientyp: Kohortenstudie
Teilnehmer: 521 Kinder
Studiendauer: 4 Jahre (von Alter 5 bis 9 Jahre)
Fragestellung: Beeinflusst der Konsum von Zucker- und süßstoff-gesüßten Getränken das Körpergewicht?
Mögliche Interessenskonflikte: nicht angegeben

Johnson L, Mander AP, Jones LR, Emmett PM, Jebb SA. Is sugar-sweetened beverage consumption associated with increased fatness in children? Nutrition. 2007 Jul-Aug;23(7-8):557-63. (Zusammenfassung der Studie)

[7] Pan u.a. (2013)
Studientyp: Meta-Analyse von 3 Kohortenstudien
Teilnehmer insgesamt: 124.988 (davon 21 988 Männer)
Studiendauer: in zwei Kohortenstudien 20 Jahre, in einer 16 Jahre
Fragestellung: Auswirkung von Konsum verschiedener Getränke auf die Veränderung des Körpergewichts
Mögliche Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Pan A, Malik VS, Hao T, Willett WC, Mozaffarian D, Hu FB. Changes in water and beverage intake and long-term weight changes: results from three prospective cohort studies. Int J Obes (Lond). 2013 Oct;37(10):1378-85. (Meta-Analyse in voller Länge)

[8] Tate u.a. (2012)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmer: 318 stark übergewichtige Frauen
Studiendauer: 6 Monate
Fragestellung: Bewirkt ein Ersatz zuckerhältiger Getränke durch künstlich gesüßte Getränke oder Wasser eine Gewichtsabnahme?
Mögliche Interessenskonflikte: Finanziert durch Nestlé Waters USA, die auch Wasser für die Studie zur Verfügung stellten

Tate DF, Turner-McGrievy G, Lyons E, Stevens J, Erickson K, Polzien K, Diamond M, Wang X, Popkin B. Replacing caloric beverages with water or diet beverages for weight loss in adults: main results of the Choose Healthy Options Consciously Everyday (CHOICE) randomized clinical trial. Am J Clin Nutr. 2012 Mar;95(3):555-63. (Studie in voller Länge)

Aktualisiert, ursprünglich veröffentlicht am 25. 9. 2014. Eine Suche nach neuen Studien ändert die Aussage nicht.

In über 500 Faktenchecks suchen