Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Lungenkrebs: Verlässliche Früherkennung durch Hunde?

Hunde können lernen, wie die Atemluft von Menschen mit Lungenkrebs riecht. Ob diese Früherkennung den Betroffenen spürbare Vorteile verschafft, lässt sich auf Basis der aktuellen Studienlage nicht sagen.

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Verschafft die Früherkennung von Lungenkrebs durch trainierte Spürhunde den Betroffenen deutliche Vorteile?

Experimente weisen darauf hin, dass manche Hunde Lungenkrebs anhand von menschlichen Atemproben erkennen können. Doch wir können nicht sagen, ob Reihenuntersuchungen zwecks Früherkennung („Screening“) mit speziell trainierten Hunden den Betroffenen spürbare Vorteile verschafft, z. B. Todesfälle verhindert oder eine schonendere Behandlung ermöglicht.

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© xkunclova - shutterstock.com Faszinierend: trainierte Hunde erschnuppern Lungenkrebs.
© xkunclova – shutterstock.com

Oft kommt die Diagnose Lungenkrebs erst dann, wenn der Tumor schon recht groß ist und sich ausgebreitet hat. Die Behandlungserfolge sind allerdings besser, wenn der Krebs zeitig erkannt wird und die Therapie in einem frühen Stadium beginnen kann.

Deswegen arbeiten Forscherinnen und Forscher an verschiedenen Möglichkeiten zur reihenweisen Früherkennung („Screening“) von Lungenkrebs. Dies soll es ermöglichen, die Krankheit möglichst früh aufzuspüren – also dann, wenn die Betroffenen noch keine Beschwerden spüren. Wichtigstes Ziel der Früherkennung: weniger Tote.

Spürhunde für Lungenkrebs

Einige Fachleute hoffen auf die Fähigkeiten von Spürhunden. Speziell ausgebildete Tiere sollen Lungenkrebs in menschlichen Atemproben erschnüffeln können. Denn die Krankheit hinterlässt, soweit die Theorie, spezielle Duftspuren in der Atemluft der betroffenen Menschen. Welche Substanzen das genau sind, steht nicht fest.

Wir haben recherchiert, ob Spürhunde bei Reihenuntersuchungen zur Früherkennung von Lungenkrebs einen sinnvollen Beitrag leisten können. Das heißt: Profitieren Menschen mit erhöhtem Lungenkrebs-Risiko von einem Screening durch Hunde?

Hinweise auf typischen Geruch

Bei unserer Recherche haben wir mehrere Literaturdatenbanken durchsucht. Tatsächlich konnten wir einige Arbeiten finden, in denen mit Atemproben die Fähigkeiten von Hunden als Lungenkrebs-Spürhunde getestet wurden (zum Beispiel: [1-5]).

Die meisten Studien wurden nur mit ein paar Tieren und einer recht kleinen Anzahl von Proben durchgeführt. Bei diesen Experimenten ging es in erster Linie darum, ob die Früherkennung durch Hundenasen überhaupt funktionieren kann.

Und tatsächlich gibt es etliche Hinweise darauf, dass manche Hunde nach einem Training in der Lage sind, Atemproben von Menschen mit Lungenkrebs zu erkennen – mal besser, mal schlechter. Dafür schnuppern sie an Atemproben, gesammelt in speziellen Behältern. In den meisten Studien wurde pro Test eine „echte“ Lungenkrebs-Probe unter einige Proben von Gesunden sowie Menschen mit gutartigen Lungenerkrankungen gemischt.

Umfassende Praxistests fehlen

Wie verlässlich dieses Erkennen allerdings in größerem Maßstab in der Praxis – zum Beispiel in einer Lungenambulanz oder einem speziellen Testbetrieb – funktioniert, können diese Studien nicht beantworten. Zum Beispiel, weil sie aufgrund großer Unterschiede nicht miteinander vergleichbar sind. Zu unterschiedlich waren Training, Testbedingungen, Probensammlung, -aufbewahrung und-präsentation. Auch bei den Testpersonen gab es größere Unterschiede bzw. spiegelten diese nicht unbedingt jene Bevölkerungsgruppen wieder, für die ein Screening in Frage käme – also symptomlose Risikogruppen.

Wir können auch keine soliden Aussagen dazu treffen, wie häufig sich die Hunde im Alltag irren. Wir wissen also nicht genau, wie oft die Tiere bei Gesunden falschen Alarm schlagen und wie häufig sie bei Kranken eine Probe fälschlicherweise „freigeben“.

Unklar: besser als gängige Tests?

Es fehlt in den von uns ausgewerteten Studien auch der direkte Vergleich von Spürhunden mit anderen Methoden zur Früherkennung, insbesondere der niedrig dosierten Computer-Tomografie (CT). Interessant wäre, ob die Hundenasen verlässlich früher reagieren als gängige Tests und ob sich dadurch spürbare Vorteile für Menschen mit Lungenkrebs ergeben: zum Beispiel höhere Heilungschancen bzw. weniger Todesfälle und schonendere Behandlungsmethoden aufgrund des zeitigen Eingreifens.

Weitere offene Fragen

Das heißt auch, dass es noch viele offene Fragen gibt.

  • Wie sieht das ideale Training von Krebs-Spürhunden aus?
  • Welche Hunde sind geeignet, welche „Zulassungsprüfungen“ müssen die Tiere bzw. die Trainerinnen und Trainer durchlaufen?
  • Hunde sind keine Maschinen: Wie beeinflussen Krankheit oder einfach „ein schlechter Tag“ das Screening-Ergebnis? Sinkt die Motivation und Leistungsfähigkeit der Hunde, wenn es neben vielen unauffälligen Proben nur wenige positive Proben zu erschnüffeln gibt?
  • Bei welchen Substanzen aus der Atemluft schlagen die Hunde an? Sind diese Substanzen typisch für mehrere Krebsarten oder kommen sie nur bei Lungenkrebs vor?
  • Können die Hunde zwischen verschiedenen Formen von Lungenkrebs und verschiedenen Krebs-Stadien unterscheiden?
  • Wie sicher unterscheiden die Hunde zwischen Lungenkrebs und anderen gutartigen Lungenerkrankungen?
  • Wie werden die Atemproben idealerweise gesammelt und aufbewahrt? Wie lange und unter welchen Bedingungen sollen die Proben gelagert werden?
  • Müssen vor Abgabe der Atemprobe bestimmte Verhaltensregeln beachtet werden (z.B. kein Rauchen, kein Essen, kein Trinken), um die Hunde nicht zu irritieren?
  • Kann die Einnahme von Medikamenten oder das gleichzeitige Auftreten einer anderen Krankheit (z. B. gutartige Lungenerkrankung, andere Krebserkrankung) das Ergebnis verfälschen?
  • Wie soll der Testraum gestaltet sein, spielt beispielsweise Temperatur und Luftfeuchtigkeit eine Rolle? Wie sollen die Proben präsentiert werden?
  • Wie schneidet diese Früherkennung in punkto Kosten und Akzeptanz (bei medizinischem Personal, bei Testpersonen) ab?

Wichtigster Risikofaktor: Rauchen

Weltweit sterben pro Jahr etwa 1.6 Millionen Menschen an Lungenkrebs. Wichtigster Risikofaktor für diese Erkrankung ist das Rauchen. Meistens sind (Ex-)Raucherinnen und Raucher von Lungenkrebs betroffen sowie Menschen, die Passivrauch ausgesetzt waren.

Rauchstopp reduziert Gefahr

Der beste Weg, um Lungenkrebs zu vermeiden, ist ein Rauch-Stopp. Das Risiko reduziert sich auch bei Menschen, die viel und über eine lange Zeit geraucht haben.

Über die Vorteile eines Rauchstopps selbst in höherem Alter haben wir bereits berichtet: „Rauchstopp im Alter verlängert Leben“.

Abklärung: Ist es Lungenkrebs?

Anzeichen für Lungenkrebs können zum Beispiel sein: Husten, Atemnot, blutiger Auswurf, Brustschmerzen, raue Stimme, aber auch Kopfschmerzen, Schmerzen in Nacken, Schultern und Armen sowie ein Schwächegefühl in den Händen. Diese Beschwerden können auch Hinweise auf viele andere Krankheiten sein.

Besteht der Verdacht auf Lungenkrebs, so stehen verschiedene Untersuchungen zur Abklärung zur Verfügung. Dazu zählen Röntgenaufnahmen, Bluttests, Computertomografien und die Untersuchung von Gewebeproben.

Unterschiedliche Behandlungswege

Bestätigt sich der Verdacht, so wird abgeklärt, um welche Form von Lungenkrebs es sich im Detail handelt. Grob gesagt gibt es die Kategorien „kleinzellige Bronchialkarzinome“ und „nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome“.

Außerdem wird untersucht, wohin sich der Krebs ausgebreitet hat. Auch dies ist wichtig für die Behandlung. Menschen mit Lungenkrebs werden beispielsweise operiert, bestrahlt oder sie erhalten eine Chemotherapie.

Frühe Erkennung bei Risikogruppen

Bei Menschen mit einem besonderen Risiko kann eine Untersuchung zur frühzeitigen Lungenkrebs-Erkennung zum Einsatz kommen. Dabei wird nach auffälligen Veränderungen in der Lunge gesucht – und zwar noch bevor es spürbare Beschwerden bei den Betroffenen gibt. Als Erkennungsmethode wird die niedrig dosierte Computer-Tomografie (CT) für am sinnvollsten gehalten.

Diese reihenweise Früherkennung („Screening“) wird derzeit von Fachgruppen nur für Personen erwogen, die ein hohes Erkrankungsrisiko haben, vor allem starke Raucherinnen und Raucher. Ziel ist es, den Krebs früh zu erkennen und durch ein rasches Einschreiten Todesfälle zu verhindern.

Nachteile des Screenings

Die Lungenkrebs-Früherkennung bei Risikogruppen bringt auch Nachteilen mit sich: So gibt es etwa falsch-positive Befunde. Das heißt, es kommt mitunter zu einem falschen Alarm, der psychisch sehr belastend ist und weitere Abklärungsuntersuchungen erforderlich macht. Diese gehen mit gewissen Risiken wie etwa Strahlenbelastung oder Verletzungsrisiko der Lunge einher. Es gibt auch falsch-negative Befunde, die Entwarnung geben trotz Krebserkrankung.

Für die Allgemeinbevölkerung sind keine routinemäßigen Reihenuntersuchungen (“Screenings“) zur Früherkennung von Lungenkrebs empfohlen. Denn bei Menschen ohne spezielles Risiko überwiegen die möglichen Nachteile [6-11].

[Dieser Artikel erschien ursprünglich im Dezember 2011, eine Update wurde im April 2014 durchgeführt. Die aktuelle Version basiert auf einer Recherche im März und April 2019; wir haben den Fokus der Geschichte verändert.]

Die Studien im Detail

Wir haben keine aussagekräftigen Studien dazu finden können, ob die Früherkennung durch Spürhunde vorteilhaft für asymptomatische (beschwerdefreie) Lungenkrebs-Patientinnen und -Patienten ist. Das Screening durch Hunde befindet sich noch im experimentellen Stadium, und es gibt diverse Unsicherheiten. Bevor es routinemäßig und in großem Maßstab zum Einsatz kommt, müsste einerseits feststehen, wie verlässlich die Spürnasen arbeiten, wie häufig sie Fehler machen und welche Vorteile das Screening durch Hunde gegenüber bereits etablierten Methoden bietet. Auch mögliche Nachteile und Risiken müssen noch genauer untersucht werden; und es bräuchte allgemein gültige Standards, etwa zum optimalen Hundetraining und zur Probengewinnung.

[1] Ehmann u.a. (2012)
Ehmann R, Boedeker E, Friedrich U, Sagert J, Dippon J, Friedel G, Walles T. Canine scent detection in the diagnosis of lung cancer: revisiting a puzzling phenomenon. Eur Respir J. 2012 Mar;39(3):669-76.

[2] Amundsen u.a. (2014)
Amundsen T, Sundstrøm S, Buvik T, Gederaas OA, Haaverstad R. Can dogs smell lung cancer? First study using exhaled breath and urine screening in unselected patients with suspected lung cancer. Acta Oncol. 2014 Mar;53(3):307-15.

[3] McCulloch u.a. (2006)
McCulloch M, Jezierski T, Broffman M, Hubbard A, Turner K, Janecki T. Diagnostic accuracy of canine scent detection in early- and late-stage lung and breast cancers. Integr Cancer Ther. 2006 Mar;5(1):30-9.

[4] Hackner u.a. (2016)
Hackner K, Errhalt P, Mueller MR, Speiser M, Marzluf BA, Schulheim A, Schenk P, Bilek J, Doll T. Canine scent detection for the diagnosis of lung cancer in a screening-like situation. J Breath Res. 2016 Sep 27;10(4):046003.

[5] Guirao Montes u.a. (2017)
Guirao Montes Á, Molins López-Rodó L, Ramón Rodríguez I, Sunyer Dequigiovanni G, Viñolas Segarra N, Marrades Sicart RM, Hernández Ferrández J, Fibla Alfara JJ, Agustí García-Navarro Á. Lung cancer diagnosis by trained dogs. Eur J Cardiothorac Surg. 2017 Dec 1;52(6):1206-1210.

[6] Uptodate (2019): Screening for lung cancer (kostenpflichtig). Abgerufen am 03.04.2019

[7] Uptodate (2019): Patient education: Lung cancer risks, symptoms, and diagnosis (Beyond the Basics). Abgerufen am 03.04.2019

[8] Uptodate (2019): Patient education: Lung cancer (The Basics) (kostenpflichtig). Abgerufen am 03.04.2019

[9] Uptodate (2019): Patient education: Lung cancer screening (The Basics) (kostenpflichtig) . Abgerufen am 03.04.2019

[10] Dynamed Plus (2019): Lung cancer screening (kostenpflichtig). Abgerufen am 03.04.2019

[11] Krebsinformationsdienst (2018): Lungenkrebs: Früherkennung, Symptome und Warnzeichen. Abgerufen am 03.04.2019

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