Probiotika: Durchfall durch Antibiotika vorbeugen

Antibiotika können Durchfall auslösen. Bisherige Studien zeigen: Probiotika können vielleicht helfen.

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Können Probiotika bei Erwachsenen Durchfall wegen einer Antibiotika-Behandlung vorbeugen?

Können Probiotika bei Kindern Durchfall wegen einer Antibiotika-Behandlung vorbeugen?

Probiotika können das Risiko für Durchfall wegen einer Antibiotika-Behandlung senken – darauf deuten Studien hin. Die Studienergebnisse für Kinder sind dazu recht gut abgesichert. Für Erwachsene ist die Studienlage etwas weniger klar. Denn diese Forschungsarbeiten sind teilweise mangelhaft und daher nicht so aussagekräftig.

so arbeiten wir
© iStock - artisteer Was tun bei Durchfall wegen Antibiotika?
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Erst mit einer bakteriellen Infektion krank im Bett, dann auch noch flüssigen Stuhl wegen eines Antibiotikums. Schon erlebt?

Ein Antibiotikum tötet nicht nur krankmachende Bakterien ab, sondern auch die „guten“ Bakterien, die natürlicherweise den Darm besiedeln und Teil der sogenannten Darmflora beziehungsweise des Darmmikrobioms sind.

Probiotika – nützliche lebende Mikroorganismen – sollen eine intakte Darmflora wieder herstellen können [1]. Dadurch sollen sie flüssigen, krampfartigen Stuhlgang vorbeugen – so die Idee.

Vorbeugender Effekt teilweise gut abgesichert

Wir fanden zwei Übersichtsarbeiten [1, 2], die alle relevanten Forschungsarbeiten analysieren und deren Ergebnisse für Kinder [1] und Erwachsene [2] zusammenfassen.

Basierend auf diesen Arbeiten, gibt es Hinweise auf einen vorbeugenden Effekt von Probiotika, wenn sie gleichzeitig mit Antibiotika eingenommen werden.

Für Kinder ist dieser Effekt [1] recht gut abgesichert. Umgelegt auf alle Kinder würde es bedeuten, dass der vorbeugende Effekt wahrscheinlich so groß ist:

  • Ohne Probiotikum bekommen etwa 11 bis 40 von 100 Kindern Durchfall.
  • Mit Probiotikum bekamen etwa 6 bis 22 von 100 Kindern in der Übersichtsarbeit Durchfall.

Das entspricht einem um etwa 47 Prozent verminderten Risiko.

Effekt bei Erwachsenen weniger sicher

Für Erwachsene ist der Effekt [2] nicht ganz so gut abgesichert, wie für Kinder. Das ist auf die teilweise mangelhaften Forschungsarbeiten zurückzuführen.

  • Ohne Probiotikum bekommen etwa 5 bis 35 von 100 Erwachsenen Durchfall [4].
  • Mit Probiotikum bekommen etwa 4 bis 26 von 100 Erwachsenen Durchfall.

Das entspricht einem um etwa 28 Prozent verminderten Risiko [2].

Keine Nebenwirkungen beobachtet

Keine der beiden Übersichtsarbeiten [1, 2] konnte beobachtete Nebenwirkungen auf die Probiotika-Gabe zurückführen. Es traten zwar leichte bis mittelschwere Nebenwirkungen wie Blähungen, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen bei den Studienteilnehmenden auf – doch die waren bei allen in etwa gleich, egal ob sie Probiotika einnahmen oder nicht.

Frühgeborene oder andere immungeschwächte Menschen haben ein höheres Risiko für Nebenwirkungen: In seltenen Fällen können Infektionen durch die Probiotika-Einnahme auftreten [1].

Flüssiger Stuhl durch Antibiotika

Während einer Antibiotika-Behandlung können Beschwerden wie wässriger Stuhlgang und krampfartige Bauchschmerzen auftreten. Man spricht dann von Antibiotika-assoziiertem Durchfall.

Antibiotika bringen die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm aus dem Gleichgewicht, was zu einer Überbesiedelung durch schädliche Bakterien führt. Am häufigsten tritt Antibiotika-assoziierter Durchfall durch folgende Antibiotika auf: Aminopenicilline, Cephalosporine und Clindamycin [1].

Keine Hilfe bei akutem infektiösem Durchfall

Ob Probiotika bei infektiösem flüssigen Stuhl helfen können, haben wir uns in diesem Faktencheck genauer angesehen.

Mehr Informationen

Informationen wie ein Antibiotikum richtig angewendet wird, finden Sie auf www.gesundheitsinformation.de.

Die Studien im Detail

Nach welchen Studien haben wir gesucht?

Bei unserer Suche in zwei verschiedenen Datenbanken berücksichtigten wir nur randomisiert-kontrollierte Studien, da sie die aussagekräftigste Studienart sind, um den Effekt einer Behandlung zu ermitteln. Randomisiert bedeutet: Studienteilnehmende werden per Zufall zumindest zwei verschiedenen Gruppen zugeteilt. Während die eine Gruppe Probiotika einnimmt, bekommt die andere – die Kontrollgruppe – ein Scheinpräparat (Placebo) oder gar keine Behandlung.

Ein weiteres wichtiges Kriterium, damit eine Forschungsarbeit aussagekräftig ist: Weder Teilnehmende noch Forschende wissen, wer welcher Gruppe angehört. Sie sind sozusagen verblindet.

Wir fanden drei Übersichtsarbeiten von 2019 und 2021, die alle relevanten randomisiert-kontrollierten Studien zu unseren Fragen zu Probiotika gegen Antibiotika-assoziierten Durchfall analysieren und zusammenfassen [1-3].

Wie aussagekräftig sind die Studien?

Ob Probiotika bei Kindern einen vorbeugenden Effekt haben, konnte eine Übersichtsarbeit des unabhängigen internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane am aussagekräftigsten beantworten [1].

Das Forschungsteam dieser Arbeit fasste die Ergebnisse von randomisiert-kontrollierten Studien bis Mai 2018 zusammen. Diese Arbeit erfüllt sämtliche wichtige Qualitätskriterien. Unser Vertrauen in das Gesamtergebnis wird jedoch etwas vermindert,  weil die Forschungsarbeiten verschiedene Probiotika-Arten untersuchten. Es ist daher keine Verallgemeinerung möglich.

Einen möglichen vorbeugenden Effekt bei Erwachsenen analysieren zwei Übersichtsarbeiten [2, 3]. Diese fassen die Ergebnisse von randomisiert-kontrollierten Studien bis Februar 2020 [2] beziehungsweise bis Mai 2021 [3] zusammen und bewerten diese. Folgende Punkte verringern unser Vertrauen in das Gesamtergebnis:

  • Die Einzelstudien [2] sind alle sehr unterschiedlich. Fachleute sprechen hier von einer großen Heterogenität. Die Forschenden konnten allerdings nicht herausfinden, was der Grund dafür war. Möglich wäre es beispielsweise, dass verschiedene Probiotika-Stämme, unterschiedliche Antibiotika oder auch die Dauer der Einnahme und der Dosis – sowohl der Antibiotika als auch der Probiotika – Gründe für die Heterogenität waren.
  • Zwar konnten die Autorenteams beider Arbeiten [2, 3] einen vorbeugenden Effekt bei Erwachsenen feststellen, wenn sie die aussagekräftigsten Einzelstudien analysierten und zusammenrechneten. Doch nur eine der beiden Übersichtsarbeiten konnte ein eindeutiges Gesamtergebnis feststellen [2].

Obwohl es viele Forschungsarbeiten zu Probiotika gibt, kommen diese teils zu widersprüchlichen Ergebnissen. Das macht es generell eher schwierig, eine gut abgesicherte Aussage zu treffen.

[1] Guo et al. (2019). Probiotics for the prevention of pediatric antibiotic-associated diarrhea. Cochrane Database Syst Rev, 4(4), Cd004827. (Link zur Studie)

[2] Liao et al. (2021). Probiotics for the Prevention of Antibiotic-associated Diarrhea in Adults: A Meta-Analysis of Randomized Placebo-Controlled Trials. J Clin Gastroenterol, 55(6), 469-480. (Link zur Studie)

[3] Goodman et al. (2021). Probiotics for the prevention of antibiotic-associated diarrhoea: a systematic review and meta-analysis. BMJ open, 11(8), e043054. (Link zur Studie)

[4] McFarland. (2008). Antibiotic-associated diarrhea: epidemiology, trends and treatment. Future Microbiol, 3(5), 563-578. (Link zur Studie)

[5] Goldenberg et al. (2015). Probiotics for the prevention of pediatric antibiotic-associated diarrhea. Cochrane Database Syst Rev(12), Cd004827. (Link zur Studie)

[6] Jafarnejad et al. (2016). Probiotics Reduce the Risk of Antibiotic-Associated Diarrhea in Adults (18-64 Years) but Not the Elderly (>65 Years): A Meta-Analysis. Nutr Clin Pract, 31(4), 502-513. (Link zur Studie)

23.1.2024: Aufgrund der aktuellen Studienlage können wir unsere Frage für Erwachsene und für Kinder beantworten. Eine neue systematische Übersichtsarbeiten [2] verändert unsere Einschätzung für Erwachsene geringfügig von „wahrscheinlich wirksam“ auf „möglicherweise wirksam“.

7.9.2017: Zwei neue systematische Übersichtsarbeiten [5, 6] verändern unsere Einschätzung geringfügig.

12.9.2013: Erstveröffentlichung des Faktenchecks

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