Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Alexander-Technik: Verspannungen verlernen?

Die Alexander-Technik soll die Körperhaltung verbessern – und so auch Rücken- und Nackenschmerzen lindern. Studien zufolge könnte die Methode zumindest ein wenig helfen.

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Hilft die Alexander-Technik bei Rückenschmerzen und Nackenschmerzen?

Bisherige Studien deuten an, dass die Alexander-Technik bei langanhaltenden Schmerzen im Rücken und Nacken helfen könnte. Dies müssen weitere Studien jedoch bestätigen. Bei Nackenschmerzen scheint die Besserung nicht sehr groß zu sein.

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© Andrey Popov - fotolia.com Berufsrisiko Schreibtisch: Schlechte Haltung fördert Verspannungen und Schmerzen
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Starke Verspannungen im Nacken, quälende Rückenschmerzen – wer täglich lange im Sitzen arbeitet, kennt diese Beschwerden leider oft zur Genüge. Und hat vielleicht schon einiges ausprobiert: Massagen, ergonomische Bürostühle, regelmäßige Bewegungspausen zwischendurch – doch Schmerzen und Muskelverhärtungen wollen einfach nicht locker lassen.

Kreuzschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerden überhaupt, rund ein Viertel der Menschen leidet daran [6]. Bei Nackenschmerzen ist es immerhin jeder Zehnte [7].

Nur in wenigen Fällen finden Ärztinnen und Ärzte eine eindeutig körperliche Ursache, und es bleibt unklar, was schuld an dem quälenden Leiden ist. Auslöser können etwa Muskelverspannungen, Fehlbelastungen, einseitige körperliche Arbeit, aber auch psychische Belastungen, Stress oder Ängstlichkeit sein [6-9].

Verlernen lernen

Die Fans der Alexander-Technik sehen die Ursache für schmerzhafte Verspannungen in einer ungünstigen Körperhaltung. Diese haben die Betroffenen eingelernt. Übungen aus der Alexander-Technik sollen es ermöglichen, die ungünstige Haltung wieder zu „verlernen“.

Das Ziel: sich ein entspannteres Sitzen und Stehen zur Angewohnheit zu machen und so die lästigen Schmerzen verschwinden zu lassen. Dabei hilft eine Lehrerin oder ein Trainer mit einer Ausbildung in Alexander-Technik während wöchentlichen Übungseinheiten. In der Theorie klingt das überzeugend, doch wie sieht es in der Praxis aus? Hält die Alexander-Technik, was sie verspricht?

Rückenschmerzen lindern

Tatsächlich geben bisherige Studien Hinweise darauf, dass das funktionieren könnte [1-4]. Demnach können Übungen in Alexander-Technik anhaltende Rückenschmerzen möglicherweise merklich lindern [1-3].

Die umfangreichste Studie [1] dazu untersuchte Personen mit nahezu täglichen Rückenschmerzen. Manche Probandinnen und Probanden nahmen sechs bzw. 24 Mal an wöchentlichen Stunden in Alexander-Technik teil. Andere wiederum folgten nur den allgemeinen Ratschlägen ihres Allgemeinarztes, oder sie sollten Bewegungsübungen machen.

Erleichterung durch Alexander-Technik

Ein Jahr nach Studienbeginn hatten die Probandinnen und Probanden an unterschiedlich vielen Tagen Rückenschmerzen:

  • an 21 von 28 Tagen, wenn sie nur allgemeinen ärztlichen Ratschlägen gefolgt waren
  • an 3 von 28 Tagen, wenn sie insgesamt 24 wöchentliche Übungseinheiten in Alexandertechnik hinter sich hatten
  • an 10 von 28 Tagen, wenn sie insgesamt 6 wöchentliche Übungseinheiten in Alexandertechnik und zusätzliche Bewegungsübungen hinter sich hatten

Diese Ergebnisse sind jedoch nicht gut abgesichert und müssen erst in weiteren Studien bestätigt werden. Doch es sieht so aus, als könne die Alexander-Technik möglicherweise Erleichterung verschaffen, die auch ein Jahr nach Behandlungsbeginn noch anhält.

Ernsthafte Nebenwirkungen scheint die Methode nicht zu haben. Vereinzelt klagten Behandelte in den Untersuchungen jedoch über Schmerzen und Muskelkrämpfe [5].

Nackenschmerzen: wenig Besserung

Möglicherweise hilft die Alexandertechnik auch ein wenig bei Nackenschmerzen. Hinweise darauf gibt vor allem eine Studie aus Großbritannien [5]. Für diese Untersuchung erhielt die Hälfte der Betroffenen 20 wöchentliche Alexander-Technik-Einheiten. Der Rest folgte nur allgemeinen ärztlichen Ratschlägen, nahm aber an keinen Übungsstunden teil.

Nach einem Jahr schienen sich die Nackenschmerzen in der Alexander-Technik-Gruppe ein wenig gebessert zu haben [5]. Die Wirkung dürfte allerdings nicht sehr groß sein. Mehr Sicherheit können nur weitere Studien liefern.

Haltung umlernen

Zu Beginn der Behandlung versucht eine Trainerin oder ein Lehrer der Alexander-Technik herauszufinden, bei welchen Körperhaltungen und Bewegungsmustern die Verspannungen auftreten. Dazu beobachtet er den Betroffenen bei alltäglichen, automatisch ablaufenden Bewegungen wie Gehen, Hinsetzen oder Bücken. So nimmt er oder sie beispielsweise wahr, wenn eine Person beim Sitzen vor dem Computerbildschirm unbewusst die Schultern hochgezogen hält.

Ziel ist es, entspanntere Haltungen zu erlernen. Hilfreich dabei sind bildliche Vorstellungen wie etwa „den Nacken beim Sitzen lang und gelöst zu halten“. Hin und wieder korrigiert die Trainerin oder der Lehrer die Haltung der betroffenen Person mit sanftem Händedruck. Am Ende sollen die Übungen und Gedankenbilder auch im Alltag umsetzbar sein.

Entwickler und Namensgeber der Methode ist übrigens der tasmanische Schauspieler Frederick Matthias Alexander. Er litt gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Stimmproblemen und er kam durch Selbstbeobachtung auf die Idee, dass unbewusste Körperverspannungen die Ursache sein könnten.

Was sonst noch hilft

In früheren Zeiten haben Ärzte oder Ärztinnen bei Rückenschmerzen ohne bekannte Ursache häufig zu Ruhe geraten. Heute wissen Fachleute jedoch: Bewegungsmangel schwächt die Rückenmuskulatur und verstärkt die Schmerzen unter Umständen sogar. Regelmäßige Bewegung und physiotherapeutische Übungen können die Beschwerden deutlich und langfristig bessern [9]. Auch bei Nackenbeschwerden können sie Linderung verschaffen [8].

Möglicherweise helfen auch Mobilisationen und Manipulationen bei Rücken- und Nackenschmerzen. Bei einer Mobilisation bewegt der Therapeut oder die Therapeutin ein Gelenk langsam innerhalb des natürlichen Bewegungsspielraums. Bei einer Manipulation wendet er oder sie kleine, ruckartige Bewegungen an, die über die natürlichen Bewegungsgrenzen hinausgehen. Umgangssprachlich ist das auch als „Einrenken“ bekannt [8,9]. Es gibt Hinweise, dass auch Akupunktur gegen die Schmerzen helfen kann. Massage scheint die Beschwerden ebenfalls zu lindern, allerdings nur kurzfristig [8,9].

Die Studien im Detail

Die Studienlage zur Alexander-Technik ist überschaubar. Zur Behandlung von Rückenschmerzen fasste ein Wissenschaftsteam im Jahr 2012 die Ergebnisse der bis dahin veröffentlichten Untersuchungen zusammen. Sie fanden lediglich zwei klinische Studien [1]. Im Jahr 2014 veröffentlichte ein anderes Forschungsteam eine weitere kleine Studie [3] zu Rückenschmerzen.

Rückenschmerzen

Die größte der drei Untersuchungen wurde an 432 Teilnehmenden durchgeführt und hält einem Großteil an wissenschaftlichen Qualitätskriterien stand – aber nicht allen. Das Studien-Forschungsteam teilte die Personen nach dem Zufallsprinzip auf drei verschiedene Versuchsgruppen auf. So wollten sie herausfinden, ob sechs beziehungsweise 24 Stunden Alexander-Technik die Beschwerden besser lindern als eine Standardbehandlung. Die Hälfte der Teilnehmenden jeder Gruppe sollte zusätzlich physiotherapeutische Übungen durchführen.

Die Aufteilung in insgesamt sechs unterschiedliche Gruppen führte dazu, dass in den verschiedenen Gruppen jeweils nur wenige Personen übrig blieben. Das schmälert die Aussagekraft der Ergebnisse. Zudem könnten Erwartungen der Probandinnen und Probanden und des Forschungsteams – etwa dass die Alexander-Technik besonders gut wirkt – das Ergebnis verzerrt haben.

Nach einem Jahr unterschied sich die Anzahl der schmerzfreien Tage zwar deutlich zwischen den Gruppen mit Alexander-Technik und der Vergleichsgruppe, die Teilnehmenden bewerteten ihrer Beschwerden aber auch auf einer genormten Fragebogenskala. Auf dieser Skala war das Ausmaß der Unterschiede geringer. Möglicherweise führte die Alexander-Technik also zu weniger Schmerztagen, die Schmerzen selbst waren jedoch nur wenig schwächer als jene in der Vergleichsgruppe.

Zwei weitere Studien zu Rückenschmerzen untersuchten deutlich weniger Teilnehmende [1] [3]. Zudem waren sie methodisch weniger streng durchgeführt. So waren in einer davon die Hälfte der Teilnehmenden nach einem Jahr aus der Untersuchung ausgeschieden [1]. In der anderen [2] war die Personenzahl je Gruppe zu klein, um eine merkliche Besserung der Schmerzen statistisch bestätigen zu können. Die Ergebnisse der beiden Studien zeigen tendenziell in Richtung einer Wirksamkeit, sind jedoch weniger aussagekräftig als die zuvor beschriebene Untersuchung mit über 500 Probandinnen und Probanden.

Nackenschmerzen

Eine Studie an 344 Probanden untersuchte, ob die Alexander-Technik bei Nackenschmerzen helfen kann [5]. Auch hier wurden die Teilnehmenden per Zufall einer Alexander-Technik-Gruppe oder einer Vergleichsgruppe zugeteilt. Nach einem Jahr zeigte sich rechnerisch auf den ersten Blick eine deutliche Besserung der Nackenbeschwerden.

Als das Studienteam jedoch zusätzlich die Ergebnisse an mögliche Einflussfaktoren anpasste, verringerte sich der schmerzlindernde Effekt. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Wirkung so gering ist, dass sie nur mehr statistisch „sichtbar“ ist, von den durchschnittlichen Betroffenen aber nicht mehr wahrgenommen wird. Zudem lässt sich auch in dieser Studie nicht ausschließen, dass Erwartungen der Teilnehmenden und der Studienleitung das Ergebnis verzerrt haben.

Bei unserer Suche nach aktuellen Untersuchungen fanden wir noch eine weitere klinische Studie an Patienten mit Nackenschmerzen [4] Sie ist jedoch von zu geringer Qualität, um die Wirksamkeit von Alexandertechnik beurteilen zu können.

[1] Woodman u.a. (2012)
Studientyp: systematische Übersichtsarbeit
Eingeschlossene Studien: u.a. 2 randomisiert-kontrollierte Studien zu Rückenschmerzen
Teilnehmende insgesamt: 579 + 91 Personen mit unspezifischen Rückenschmerzen
Fragestellung: Helfen Stunden in Alexandertechnik bei Rückenschmerzen?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Woodman JP, Moore NR. Evidence for the effectiveness of Alexander Technique lessons in medical and health-related conditions: a systematic review. Int J Clin Pract. 2012 Jan;66(1):98-112. (Zusammenfassung der Übersichtsarbeit)

[2] Little u.a. (2008)
Studientyp: randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 432 Personen mit Rückenschmerzen
Fragestellung: Helfen Stunden in Alexandertechnik (mit oder ohne Bewegungsübungen) bei Rückenschmerzen?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Little P, Lewith G, Webley F, Evans M, Beattie A, Middleton K, Barnett J, Ballard K, Oxford F, Smith P, Yardley L, Hollinghurst S, Sharp D. Randomised controlled trial of Alexander technique lessons, exercise, and massage (ATEAM) for chronic and recurrent back pain. BMJ. 2008 Aug 19;337:a884. (Studie in voller Länge)

[3] Little u.a. (2014)
Studientyp: Randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 69 Personen mit wiederkehrenden Rückenschmerzen
Fragestellung: Helfen Stunden in Alexandertechnik bei Rückenschmerzen verglichen mit Physiotherapie oder üblicher Behandlung?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Little P, Stuart B, Stokes M, et al. Alexander technique and Supervised Physiotherapy Exercises in back paiN (ASPEN): a four-group randomised feasibility trial. Southampton (UK): NIHR Journals Library; 2014 Oct. (Studie in voller Länge)

[4] Lauche u.a. (2015)
Studientyp: Randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 72 Personen mit chronischen Nackenschmerzen
Fragestellung: Helfen Stunden in Alexandertechnik bei chronischen Nackenschmerzen versus einer Wärmebehandlung oder guided imagery?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

Lauche R, Schuth M, Schwickert M, Lüdtke R, Musial F, Michalsen A, Dobos G,
Choi KE. Efficacy of the Alexander Technique in treating chronic non-specific neck pain: A randomized controlled trial. Clin Rehabil. 2015 Mar 31. pii: 0269215515578699. (Zusammenfassung der Studie)

[5] MacPherson (2015)
Studientyp: Randomisiert-kontrollierte Studie
Teilnehmende: 344 Personen mit chronischen Nackenschmerzenz in der Teiluntersuchung zu Alexandertechnik
Fragestellung: Helfen Stunden in Alexandertechnik im Vergleich zu einer ärztlichen Standardkonsultation bei chronischen Nackenschmerzen?
Interessenskonflikte: keine laut Autoren

MacPherson H, Tilbrook H, Richmond S, Woodman J, Ballard K, Atkin K, Bland M, Eldred J, Essex H, Hewitt C, Hopton A, Keding A, Lansdown H, Parrott S, Torgerson D, Wenham A, Watt I. Alexander Technique Lessons or Acupuncture Sessions for Persons With Chronic Neck Pain: A Randomized Trial. Ann Intern Med. 2015 Nov 3;163(9):653-62. (Zusammenfassung der Studie)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[6] UpToDate (2017)
Wheeler SG, Wipf JE, et al. (2017). Evaluation of low back pain in adults. In Libman H (ed.). UpToDate. Abgerufen am 1. 12. 2017 unter www.uptodate.com/contents/evaluation-of-low-back-pain-in-adults

[7] UpToDate (2017)
Isaac Z (2017). Treatment of neck pain. In Libman H (ed.). UpToDate. Abgerufen am 1.12.2015 unter https://www.uptodate.com/contents/treatment-of-neck-pain

[8] IQWIG (2015)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2015). Nackenschmerzen. Abgerufen am 1. 12. 2017 unter www.gesundheitsinformation.de/nackenschmerzen.2374.de.html

[9] IQWIG (2015)
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (2015). Kreuzschmerzen. Abgerufen am 1.12.2017 unter www.gesundheitsinformation.de/kreuzschmerzen.2378.de.html

Aktualisiert am 4. 12. 2017, ursprünglich veröffentlicht am 17. 7. 2015. Eine neuere Studie ändert die Einschätzung der Wirksamkeit bei Nackenschmerzen.

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