Dieser Beitrag ist älter als vier Jahre, möglicherweise hat sich die Studienlage inzwischen geändert.

Was ist hygienischer: Papierhandtuch oder Händetrockner?

Papierhandtuch oder elektrischer Trockner – welche Methode ist nach dem Händewaschen hygienischer? Bisherige Studien liefern leider keine eindeutige Antwort.

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Sind Papierhandtücher oder elektrische Trockner nach dem Händewaschen hygienischer?

Bisherige Studien lassen keine eindeutigen Rückschlüsse darauf zu, welche Methode die Keimbelastung der Hände am zuverlässigsten verringert. Allerdings ist die Studienlage auch ziemlich schlecht, da die Untersuchungen sehr unterschiedliche Methoden nutzen und verschiedene Mängel aufweisen. Die gute Nachricht: Für die Keimbelastung kommt es weniger aufs Trocknen an als auf das Händewaschen davor!

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Ob Grippe, Erkältung oder Magen-Darm-Infekt: Krank machende Keime werden häufig über Hände übertragen. Deshalb empfehlen Fachleute sowohl im Privathaushalt als auch in ärztlichen Praxen und Krankenhäusern häufiges Händewaschen. Doch wie bekommt man die Hände danach hygienisch trocken?

Diese Frage spielt aus zwei Gründen eine wichtige Rolle: Zum einen können sich Mikroorganismen auf feuchten Händen besser vermehren als auf trockenen – deshalb ist das Trocknen der Hände nach dem Händewaschen sehr sinnvoll. Zum anderen kann es manchmal auch passieren, dass beim Händetrocknen die Zahl der Keime auf den Händen steigt, beispielsweise durch herkömmliche Handtücher aus Stoff. Grund ist, dass Stoffhandtücher nach der Benutzung meist nicht richtig trocknen. Das feuchte Klima ist eine ideale Brutstätte für Keime. Die Mikroorganismen werden beim nächsten Gebrauch des Handtuchs dann leicht weiter übertragen [9]. In ordentlichen Gemeinschaftswaschräumen finden sich deshalb heutzutage aus gutem Grund keine gemeinsam benutzten Stoffhandtücher mehr.

Papier oder Heißluft?

Zu den möglichen Handtuch-Alternativen zählen Papierhandtücher oder elektrische Händetrockner.

Bei Trocknern lassen sich zwei verschiedene Funktionsweisen unterscheiden: Heißlufttrockner, die die Luft erwärmen und damit das Verdunsten des Wassers auf den Händen beschleunigen. Und Jet-Air-Trockner, die die Luft mit Raumtemperatur in hoher Geschwindigkeit zirkulieren lassen und so Wassertröpfchen von den Händen blasen.

Uns erreichte die Anfrage eines Lesers, der in seiner Arztpraxis die Waschplätze neu ausstatten will: Sorgen Papierhandtücher oder elektrische Trockner für die saubersten Hände?

Viele schlechte Studien…

In den letzten Jahrzehnten ist diese Frage immer wieder in Studien untersucht worden. Unsere Literaturrecherche förderte acht Untersuchungen zutage, die sich dieser Fragestellung widmeten [1–8]. Die Studien berücksichtigten unterschiedliche Modelle von Heißlufttrocknern und Papierhandtüchern; nur eine untersuchte die relativ neuen Jet-Air-Trockner [1]. Allerdings unterschieden sich die Studien beträchtlich in ihrer Gestaltung. Die Aussagekraft war bei allen Studien deutlich eingeschränkt, was am konkreten Design, Mängeln bei der Durchführung oder der Auswertung lag.

… und kein eindeutiges Ergebnis

Wegen der sehr unterschiedlichen Methoden ist es auch nicht verwunderlich, dass die Studien zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. In einigen Untersuchungen fanden sich keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Trocknungsmethoden [2] [4] [5] [8], in anderen dagegen schneiden elektrische Trockner besser ab [3] [6] [7]. Allerdings gibt es auch eine Studie, bei der die Ergebnisse eher für Papierhandtücher sprechen [1]. In zwei der Untersuchungen nahm die Keimzahl auf den Händen durch das Trocknen bei manchen Methoden sogar zu [1] [5]. Ob das nicht nur im Studienlabor, sondern auch im Alltag passiert, und was der Grund dafür sein könnte, ist jedoch unklar.

Aufgrund von etlichen Mängeln in der Durchführung ist unklar, ob einzelne dieser Studienergebnisse vertrauenswürdiger sind als andere. Auf Basis der gefundenen Studien lässt sich also nicht entscheiden, ob Papierhandtücher oder elektrische Trockner für weniger Krankheitskeime auf den Händen sorgen.

Testkeime und Alltagskeime

Die Anzahl an Mikroorganismen, die nach dem Trocknen auf den Händen verblieben, ermittelten die Forscher und Forscherinnen mit sehr unterschiedlichen Methoden, was die Vergleichbarkeit der Ergebnisse erschwert. Nur vier der acht Studien [1] [3] [5] [8] arbeiteten mit jenen Mikroorganismen, die natürlich auf den Händen der Testpersonen zu finden waren. In der anderen Hälfte der Studien wurde ein Testkeim eingesetzt [2] [4] [6] [7]. Das mag zwar hilfreich sein für die Wiederholbarkeit der Studie, es ist aber fraglich, wie gut sich die Laborergebnisse dieser Studien auf die Verhältnisse im Alltag der meisten Menschen übertragen lassen.

Beim Händetrocknen weitere Aspekte beachten

Für die konkrete Entscheidung „Papierhandtücher oder elektrischer Trockner“ spielen außer der Sauberkeit der Hände noch weitere Faktoren eine Rolle. So gibt es Hinweise aus Untersuchungen, dass besonders die Jet-Air-Trockner die Wassertröpfchen sehr weit im Waschraum verteilen können [9]. Waren die Hände nach dem Waschen nicht richtig sauber, könnten so Krankheitskeime auch weiter verteilt werden.

Das Robert-Koch-Institut rät deshalb als grundsätzliche Vorsichtsmaßnahme medizinischen Einrichtungen von elektrischen Trocknern ab und plädiert für die Verwendung von Papierhandtüchern in Spendern, aus denen die Handtücher einzeln ohne Berührung der anderen Tücher entnommen werden können. Mit der Wahl von Papierhandtüchern wird außerdem das Problem umgangen, dass elektrische Trockner je nach Modell zu erheblicher Lärmbelastung führen können [9].

Richtig Hände waschen

Studien, die die Effekte von Waschen und Trocknen getrennt auswerteten, kamen übrigens übereinstimmend zu der Erkenntnis, dass für die mikrobielle Belastung der Hände das Waschen einen größeren Einfluss hat als die Trocknungsmethode [2] [6]. Wer Wert auf eine gute Handhygiene legt, sollte daher die wichtigsten Tipps zum Händewaschen beachten [10]:

  • Hände anfeuchten
  • Seife verwenden
  • Nicht nur Handinnenflächen und Handrücken waschen, sondern auch Fingerspitzen, Fingerzwischenräume, Daumen und Fingernägel
  • Gründlich waschen: mindestens 20 bis 30 Sekunden
  • Unter fließendem Wasser abspülen

Die Studien im Detail

Die Anzahl der Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen war in fast allen Studien sehr niedrig. Eine Untersuchung wurde sogar nur an einer einzigen Person durchgeführt [7]. Nur in einer Studie gab es 100 Versuchspersonen [4]. Vier der Studien waren durch Hersteller von Papierhandtüchern oder elektrischen Trocknern gesponsert [1] [2] [5] [6].

Keine der wissenschaftlichen Publikationen thematisierte die Frage, ob die verbleibende Menge an Keimen auf den Händen tatsächlich ein relevantes Risiko für die Person selbst oder ihre Umgebung darstellen würde. Aus den Ergebnissen lässt sich dadurch nur indirekt und sehr theoretisch ein mögliches Infektionsrisiko ableiten.

Studie an nur einer Person sagt kaum etwas aus

Die Untersuchungen zu den Trocknungsmethoden waren sehr unterschiedlich. Die meisten der Studien nutzten Verfahren, die Alltagssituationen sehr nahekamen: Die Versuchspersonen wuschen nach dem Kontakt mit Krankheitskeimen die Hände und trockneten sie danach. Eine Studie jedoch ließ den einzigen Teilnehmer jeweils einen Finger mit einem Testkeim benetzen und danach die kontaminierte Stelle mit Hilfe eines kleinen Fläschchens mit verschiedenen Flüssigkeiten spülen [7]. Daran schloss sich die Trocknung mit einer der untersuchten Methoden an. Wegen des sehr künstlichen Versuchsaufbaus werten wir diese Studie als wenig aussagekräftig für unsere Fragestellung.

Studien mit schlechtem Design nicht vergleichbar

Nur in vier Studien wurden die Testpersonen zufällig einer Händetrocknungsmethode zugeteilt [1–4]. In den meisten Fällen nutzten die Versuchspersonen nacheinander verschiedene Methoden (Cross-over-Studie). Allerdings war aus den Publikationen nicht ersichtlich, ob die Zuteilung tatsächlich zuverlässig war und dieses Vorgehen angemessen in der statistischen Auswertung berücksichtigt wurde. Wenn nicht, würde das den Vorteil der zufälligen Zuteilung wieder zunichtemachen, da dann nicht klar wäre, ob die Ausgangsbedingungen beim Test der verschiedenen Methoden tatsächlich vergleichbar waren. Aus diesem Grund werten wir die Studien mit zufälliger Zuteilung hier nicht als zuverlässiger als die anderen Studien.

Die teilweise widersprüchlichen Ergebnisse können auch durch die unterschiedlichen Techniken zur Bestimmung der Krankheitskeime bedingt sein. Zwei Studien bestimmten die Keimzahl, indem die Versuchspersonen ihre Hände auf einen Nährboden drückten, auf dem sich Bakterien vermehren können [3] [8]. In vier Studien wurden die Krankheitskeime nach Abwischen oder Abspülen der Hände gezählt [2] [4] [6] [7]. Zwei Studien nutzten beide Techniken, aber an verschiedenen Stellen der Hand [1] [5]. In der Mehrzahl der Studien wurden die Hände lediglich auf Bakterien getestet. Nur eine untersuchte auch die Anzahl eines bestimmten Virus‘, das für Magen-Darm-Infekte verantwortlich ist [7].

Fehlende „Verblindung“ beeinflusst Ergebnisse

Eine weitere methodische Verzerrung könnte auch dadurch entstanden sein, dass sowohl die teilnehmenden als auch die auswertenden Personen wussten, wer welche Trocknungsmethode angewendet hatte. Tatsächlich ist eine vollständige „Verblindung“ der Studien nicht möglich: Ob die Hände per Trockner oder mit einem Papierhandtuch getrocknet werden, ist ja eindeutig zu erkennen. Die Auswertung der Keimbelastung hätte aber sehr wohl ohne Kenntnis der Trocknungsmethode geschehen können. Doch nur eine einzige Studie ging so sorgfältig vor [5]. Dies wäre aber durchaus wichtig: Denn aus Untersuchungen ist bekannt, dass das Wissen um die angewendete Methode die Auswerter und Auswerterinnen durchaus in ihrer Wahrnehmung beeinflussen kann, zum Beispiel wenn sie grenzwertige Befunde auf den Nährböden auswerten.

[1] Redway (2008)
Studientyp: randomisiert kontrollierte Studie
Teilnehmende: 20 Teilnehmer
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (zwei Sorten Papierhandtuch, Heißluft und Jet-Air-Trockner) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Hände?
Interessenkonflikte: Die Studie wurde von der European Tissue Paper Association finanziert.

A comparative study of three different hand drying methods: paper towel, warm air dryer, jet air dryer. (Volltext der Studie)

[2] Boursillon (2005)
Studientyp: randomisiert kontrollierte Studie (Cross-over-Design)
Teilnehmende: 16 Personen
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (Stoffhandtuch versus Papierhandtücher versus Heißluft) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Hände?
Interessenkonflikte: Die Studie wurde von einem Hersteller von Papierhandtüchern unterstützt.

Keimreduktion auf den Händen durch verschiedene Händetrocknungsverfahren. Hygiene + Medizin 2005, 30(5): 142–6

[3] Yamamoto (2005)
Studientyp: randomisiert kontrollierte Studie
Teilnehmerinnen: 15 gesunde Frauen
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (Heißluft mit oder ohne UV-Bestrahlung sowie mit oder ohne Reiben versus Papierhandtuch) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Hände (Handflächen, Finger, Fingerspitzen)?
Interessenkonflikte: keine Angaben

Efficiency of hand drying for removing bacteria from washed hands: comparison of paper towel drying with warm air drying. Infect Control Hosp Epidemiol. 2005;26:316-20 (Zusammenfassung der Studie)

[4] Gustafson (2000)
Studientyp: randomisiert kontrollierte Studie
Teilnehmende: 100 Erwachsene ohne Hauterkrankungen oder eingeschränktes Immunsystem
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (Stoffhandtuchrolle versus Papierhandtücher versus Warmluft versus Trocknen an der Luft) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Hände?
Interessenkonflikte: keine Angaben

Effects of 4 hand-drying methods for removing bacteria from washed hands: a randomized trial. Mayo Clin Proc. 2000;75:705-8 (Zusammenfassung der Studie)

[5] Taylor (2000)
Studientyp: Kohortenstudie (nicht randomisiert mit Cross-Over-Design, sprich alle Teilnehmenden sind ihre eigene Kontrolle)
Teilnehmende: 15 Personen
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (Papierhandtuch versus Heißlufttrockner) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Finger?
Interessenkonflikte: Finanziert durch einen Hersteller von Heißlufttrocknern.

A microbiological evaluation of warm air hand driers with respect to hand hygiene and the washroom environment. J Appl Microbiol. 2000 Dec;89:910-9 (Zusammenfassung der Studie)

[6] Hanna (1996)
Studientyp: Kohortenstudie (nicht randomisiert mit Cross-Over-Design)
Teilnehmende: 20 Personen
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (Stoffhandtuch versus Papierhandtuch versus Heißlufttrockner) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Finger?
Interessenkonflikte: Finanziert durch einen Hersteller, der vermutlich alle drei Systeme zur Verfügung gestellt hat.

A Comparison of the Cleaning Efficiency of Three Common Hand Drying Methods. Applied Occupational and Environmental Hygiene 1996, 11: 37-43 (Zusammenfassung der Studie)

[7] Ansari (1991)
Studientyp: Kohortenstudie (nicht randomisiert mit Cross-Over-Design auf Fingerbasis)
Teilnehmer: 1 Person
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (Stoffhandtuch, Papierhandtuch, Heißlufttrockner) nach dem Waschen mit vier verschiedenen Methoden die mikrobielle Belastung der Finger?
Interessenkonflikte: keine Angabe

Comparison of cloth, paper, and warm air drying in eliminating viruses and bacteria from washed hands. Am J Infect Control. 1991;19:243-9 (Zusammenfassung der Studie)

[8] Matthews (1987)
Studientyp: Kohortenstudie (nicht randomisiert mit Cross-over-Design)
Teilnehmende: 24 (keine weiteren Angaben)
Fragestellung: In welchem Maß verringern verschiedene Methoden zur Händetrocknung (zwei verschiedene Heißlufttrockner versus Papierhandtuch) nach dem Waschen die mikrobielle Belastung der Hände?
Interessenkonflikte: Finanziert durch ein Forschungsstipendium des Gesundheitsministeriums (= nicht relevant).

Hot air electric hand driers compared with paper towels for potential spread of airborne bacteria. J Hosp Infect. 1987 Jan;9(1):85-8 (Zusammenfassung der Studie)

Weitere wissenschaftliche Quellen

[9] Robert-Koch-Institut, Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl 2016; 59:1189–1220. Abgerufen am 11.11.2016 unter http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Haendehyg_Rili.pdf

[10] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (ohne Datum)
Händewaschen. Abgerufen am 11.11.2016 unter http://www.infektionsschutz.de/haendewaschen/

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